Kalt, kaltes Herz
Achselzuckend scharrte sie mit dem Fuß.
Ich bemerkte, daß die Schuhe ebenfalls neu waren – Oxfordslipper aus schwarzem Lackleder. »Du siehst hinreißend aus«, meinte ich.
»Darf ich reinkommen?«
Ich streckte die Hand aus. Sie ergriff sie. Eigentlich hatte ich erwartet, daß mich ein kalter Schauer überlaufen würde, doch nichts dergleichen geschah. Ihre Hand fühlte sich warm und vertraut an, und ich wunderte mich, wie normal es mir erschien, sie in die Hütte und in meine Arme zu ziehen. Aber warum erstaunte mich das? Schließlich war sie noch dieselbe Frau, mit der ich Hunderte von Malen geschlafen hatte. Ihr Parfüm hatte eine beruhigende Wirkung auf mich, und als sie meinen Hals liebkoste, stöhnte ich tatsächlich lustvoll auf. Erst als wir uns küßten und unsere Lippen sich öffneten, wurde ich von Widerwillen ergriffen. Ich wich zurück.
»Warum bist du plötzlich so schüchtern?« flüsterte sie.
Mein Kiefer verkrampfte sich. Ich packte sie mit beiden Händen am Kragen und riß ihr das Kleid auf bis hinunter zu den Schenkeln. Dann betrachtete ich sie. Sie war nackt, frisch rasiert und von Kopf bis Fuß so traumhaft schön wie beim erstenmal.
Sie lächelte und biß sich wieder auf die Unterlippe. »Sei so grob, wie du willst. Ich habe es verdient.« Ich sah zu, wie sie ihr Kleid auszog und aus den Schuhen schlüpfte. Mein Zorn und meine Erregung, schon zuvor kaum voneinander zu unterscheiden, wurden nun eins. Ich ergriff ihre Schultern und schubste sie mit dem Gesicht nach unten aufs Bett. Sie sträubte sich kaum, als ich meinen Gürtel aus den Schlaufen zerrte und ihr die Hände fesselte. Dann knotete ich den Lederriemen am Bettpfosten fest. Ich kniete hinter ihr. Ihr blondes Haar breitete sich auf ihrem Rücken aus, ihr Hintern zitterte leicht. Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen. Ich zog ihre Hüften hoch und riß ihr an den Haaren den Kopf zurück. Wie gerne hätte ich in sie hineingestoßen, doch eine Erinnerung hielt mich zurück. Es war jene bedeutungsschwere Frage, die Trevor mir bei unserer Begegnung im Lynx Club gestellt hatte:
Warum ruft sie ›Daddy‹, wenn ich es ihr von hinten besorge?
Also ließ ich sie los und rieb mir kräftig die Augen.
Kathy drehte sich auf den Rücken. »Was ist?« wollte sie wissen und spreizte die Beine. »Willst du mich lieber so?«
»Ich mußte gerade an deinen Vater denken.«
»An was?«
»An deinen Vater. Ich habe daran gedacht, wie er dir wehgetan hat.«
»Mein Vater würde mir nie wehtun.« Sie schloß die Beine. »Er hat mich geliebt.«
Ich setzte mich auf die Bettkante. »Ich habe einen Brief gefunden, in dem es um Blaire ging. Du hast ihm geschrieben, nachdem du sahst, wie er sich nachts in ihr Zimmer schlich.«
»Warum reden wir über so einen Schwachsinn? Binde mich los.«
»Erzähl mir, wie sie gestorben ist.«
»Du bist völlig verrückt.« Sie zerrte an dem Lederriemen und versuchte sich zu befreien.
»Hast du gesehen, wie der Brand ausbrach? Ich will es wissen. Ich muß es wissen.«
Ihre Augen verengten sich vor Wut. »Du bist so ein Idiot«, sagte sie mit Kinderstimme. Sie zerrte kräftiger an dem Gürtel, aber die Knoten wurden dadurch nur fester. »Du brauchst nicht zu fragen, wo ich war, als Blaire ihre Strafe bekam.« Nun klang sie wieder wie sonst. »Du weist es doch sowieso schon.«
»Strafe?«
Wieder die Kinderstimme. »Weil sie eine Petze war.«
Offensichtlich schwankte Kathy zwischen den erwachsenen und kindlichen Teilen ihrer Psyche hin und her. Im Psychiaterjargon nennt man das
Dissoziieren .
»Hast du das Feuer gelegt?« fragte ich.
»Blaire ist schuld daran, weil sie mir Daddy weggenommen hat«, wimmerte sie. »Ich wollte die Streichhölzer nicht benutzen. Ich habe es zuerst anders probiert.«
»Wie?«
»Ich habe mir die Haare abgeschnitten ... da unten. Daddy sagte, er mag keine Mädchen, die behaart sind wie Affen.«
»Aber das hat nichts genützt.«
»Doch.« Sie biß sich wieder auf die Unterlippe und errötete. »Eine Weile. Bis ich zu bluten anfing.«
»Und dann?« Ich stand auf, ging zum Fußende des Bettes, wo Kathy ihre schwarze Ledertasche hingeworfen hatte, und hob sie auf.
»Und dann war es vorbei. Also ist unter Blaires Bett ein Feuer ausgebrochen, während sie schlief.«
Mir traten die Tränen in die Augen, und ich mußte das Zittern meiner Hände unterdrücken, um die Tasche öffnen zu können. Darin befand sich Kathys zusammengeknüllter OP-Anzug. Dazwischen steckte ein Stück
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