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Kalt, kaltes Herz

Kalt, kaltes Herz

Titel: Kalt, kaltes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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wirkte. Jede Bewegung bereitete ihm Mühe, aber sein Verstand arbeitete in einem Tempo, bei dem meiner heißgelaufen wäre. »Ich würde ja gerne etwas für meine Gesundheit tun, doch dann wäre es aus und vorbei mit mir«, sagte er eines Tages bei einer Portion Pommes frites in der Krankenhauskantine. »Irgend etwas in diesem Fett schmiert die Räder in meinem Oberstübchen. Ich weiß, daß das so ist, auch wenn ich es nicht beweisen kann – aber das würde ich wahrscheinlich auch noch schaffen, wenn man mir die Zeit dazu ließe.« Noch ein paar Pommes frites. »Aber warum sollte ich mir die Mühe machen, denn schließlich ist es eine allgemein bekannte Tatsache. Deshalb ist der Nikolaus dick, und der Grinch, der im Märchen den Kindern die Weihnachtsgeschenke klaut, ist mager. Wäre es umgekehrt, würde die ganze Geschichte unglaubwürdig.« Ein großer Schluck Vanille-Milchshake. »Vergleichen Sie mal Churchill und Hitler. Oder sehen Sie sich Buddha an. Minnesota Fats in
Haie der Großstadt.
Benjamin Franklin. Pavarotti.« Kekse mit Cremefüllung. »Überlegen Sie doch, wann Sie das letztemal einen dicken Penner gesehen haben. Und Ihre Mörder, Drogensüchtigen und Diebe sind fast alle klapperdürr.«
    Auch nach dem Ende meiner Tätigkeit hatten Hollander und ich weiter engen Kontakt gehalten. Während ich meine Praxis eröffnete und wieder aufgab, erwarb er mit dem Vermögen seiner Familie ein halbes Dutzend erstklassiger psychiatrischer Kliniken. Er hatte mich mehr als einmal gebeten, die Station für Sicherheitsverwahrung in Austin Grate zu übernehmen, eine geschlossene Abteilung mit fünfundzwanzig Betten, in der gefährliche Patienten untergebracht waren. Er hatte sogar versucht, mich zu bestechen, indem er mir eine der beiden Prunkvillen auf dem Klinikgelände als Privatwohnung anbot. Aber ich hatte sein Angebot stets ausgeschlagen.
    »In Rowley ist wohl nicht genug los für Ihren Geschmack«, hatte er einmal bemerkt. »Sie mögen die Laster der Großstadt.«
    »Ich würde einen miserablen Mönch abgeben«, entgegnete ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Sie wären ein verdammt guter Mönch.
    Sie haben sich nur für eine andere Religion entschieden. Und die können froh sein, daß sie Sie haben.« Damals hatte ich ihm nicht ganz geglaubt. Inzwischen glaubte ich ihm noch weniger.
    Als ich in die kreisrunde Einfahrt einbog, schaltete ich die Scheinwerfer aus. Ich ließ den Motor laufen und stieg die Stufen hinauf zu seiner Tür. Noch ehe ich den zwiebelförmigen Türklopfer betätigen konnte, ging schon das Licht auf der Veranda an. Dann öffnete sich die Tür.
    Hollander füllte den ganzen Türrahmen aus. Er trug ein weißes Hemd, das man auch als Segel hätte benutzen können. »Clevenger!« rief er aus und klatschte in die Hände. »Mein Freund!«
    Ich konnte nicht länger an mich halten. Mein Kinn zitterte, und meine Augen füllten sich mit Tränen. »Was zum Teufel ist denn mit Ihnen los?« Er umarmte mich und tätschelte mir den Kopf, während ich weiterschluchzte. Offenbar konnte er ins Innere des Rover sehen, denn kurz darauf machte er sich sanft los und polterte die Stufen hinunter. Ich beobachtete, wie sich seine Schultern keuchend hoben und senkten, als er durchs Beifahrerfenster spähte. Dann wirbelte er ungewöhnlich anmutig herum und wies mit dem Finger auf mich. »Bringen Sie sie ins Haus.«
    Er schaltete das Verandalicht aus. Ich trug Kathy ins Wohnzimmer und legte sie aufs Sofa. Hollander sank in einen gewaltigen, mit Gobelin überzogenen Lehnsessel. »Fangen Sie an«, schnaufte er. »Lassen Sie nichts aus.« Ich lief im Zimmer auf und ab, und die Worte sprudelten nur so aus mir heraus. Ich erzählte ihm, was Kathy Sarah, Monique und Michael angetan und daß sie mir Rachel genommen hatte. Ich berichtete ihm von Blaire, von Kathys Vater und von Lucas. Und ich beichtete, daß ich die Augen vor Kathys Leid verschlossen hatte, das stark genug gewesen war, um Wut, Mordlust und Eifersucht zu wecken.
    »Sie haben diese Tänzerin Rachel geliebt«, stellte Hollander fest. Er ließ mich keine Sekunde aus den Augen. »Ja.«
    Er wies mit dem Kopf auf Kathy. »Wenn ich auf den Alarmknopf drücke, steht in weniger als zwei Minuten ein Polizist vor meiner Tür.« Er hielt inne. »Oder hatten Sie vor, irgendwo in meinem Wald ein Loch zu graben?« Ich blieb stehen. »Sie hat keine Chance, wenn ich sie der Polizei übergebe. In diesem Bundesstaat ist schon seit Ewigkeiten niemand mehr mit geistiger

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