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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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jetzt wollen sie dich auch noch. Ich werde nicht zulassen - ich kann es nicht -, dass sie dich bekommen.«
    »Bitte.« Ich beugte mich gefährlich weit aus dem Fenster, sodass Laura mich an der Hüfte festhalten musste. »Bitte ... Warum kannst du mich nicht einfach glücklich sein lassen?«
    »Bleib bei ihm«, schrie mein Vater, »und deine Sorgen werden erst anfangen!« Das war keine Drohung; aus seinen Worten sprach nur Kummer. Er streckte eine Hand zu mir aus und streichelte die Luft so zärtlich, als wäre es meine Wange.
    »Lisa!«, rief er. »Meine Lisa! Was soll ich sagen, dass du auf mich hörst?«
    Als ich an jenem Morgen das Haus verließ, hatte ich all meinen Hass auf ihn zusammengenommen, sodass ich die Kraft hatte fortzugehen. Ich rief mir ins Gedächtnis, wie er vor langer Zeit meine Mutter geschlagen und ihre Krankheit verursacht hatte; wie er sie gezwungen hatte, Savonarola zu sehen, was letztlich zu ihrem Tod führte; wie er, was am allerschlimmsten war, ihr Andenken verriet, indem er sich mit ihren Mördern einließ.
    Nun aber sah ich nur einen erbarmungswürdigen Mann vor mir, der sich aus rasender Sorge um mich gerade öffentlich heiser geschrien hatte, ohne verlegen zu sein. Unwillkürlich fiel mir die tiefe Liebe in seinen Augen ein, als er meine Mutter angefleht hatte, Fra Girolamo aufzusuchen, in der Hoffnung, sie könne von ihm geheilt werden. Ohne zu wollen, dachte ich an das entsetzliche Leid, das er zu ertragen hatte, als er erkannte, dass sein Drängen zu ihrem Tod geführt hatte.
    »Bitte«, rief er, noch immer die Hand ausgestreckt, als könnte er mich berühren. »Ich kann dich hier nicht beschützen! Du bist nicht sicher; du bist nicht sicher.« Er stöhnte leise. »Bitte, komm mit mir nach Hause.«
    »Ich kann nicht«, erwiderte ich. Tränen rannen mir über die Wangen und tropften auf die Straße unter mir. »Du weißt, dass ich es nicht kann. Gib mir deinen Segen; dann können wir dich empfangen, und du kannst dich mit uns freuen. So einfach ist das.« In meinen Augen war es auch einfach: Mein Vater musste sich nur erheben, den Palazzo betreten, uns anerkennen und umarmen, und mein Leben wäre vollkommen. »Vater, bitte. Komm herein und sprich mit meinem Gemahl.«
    Er ließ die Arme sinken, ein geschlagener Mann. »Kind ... komm nach Hause.«
    »Ich kann nicht«, wiederholte ich, und meine Stimme war so heiser und schwach, dass er mich diesmal nicht deutlich verstehen konnte. Aus meinem Tonfall schloss er jedoch, was ich gesagt hatte. Er blieb noch einen Moment stehen, schweigend und niedergedrückt. Dann stieg er wieder in seinen Wagen. Die Zähne vor Schmerz gebleckt, trieb er die Pferde an und fuhr wutschnaubend davon.
42
    Laura schloss die Fensterläden, während ich mir die Augen an meinem feinen Brokatärmel abwischte.
    Überwältigt setzte ich mich hin. Ich hatte mich so ausschließlich auf meine Wiedersehensfreude mit Giuliano konzentriert und darüber ganz vergessen, dass ich meinen Vater liebte. Trotz der Unzufriedenheit der Florentiner mit Piero, trotz der Lehren Savonarolas liebte er mich noch. Ich hatte mir im Vorfeld nicht klargemacht, dass es sich wie ein Schnitt ins eigene Fleisch anfühlen würde, wenn ich meinen Vater verletzte.
    Laura trat mit einem Weinkelch neben mich; ich winkte ab und erhob mich. Der arme Giuliano würde von einer durch und durch ärgerlichen Begegnung mit meinem aufgebrachten Vater zurückkommen. Es war schwer genug für ihn gewesen, Pieros Erlaubnis zu erhalten, mich zu heiraten, und die Zustimmung seines Bruders Giovanni hatte er noch immer nicht. Doch es war vollbracht, und mir fiel nur eine Möglichkeit ein, meinen frischgebackenen Gemahl aufzuheitern: Die Konzentration auf unsere Freude, zusammen zu sein.
    Ich betrachtete Lauras besorgte Miene. »Wo ist das Brautgemach?«
    Für einen Moment hatte es ihr augenscheinlich die Sprache verschlagen. Immerhin war es noch hell draußen. »Hier, Madonna.« Sie zeigte auf die Tür, die zum inneren Gemach führte.
    »Lorenzos Schlafzimmer?« Ich war gelinde entsetzt.
    »Ser Piero war es zu unangenehm, hier zu übernachten.
    Euer Gemahl war der Liebling seines Vaters, versteht Ihr, und ich glaube, es war ein Trost für ihn, die Räume seines Vaters zu übernehmen. Er hat hier geschlafen, seit Ser Lorenzo verschieden ist.«
    Ich ließ mich von Laura in das Gemach führen. Der Raum war groß mit einem Boden aus hellem, kostbarem Marmor. Die Wände waren mit prächtigen Gemälden geschmückt. Doch im

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