Kaltgestellt
Landschaft gesehen hatte wie diese. Er fragte sich langsam, ob sie den mysteriösen Bunker wohl jemals erreichen würden. »Werde ich lange hier draußen bleiben müssen?«, fragte er ohne große Begeisterung.
»Im Bunker sind Sie sicher. Das ist der Zweck der Übung.«
»Gibt es dort jemanden, mit dem man reden kann?«
»Ja. Wir sind übrigens bald da.« Vor ihnen ragte unmittelbar neben der Straße ein seltsamer Umriss in den Nachthimmel. Es war eine große Windmühle mit Helmdach und vier großen Flügeln, die sich aber nicht bewegten. Dillon starrte dieses erste Anzeichen von Zivilisation nach vielen Meilen erstaunt an.
»Ist das eine Windmühle?«
»Ja. Meines Wissens die einzige hier in der Romney Marsh. Sie ist fünf Stockwerke hoch. Die Aussicht von ganz oben soll atemberaubend sein.«
»Im obersten Fenster habe ich vorhin ein Licht gesehen. Jetzt ist es ausgegangen. Wissen Sie, wer in der Windmühle wohnt?«
»Ein Einsiedler, der sich nur selten blicken lässt. Wir sind jetzt ganz in der Nähe des Bunkers, und bis zur Küste ist es übrigens auch nicht mehr weit. Das Meer beschert einem hier häufig Dunst oder Nebel, was die Marsch ziemlich gespenstisch wirken lässt.«
»Ich finde sie auch so schon gespenstisch genug.« Newman fuhr in Schrittgeschwindigkeit um eine weitere Kurve, die auf ein altes Farmtor zuführte, das zu beiden Seiten von einer dichten Hecke flankiert wurde. Newman hielt den Wagen an und betätigte die Lichthupe in unregelmäßigen Intervallen. Kurz darauf ging das Tor langsam auf und schloß sich dann wieder, nachdem der Mercedes auf das Grundstück gefahren war.
»Mir fällt gerade etwas ein«, sagte Dillon. »Washington hat auch ein Team von hochkarätigen Kommunikationsspezialisten in die Londoner Botschaft geschickt. Ich habe keine Ahnung, wozu.«
»Wäre natürlich hilfreich, wenn wir das wüßten.« Langsam fuhren sie auf ein großes, halb verfallenes Anwesen zu, das aus drei hufeisenförmig angeordneten Gebäuden bestand. Auf dem weiten, mit Kopfsteinen gepflasterten Hof hielt Newman den Mercedes an. Die beiden Männer stiegen aus und gingen auf das mittlere Gebäude zu, wo gerade eine Tür geöffnet wurde. Vor einem Rechteck aus hellem Licht konnte Dillon die Silhouette einer kleinen, dicklichen Frau sehen, deren Alter er spontan auf Mitte fünfzig schätzte. Sie trug ein geblümtes Kleid und eine dunkle Schürze. Mit ihrem freundlich lächelnden, rotbackigen Gesicht kam sie Dillon wie der Prototyp einer Bäuerin vor. Ihr graues Haar hatte sie sich zu einem Knoten zusammengebunden, der Dillon sofort an Monicas Frisur denken ließ. Nachdem die Frau ihre Gäste ins Haus geführt hatte, klopfte Newman ihr liebevoll auf die Schulter.
»Cord, ich möchte Ihnen unsere Gastgeberin Mrs. Carson vorstellen«, sagte er.
»Sie hat das Kommando über den ganzen Bunker. Mrs. Carson, das ist Cord Dillon, der gerade aus den Vereinigten Staaten zu uns gekommen ist. Er hat ein paar Tage lang nicht geschlafen und dürfte außerdem hungrig wie ein Wolf sein.«
»Die Tür hat ja innen eine dicke Stahlplatte«, sagte Dillon, während sich Mrs. Carson an drei solide aussehenden Sicherheitsschlössern zu schaffen machte. »Richtig«, sagte Newman.
»Und die Fensterscheiben sind aus dickem Panzerglas.«
»Das Haus sieht wie eine Bruchbude aus und ist in Wirklichkeit eine Festung! Und wer verteidigt es, wenn es angegriffen wird?«
»Ich«, antwortete Mrs. Carson.
»Aber dazu muss man uns erst einmal finden.« Dillon starrte sie ungläubig an. Sein Erstaunen verstärkte sich noch, als die Frau in ein Regal griff und eine 9-mm-Maschinenpistole vom Typ Heckler & Koch MP 5 herausholte. Mit einer geübten Handbewegung schob sie ein Magazin in die Waffe und blickte, immer noch lächelnd, zu Newman hinüber. »Kann man ihm vertrauen?«, fragte sie ihn. »Völlig. Also, wahrscheinlich wird Cord eine Weile bei Ihnen bleiben. Er ist auf der Flucht vor einer Bande von Revolverhelden.«
»Dann sollten Sie die hier an sich nehmen«, sagte Mrs. Carson und gab Dillon die Maschinenpistole. »Wissen Sie, wie man damit umgeht?«
»Cord ist mit Waffen bestens vertraut«, antwortete Newman für ihn.
»Dort drüben im Schrank hängt noch eine«, sagte Mrs. Carson, »und unten im Keller verfügen wir über ein ganzes Arsenal an Pistolen, Maschinengewehren, Rauchbomben und Handgranaten. Ich zeige Ihnen rasch alles, bevor es Abendessen gibt. Tweed hat mich bereits angerufen und gemeint, daß Sie bestimmt
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