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Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis

Titel: Kalogridis, Jeanne - Leonardos Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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waren flüchtige Worte, die mir damals nichts bedeuteten. Später sollte sich das ändern.
    In den nächsten Wochen war ich in mein Zimmer verbannt. Wachen standen vor meiner Tür. Francesco sagte der Dienerschaft, ich sei dabei erwischt worden, für die Medici zu spionieren, und die Signoria habe noch nicht über eine Anklage entschieden; aus reiner Freundlichkeit habe man ihm erlaubt, mich in unserem Palazzo unter strenger Aufsicht zu halten.
    Am ersten Tag schlossen sie mich in meinem Zimmer ein. Eine Stunde lang war ich allein, und trotz lähmender Trauer wurde mir klar, dass ich das Stilett meines Vaters verstecken sollte, bevor man mich durchsuchte oder auskleidete. Ich ließ es tief in die Federschicht meiner Matratze gleiten, ganz hinten an die Wand; und als Elena mir an jenem Abend auf einem Tablett etwas zu essen brachte und mein Kleid aufbinden wollte, trat ich ihr ohne Bedenken entgegen.
    Elenas stets heiterer Blick und ihr Lächeln waren verschwunden; sie war in meiner Gegenwart beunruhigt und mied meinen Blick. Ich gab mir die größte Mühe, zusammenhängend zu reden, ohne in Tränen auszubrechen. »Ich möchte sie waschen«, sagte ich.
    Elena stellte das Tablett auf den Tisch am Kamin und sah mich an. Dann schaute sie rasch zu Boden. »Was wollt Ihr damit sagen, Madonna?«
    »Ich würde gern helfen, Zalummas Leichnam zu waschen. Sie war mir sehr ans Herz gewachsen. Und ...« Die Stimme versagte mir. »Ich möchte dafür sorgen, dass sie anständig beerdigt wird. Wenn du Francesco bitten würdest - er könnte eine Wache mitschicken. Sie hat bei meiner Geburt geholfen. Bitte . wenn du ihn fragen könntest .«
    Traurig ließ sie den Kopf hängen. »Ich werde ihn fragen, Madonna. Er ist herzlos und wird es ablehnen, aber ich werde dennoch fragen.«
    Ich setzte mich auf einen Stuhl vor dem kalten Kamin, schloss die Augen und presste die aneinandergelegten Hände an die Lippen, doch ich war zu überwältigt, um zu beten. Elena trat neben mich und berührte flüchtig und zart meinen Unterarm.
    »Ich gebe mir alle Mühe, ihn zu überreden, Madonna.« Sie zauderte. »Es ist schrecklich, was sie Zalumma angetan haben . Es heißt, sie sei eine Spionin gewesen, sie sei gefährlich gewesen, aber ich weiß es besser. Ich war nicht immer in Ser Francescos Haushalt. Ich kam mit meiner Herrin, Madonna Nannina. Ich habe sie so geliebt, und als sie starb ...« Sie schüttelte den Kopf. »Ich wollte in ein anderes Haus. Heute wünschte ich, ich hätte es getan. Ich habe Angst vor ihm.«
    »Und Matteo«, sagte ich gequält. »Wenn ich nur wüsste, ob .«
    Ihre Miene hellte sich auf; sie schaute mir in die Augen. »Eurem Kind geht es gut. Sie haben ihm nichts getan - ich vermute, diese Überlegung ist selbst für Ser Francesco zu herzlos. Sie halten ihn unten neben den Kammern der Dienerschaft fest.«
    Mir wurde etwas leichter ums Herz; ich legte eine Hand darauf. Ermutigt fragte ich: »Und Isabella?«
    »Verschwunden. Entkommen ...« Sie verstummte und sagte nichts mehr, denn sie hatte erkannt, dass sie sich womöglich selbst in Gefahr brachte. Sie band mir das Kleid auf und legte es in den Schrank. Dann war ich wieder allein. Ich hörte, wie draußen auf dem Flur ein Stuhl über den Boden geschoben wurde und ein schwerer Körper darauf Platz nahm. Claudio, vermutete ich, oder der Soldat.
    In jener ersten Nacht war ich wie betäubt, überwältigt. Ich hatte schon so viele Menschen verloren: meine Mutter, Giuliano, meinen Vater . Zalumma jedoch war immer da gewesen und hatte sich um mich gekümmert. Zalumma, die mich zu trösten gewusst hätte, jetzt, da mir Matteo genommen war. Wiederholt redete ich mir ein, dass Salvatore Matteo vielleicht verletzen konnte, Francesco es aber nie zulassen würde. Doch meine Hoffnung hing an einem seidenen Faden; wenn ich mich zu fest daranklammerte, würde er reißen.
    Ich wollte mich nicht in mein großes Federbett mit dem versteckten Stilett legen. Stattdessen kroch ich auf Za-lummas kleine Schlafstatt und weinte mich in den Schlaf.
    Natürlich wollte Francesco nichts davon hören, dass ich bei Zalummas Beerdigung half oder am Gottesdienst teilnahm; er ließ es auf grausame Weise im Dunkeln, wie er mit ihrer Leiche verfahren war.
    Bevor mein Vater und Zalumma starben und Matteo mir genommen wurde, war mir nicht bewusst, wie gründlich der Hass von einem Herzen Besitz ergreifen kann. Ähnlich wie mein Vater Antonio bei dem Gedanken, er könnte seine Frau an einen anderen verlieren, wurde

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