Kaltgestellt
wollen«, sagte Tweed abschließend. »Das werde ich tun«, erwiderte Buchanan. »Ich hatte ohnehin vor, ihn getrennt zu vernehmen. Wirklich klären muss ich aber nur eine Frage: Wer hat zuerst geschossen.«
»Rupert Strangeways«, sagte Newman. »Marler hat mit dem Armalite hinter seinem geparkten Wagen gewartet. Erst als er den Mündungsblitz von Strangeways’ Gewehr sah, wußte er, wo dieser sich versteckt hatte.«
»Gut, daß Sie die Puppe in dem Wagen gelassen haben«, sagte Buchanan. »Ich werde sie mir ansehen und dann von der Spurensicherung untersuchen lassen.«
Er stand auf und schritt zur Tür, wo er sich noch einmal umdrehte. »Eines wird Sie vielleicht noch interessieren, Tweed. Die Kugel, die ich per Kurier an Rene Lasalle geschickt habe, paßt nicht nur zu der, die unseren Premierminister getötet hat, sondern auch zu der, an der Heinz Keller starb. Ihr Freund Otto Kuhlmann vom deutschen Bundeskriminalamt war persönlich in Paris und hat Lasalle die Kugel gebracht. Die Untersuchung hat eindeutig ergeben, daß beide aus derselben Waffe abgefeuert wurden. Rupert Strangeways war nicht nur ein bezahlter Killer – er war auch ein Massenmörder.«
Nachdem die Polizisten gegangen waren, sagte Paula: »Das ist ja schrecklich. Kaum zu glauben, daß Rupert in Freiburg seinen eigenen Vater erschossen hat.«
»Er war gefühlskalt und geldgierig«, erwiderte Tweed. »Wahrscheinlich konnte er es nicht erwarten, das Vermögen seines Vaters zu erben. Ich könnte mir allerdings vorstellen, daß Sir Guy ihn schon längst enterbt hat. Aber jetzt zu etwas anderem. Ich glaube, daß Denise stillhalten wird.«
»Zumindest hat sie mir das versprochen, als ich sie zu ihrer Wohnung gebracht habe«, sagte Newman. Vom Bunker aus waren sie mit drei Fahrzeugen aufgebrochen: Newman hatte Sharons Limousine gesteuert, wobei er Handschuhe getragen hatte, um am Steuerrad keine Fingerabdrücke zu hinterlassen. Nachdem er Denise an ihrer Wohnung hatte aussteigen lassen, war er mit der Limousine nach Mayfair gefahren und hatte sie in einer Garage abgestellt, bevor er in den Wagen mit der Tweed-Puppe auf dem Beifahrersitz umgestiegen war.
Howard kam in Tweeds Büro gestürmt und schien wieder ganz der Alte zu sein. Er trug einen grauen Chester-Barrie-Anzug, das rosige Gesicht war frisch rasiert, und das Haar war sorgfältig gekämmt. Freundlich lächelnd ließ er sich in einem Sessel nieder und legte ein Bein über die Armlehne, so wie er es üblicherweise tat.
»Ich habe gerade sensationelle Nachrichten aus Washington erhalten. Morgenstern ist von seinem Amt als Außenminister zurückgetreten. Dieser Schritt hat die USA wie ein Donnerschlag getroffen. Er wird im Laufe des heutigen Tages eine Pressekonferenz geben.«
»Das ist wohl auf Tweeds Gespräch mit ihm zurückzuführen«, sagte Paula.
»Tatsächlich?«, fragte Howard erstaunt und sah Paula an, bevor er fortfuhr: »Vielen Dank, Tweed, daß Sie mich auf der Rückfahrt von Ihrem Handy aus informiert haben. Kurz danach habe ich einen Anruf von Ihrem Freund im Verteidigungsministerium erhalten. Er sagte, daß die amerikanische Flotte kehrt gemacht habe und mit Volldampf auf dem Rückweg in den Atlantik sei. In den USA kursieren bereits Gerüchte, daß es bei einer Landungsübung der SEALs zu einem schrecklichen Unfall gekommen sei. Bei einem Manöver, in dem zwei Gruppen von SEALs das Erstürmen eines Ziels an Land hätten üben sollen, sei aus Versehen statt Platzpatronen scharfe Munition ausgegeben worden. Als die Gruppe, die die Verteidiger des Zieles spielte, das Feuer auf die Angreifer eröffnete, soll es zu einer Katastrophe gekommen sein, die fünfundzwanzig Soldaten das Leben kostete. Das zusammen mit Morgensterns Rücktritt hat die Amerikaner völlig aus der Fassung gebracht.« Howard sprang auf. »Ich muss jetzt gehen, Tweed, aber ich lade Sie zum Abendessen in meinen Club ein.«
Kurz bevor Howard mit seinem Bericht zu Ende gewesen war, hatte das Telefon geklingelt, und Paula hatte abgehoben. Sie wartete, bis Howard den Raum verlassen hatte, dann sagte sie mit düsterer Miene:
»Tweed, Sie haben Besuch. Ed Osborne und Chuck Venacki sind unten. Was soll ich sagen?«
Newman griff in seine Jacke und wollte seine Smith & Wessen ziehen.
»Lassen Sie das, Bob«, sagte Tweed. »Paula, bitten Sie die Herren herauf.«
Kurze Zeit später betrat Ed Osborne leise und lächelnd das Büro. Auf dem Fuß folgte ihm Venacki, der ebenfalls ein Lächeln auf dem Gesicht trug.
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