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Kampf Dem Chaos

Titel: Kampf Dem Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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gegen das Werkstattfenster. Aber zumindest war es nicht mehr so kalt und in Kyphros beschwerte sich niemand über den Regen im späten Winter und frühen Frühling, weil es danach nur noch selten regnete, erst im nächsten Winter wieder.
    Die kleinen Unterbrechungen stahlen mir bei jeder Gelegenheit die Zeit. Wenn ich nicht gerade Firnis- oder Lampenöl holen musste, verlangte der Fußboden nach einem Besen oder der Wassertopf nach mehr Wasser; oder die Beitel mussten geschliffen und die Sägen zu Ginstal gebracht werden; der Leim war eingetrocknet oder Rissa brachte einen kaputten Stuhl. Die Zeit, die ich für meine Genesung brauchte – fast eine ganze Jahreszeit übrigens – und für die Verbesserung meiner Stabkünste, war da noch gar nicht eingerechnet. Nachdem ich schließlich die Hausarbeit erledigt hatte, griff ich zu Antonas Schreibtisch und murmelte unzufrieden in meinen nicht vorhandenen Bart, weil sich der Unterbau aus der Zeichnung nicht verwirklichen ließ. Wie vieles andere auch sah der Plan vielversprechend aus, aber scharfe Kanten konnte ich unmöglich durchgehen lassen, denn sie splitterten und konnten dadurch Verletzungen verursachen. Besser war es, die Ecken abzurunden, doch dadurch musste jedes Teil zwei Mal auf Gehrung zugerichtet werden. Manche Schreiner schnitten einfach einen Fünfundvierzig-Grad-Winkel und schrägten diesen dann ab. Doch als ich das ausprobierte, sah jede Kante anders aus, und ich konnte nicht fünfzig Goldstücke verlangen für einen Schreibtisch, bei dem keine Ecke der anderen glich. Mit einem speziellen Hobel rundete ich also jedes Teil ab – über eine Länge von mehr als zwei Ellen. Keine sehr schwere Arbeit, aber zeitraubend. Kirschholz ist hart und schon der geringste Anflug von Ungeduld konnte die Klinge übers Holz springen lassen und es damit ruinieren.
    Ich hätte es ahnen können – Antonas Schreibtisch verlangte mehr Zeit als geplant. Und das, obwohl ich den Preis schon großzügig bemessen hatte.
    »Meister Lerris, da fährt jemand in den Hof«, rief Rissa durch die Werkstatttür herein.
    »Ich komme.« Ich legte den Messstock beiseite und trat hinaus unter das Vordach. Ein gepflegter, zweirädriger Einspänner mit polierten Messingbeschlägen fuhr in den Hof. Der Kutscher trug einen wasserdichten Umhang und eine Livree. Jeder, der eine zweirädrige Kutsche besaß, verfügte auch über eine große Kutsche und jeder, der sich das leisten konnte, musste unweigerlich reich sein.
    Bei dem dünnen, weißhaarigen Mann, der aus der Kutsche stieg und auf die enge Veranda trat, die durch den Dachvorsprung und die breiten Stufen entstanden war, handelte es sich um den Minister für öffentliche Arbeiten, Zeiber. Ich hatte ihn das erste Mal an jenem Abend getroffen, an dem ich auch den Autarchen kennen lernte. Minister Zeiber hatte mir damals vorgeworfen, dass meine Pläne, an Antonin heranzukommen, zu theoretisch klangen.
    Ich mochte ihn immer noch nicht, trotzdem öffnete ich die Tür zur Werkstatt und bat ihn herein. »Bitte, tretet ein, Minister Zeiber.«
    Rissa ging zurück in die Küche.
    Ich folgte ihm in die Werkstatt und schloss die Tür.
    »Du sollst ein guter Schreiner sein.« Zeiber sah mich mit seinen tief liegenden Augen nicht an, sondern ließ seinen Blick über die Werkstatt schweifen. Für eine Minute ruhten seine Augen auf dem teilweise fertiggestellten Rahmen des Schreibtischunterbaus. »Was ist das?«
    »Das wird ein Schreibtisch mit beidseitigem Unterbau.«
    »Hmm ...« Er räusperte sich und blickte mir in die Augen.
    Unordnung strahlte er zwar nicht aus, aber ich fühlte mich in seiner Gegenwart nicht gerade wohl. Gab es so etwas wie ordentliche Unehrlichkeit? Oder Unehrlichkeit, die kein Chaos beinhaltete?
    »Ich möchte ein einfaches Bücherregal in Auftrag geben.«
    »Habt Ihr schon eine Vorstellung, wie es genau aussehen soll? Größe, Anzahl der Fächer, Höhe der Fächer? Welches Holz?«
    »Es muss nicht groß sein ...« Wieder schweiften seine Augen durch die Werkstatt und blieben am Wassertopf haften. »Was ist in dem Topf da?«
    »Wasser. Das Holz spaltet sich nicht so leicht, wenn die Luftfeuchtigkeit höher ist. Im Sommer brauche ich den Topf nicht, da hänge ich feuchte Tücher auf.«
    Zeiber nickte. »Du besitzt gründliche Kenntnisse über das Schreinerhandwerk. Sicherlich könntest du deine ... anderen Fähigkeiten ...«
    Ich lachte – nicht zu laut, wie ich hoffte. »Das wäre zu anstrengend. Es zählt nur, wie das Stück bei

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