KALTHERZ
an der Kle t terwand aufgestiegen und hab mich ganz sanft fallen lassen. Da hat die Mutter Augen gemacht. Die Grashälmchen, der Spazierweg, die Sitzbänke, der Bach, alles war kleiner von oben. Da ändert sich me i ne Blic k änderung. Ich hab dann ein Gefühl in der Brust, das ist ein Lachen und ein weites Gefühl. Ich träume auch manchmal von einem schwebenden Gefühl. Wie ein Schlittschuhfahrer im Winter, der die Adle r schanze runtersaust.“
Stefan schaut Selbermann mit schmalen Augen an.
„Du hast mich beleidigt. Gib mir das Papier, das du L o thar g e stohlen hast.“
Selbermann malt einer Dame mit herzförmigem Gesicht au s drucksvolle Wimpern.
„Mach schon, was hast du Lothar gestohlen?“
„Du warst am Fenster“, entgegnet Selbermann ruhig
„Nein, war ich nicht, gib mir das Papier.“
„Dann gib mir ein Foto.“
Stefan nestelt an seinen Fotokästen herum und zieht ein Foto heraus.
„Nein, ich will ein Bild von der Rosmarie. Die Rosmarie freut mich.“
Stefan sucht erneut in seiner Kiste und schiebt Selbe r mann ein anderes Foto zu. Selbermann betrachtet es in R u he und lächelt.
„Es sind die Frauen, die ich so liebe und bei denen ich beide B a cken küsse. Ich liebe sie so, weil sie in den Zeitungen a b gedruckt sind. Die Rosmarie freut mich und die Karin. Mit der Annette mache ich Backen-Schulter-Schmus-Eigentum. Ich bin der Schmuser vom Dienst.“
„Jetzt den Zettel“, sagt Stefan ungeduldig.
Selbermann kramt in seiner Hosentasche und holt einen ze r knitterten Zettel heraus. Stefan zieht ihn ihm ungeduldig aus den Fingern, streicht ihn glatt und b e trachtet ihn lange.
Selbermann taucht wieder ab. Die Herzdame bekommt jetzt einen korallenroten Mund.
Kapitel 11
Klaviermusik schwebt durch den Raum. Selbermann malt an einem lebensgroßen Portrait, Bärbel tanzt mit Ge r trud durch den Raum, die anderen tanzen um sie herum und Stefan fotografiert sie alle. Zu ihrer Linken steht Stemmler, schüttelt mis s billigend den Kopf und kneift die Lippen zusammen. Rechts von ihr steht Jochen, er blättert in einer Zeitung und scheint den Trubel gar nicht wahrz u nehmen. Katja zeigt immer wieder auf die Tanzenden, aber Jochen reagiert nicht. Dann entdeckt sie ganz hinten an e i nem Tisch Lothar Meyer. Er winkt ihr traurig zu. Die M u sik wird lauter und schriller, die Tanzenden drehen sich immer schneller, da fasst Stemmler sie an den Schultern und schüttelt sie, sie versucht ihn abzuwehren, jedoch ohne Erfolg.
Jochens Stimme drang langsam an ihr Ohr.
„Katja, Telefon, ist doch bestimmt für dich“, grummelte er g e quält.
Sie schaute auf die Uhr, erst halb sieben, schlaftrunken nahm sie den Hörer ab. „Pfaff hier, morgen Katja, hast du noch geschlafen? Tut mir leid, aber wir haben eine män n liche Leiche und ich glaube, der Fall int e ressiert dich.“
„Was?“, fragte sie noch immer schlaftrunken. „Wieso sollte er b e sonders mich interessieren?“
„Es ist Magnus Knab.“
Mit einem Ruck war sie wach. „Okay ich komme.“
Pfaff gab ihr die Adresse durch.
„Bin gleich da.“ Sie legte auf und machte sich in Wi n deseile fertig. Jochen nuschelte, was denn am frühen Mo r gen so dringend sei, war aber auch schon wieder halb ei n geschlafen. Sein Dienst begann erst um 10.00 Uhr.
„Ich erzähle dir alles heute Abend, tschüss.“ Im Lau f schritt eilte sie zu ihrem Auto.
Die Leiche war in der Taunusanlage von zwei Mi t arbeitern eines Versicherungskonzerns auf ihrem Weg zur Arbeit gefunden worden. Der KDD, der Kriminaldaue r dienst, hatte bereits den „großen Bahnhof“ um sich ve r sammelt. Rettung und Notarzt waren schon abgefahren, Professor Hoffmann und die Spurensicherung bei der A r beit. Der diensthabende Staatsanwalt war ebenfalls vor Ort.
„Diesmal haben wir es definitiv mit einem Tötung s delikt zu tun“, b e grüßte Pfaff sie. „Er ist erschlagen worden, Schädelbruch. Laut Hoffmann ist er seit mindestens fünf Stunden tot, Todeszeitpunkt also zwischen 1 und 2 Uhr nachts – grob geschätzt, du weißt ja, Gena u eres später.“
Katja schaute sich am Tatort um. Knab lag mit dem G e sicht nach unten, halb von einem Gebüsch verborgen, auf der aufgeweichten Wiese. Er trug eine schwarze Lederhose und eine schwere Lederjacke, deren Kragen, Rücken- und Schulterpartie voller Blut waren.
„Kann sein, dass er noch versucht hat, ein Stück zu la u fen, ist aber nicht weit g e kommen, höchstens ein paar
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