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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Jänner. Die Ankündigung wird wie immer rechtzeitig am Gemeindeamt ausgehängt werden. Ich wünsch euch allen noch einen schönen Abend und eine gute und sichere Heimfahrt.«
    Einen Augenblick herrschte Stille, dann klatschten einige wenige. Alle standen auf, rückten mit den Sesseln und fuhren in die Jackenärmel. Gmoser, Krinzinger, Pestallozzi und Leo drängten nach draußen, eingekeilt zwischen den schwatzenden Ortsbewohnern. Pestallozzi nickte dem Loibnerbauer freundlich zu, der nickte gnädig zurück. Die junge Frau, die ihm so bekannt vorgekommen war, schob sich vorbei und strahlte ihn an: »Guten Abend, Herr Chefinspektor!« Pestallozzi lächelte überrascht und grüßte zurück. Woher kannte er sie bloß? So viele Gesichter zogen an ihm vorbei, so viele Namen. Früher hatte es ihm allerdings keine Probleme gemacht, sich alles zu merken. Tja.
    Auf dem Kirchenplatz standen kleine Gruppen zusammen, es hatte wieder zu schneien begonnen. Leo schaute sehnsüchtig zum Weihnachtsmarkt hinüber, wo es nach Zuckerwatte und heißen Würsteln roch. Aber das wäre kein passender Abschluss für diesen Abend gewesen, das war sogar ihm klar. Noch dazu, wo sie keinen Schritt weitergekommen waren im Fall der erstickten Nonne, er hatte jedenfalls nicht die allerkleinste Schwingung gespürt in diesem Pfarrsaal. Aber es hatte gutgetan, für eine Stunde von ganz anderen Problemen zu hören.
    Der weißhaarige alte Mann war neben ihnen stehengeblieben, und Krinzinger nahm Haltung an. »Darf ich vorstellen! Unser …«
    »Ihr seid’s also die Herren von der Mordkommission«, sagte der Altbürgermeister. »Wegen der toten Nonne aus dem Kloster. Hoffentlich findet’s ihr den bald, der das getan hat. Weil jetzt werden wieder alle spucken auf unsere Kirche und über die Pfarrer herziehen. Aber mit den Muftis traut sich das keiner. Da ziehen alle den Schwanz ein, wenn’s um den Islam geht.«
    Der Altbürgermeister nickte ihnen zu und schlurfte langsam davon. Beim Gehen musste er sich auf einen Stock stützen. Krinzinger hob die Schultern und grinste schief: »Er nimmt sich halt nie ein Blatt vor den Mund, der Vinzenz!«
    Der Architekt Turnauer schlenderte lässig vorüber, die jungen Frauen lächelten ihm fast alle zu. »Servus, Niki!« – »Bist am Samstag wieder im Stamperl?« – »Kommst auch zum Festl von der Gloria?«
    Nikolaus Turnauer grüßte nach allen Seiten wie ein Popstar, dann stieg er in den schwarzen BMW, der gegen jede Vorschrift schräg vor dem Eingang zum Friedhof geparkt war. Leo starrte ihm finster nach. Kotzbrocken! Ein Jammer, dass man dem nicht den Mord an der Nonne anhängen, äh, nachweisen konnte! Das wäre nämlich …
    »Servus, Schorsch!«, grüßte Krinzinger gerade. »Das sind meine Kollegen von der Mordkommission aus Salzburg, und das ist der Georg Öttinger!«
    Pestallozzi nickte dem Mann freundlich zu: »Sie haben es bestimmt nicht leicht!«
    Der Mann lachte. »Das kenne ich nicht anders!« Dann wurde er wieder ernst: »Und Sie beide beneide ich auch nicht um Ihre Arbeit! Gibt’s schon eine Spur wegen der toten Nonne?«
    Pestallozzi schüttelte den Kopf, dann sah er Georg Öttinger abwägend an. »Aber wir können wirklich jeden Hinweis gebrauchen. Diese Halbinsel Schwarzarabien, wo das Hotel gebaut werden soll, gehört doch dem Kloster. Hat es da schon irgendwelche Zwischenfälle oder Drohungen gegeben? Von militanten Umweltschützern vielleicht? Oder von Nachbarn, die um ihre Ruhe fürchten?«
    Öttinger schüttelte ebenfalls den Kopf, sehr entschieden. »So was gibt’s bei uns da nicht. Auch wenn es heute im Pfarrsaal manchmal hoch hergegangen ist, deswegen bringt doch keiner jemanden um. Schon gar nicht eine Nonne. Mit dem Hotel hat das 100-prozentig nichts zu tun.« Er schüttelte nochmals den Kopf, allerdings schien er doch auch nachdenklich geworden zu sein. Dann hellte sich sein Gesicht auf: »Servus, Kathi! Bist auch da?«
    Georg Öttinger und Katharina Luggauer begannen ein Schwätzchen, Pestallozzi und Leo verabschiedeten sich von den Kollegen. Sie stapften zum Skoda, natürlich ohne vorher noch am Weihnachtsmarkt die Würstel zu recherchieren.
    »Den Ausflug hätten wir uns sparen können«, sagte Leo missmutig.
    Pestallozzi sah erstaunt drein. »Also ich habe diesen Abend hochinteressant gefunden. Du etwa nicht?«
    Aber es kam nur ein Schnauben als Antwort. Was der Chef für einen interessanten Abend hielt, du lieber Himmel, dachte Leo. Oder sollte er etwas übersehen

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