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Kalter Weihrauch - Roman

Kalter Weihrauch - Roman

Titel: Kalter Weihrauch - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Frauenorden. Kindesmissbrauch und Prostitution beim Nachbarn Ungarn. Und jetzt auch noch die Grundstücksgeschäfte der Kirche in Österreich, der Chef wollte einfach über alles Bescheid wissen. Einmal steckte ein Kollege den Kopf zur Tür herein: »Kommst eh zum Nikolopunsch vom Grabner?« Aber Leo nickte nur unwirsch, dann starrte er wieder auf den Bildschirm. Ihm brummte ja jetzt schon der Schädel, und dabei war noch nicht einmal Mittagspause. Und am Nachmittag wollte der Chef allen Ernstes zu dieser Gemeindeversammlung fahren, als ob sich dort der Nonnenmörder tummeln würde!
    Endlich war Mittag. In der Kantine gab es Gulasch mit Nockerln, nicht gerade sein Lieblingsessen, vor allem, wenn man die Nockerln von seiner Mama kannte. Und dann setzte sich auch noch diese Cordula an seinen Tisch, die nie lächelte und sich offenbar für etwas Besseres hielt. Mahlzeit! Das war nicht sein Tag. Leo knackte mit den Fingern. Cordula sah ihn an, als ob er der Chef einer Schlepperbande wäre. Leo verzog sich wieder in sein Büro.

    *

    Um vier fuhren sie endlich hinaus zum See, es war schon fast dunkel. »Der Krinzinger wartet vor dem Pfarrsaal auf uns«, war alles, was Pestallozzi sagte. Der Postbus nach Ischl zockelte natürlich wieder durch die Kurven, aber Leo machte kurzen Prozess und überholte todesmutig. Dann war da noch so ein roter Warmduscher, der wurde ebenfalls mit links überholt, na ja, eigentlich schnitt er ihn, der Fahrer blinkte wütend auf, aber Leo grinste nur. Wenn der Chef jetzt nicht neben ihm gesessen wäre, dann hätte er diesem Fuzzi den Stinkefinger gezeigt. Mindestens. Oder aber, besser noch, das Blaulicht rausgeholt und …
    »Kommt gar nicht in Frage«, sagte der Chef und grinste ebenfalls. Verdammt, der konnte ja wirklich Gedanken lesen! Oder war das jetzt ein Bluff gewesen?
    Am Platz vor der Kirche schien sich bereits der halbe Ort zu drängen. Ein jüngerer Mann im schwarzen Anzug mit weißem Stehkragen stand mitten unter den Leuten und schüttelte Hände und grüßte nach allen Seiten. Das war offenbar der Pfarrer aus Polen, von dem Krinzinger erzählt hatte. Krinzinger selbst stand vor dem Eingang zum Pfarrsaal und sah unbestreitbar wichtig aus.
    »Da seid’s ja, Kollegen! Drinnen ist schon fast alles besetzt, aber ich hab uns ein paar schöne Plätze reserviert, damit’s auch alles gut sehen könnt’s.« Krinzinger strahlte wie vor einer Operettenpremiere vom ›Weißen Rössl‹.
    »Ist das der Pfarrer, von dem du uns erzählt hast?« Pestallozzi wies mit dem Kinn auf den umringten Mann.
    »Genau, das ist unser Pfarrer Darius. Soll ich euch vorstellen?«
    Pestallozzi schüttelte den Kopf. »Später vielleicht.« Plötzlich begann er übers ganze Gesicht zu strahlen. »Frau Luggauer, Sie schauen ja aus wie ein Lausbub!«
    Katharina Luggauer fuhr sich lachend und ein bisschen verlegen durch ihr weißes Haar, das jetzt ganz kurzgeschnitten war. Weg war der lange Zopf, den sie ein Leben lang wie eine Krone um den Kopf gewickelt getragen hatte. »Ach, hören S` auf, Herr Chefinspektor, ich bin eine alte Frau. Schön, dass Sie wieder einmal da sind! Obwohl Sie ja bestimmt wegen …«
    Der Satz blieb unvollendet, sie wussten beide, dass er nicht zum Vergnügen hier war.
    »Und wie geht es Ihrer Nichte, der Anna?«
    Die alte Frau sah einen Augenblick lang wehmütig drein, dann lächelte sie schon wieder. »Die Anna ist in Berlin, die hat ein Stipendium bekommen. Ich bin so stolz auf sie.«
    Pestallozzi und die alte Frau sahen sich an. So vieles hätte es noch zu fragen und zu berichten gegeben, aber dies war eindeutig nicht der richtige Augenblick dafür.
    »Wenn es Ihnen recht ist, Frau Luggauer, dann schaue ich einmal auf einen Besuch vorbei«, sagte Pestallozzi.
    »Immer, Herr Chefinspektor. Sie sind mir immer willkommen!«
    Sie verabschiedeten sich voneinander, dann betraten Krinzinger, Pestallozzi und Leo den Pfarrsaal. Köpfe drehten sich in ihre Richtung, das Stimmengewirr senkte sich kurzfristig zum Tuscheln, dann redeten wieder alle durcheinander. Auf dem Podium saßen bereits drei Männer, der in der Mitte trug eine Lodenjoppe. »Das ist unser Bürgermeister«, informierte sie Krinzinger und deutete ungeniert mit dem Zeigefinger auf den Mann. »Der ist eigentlich recht in Ordnung. Aber ob er sich gegen das ganze Spekulantenpack wird durchsetzen können, wer weiß …« Krinzinger sah drein wie ein düsteres Orakel, dann holte er ein Säckchen mit Krachmandeln aus seiner

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