Kampf Dem Chaos
seine Worte, als er sich nach vorn lehnte, sein Gesicht keine drei Handbreit von meinem entfernt. Wie kam es, dass mich Menschen wie Fuston kannten und einige Mitglieder der Elitegarde nicht? Wahrscheinlich weil Fuston sich solche Paraden ansah, wie sie Kasee bei meiner Rückkehr nach Kyphros veranstaltet hatte, während die Soldaten arbeiten oder Wache halten mussten.
»Ich nehme an, er war hungrig«, sagte ich ruhig und ließ Gairloch ein paar Schritte zurückgehen.
»Aha, er war also hungrig! Er stiehlt meine Oliven und ihr wollt nichts dagegen unternehmen.« Fuston machte einen weiteren Schritt nach vorn, um den Abstand zwischen uns wieder zu verkleinern.
Yelena griff nach ihrem Schwert, Freyda und Jylla beobachteten uns mit unbewegtem Gesicht.
»Habe ich das richtig verstanden ...«, versuchte ich Zeit zu gewinnen. »Dieser kleine Dieb war so hungrig, dass er die Oliven direkt vor deinen Augen aus dem Fass gestohlen hat?«
»Natürlich. Wie hätte ich ihn sonst dabei beobachten können?«
»Fällt dir denn nichts auf? Entweder war der Dieb fürchterlich anmaßend, entsetzlich dumm oder schrecklich hungrig. Wenn er anmaßend oder dumm war, wird er es wieder versuchen und früher oder später wird ihn jemand dabei fassen.« Ich räusperte mich. »Wenn er nur hungrig war, wird er leider auch wieder stehlen und man wird ihn eines Tages auch erwischen.« Ich wollte mir meine nächsten Worte genau überlegen, als der Händler mir mit seinem fetten Finger drohte.
»Du willst also nichts unternehmen? Ein feiner Magier bist du!«
Ich blickte ihm wütend in die Augen. »Du bist reich. Du hast genug zu essen und die Möglichkeit, dich selbst zu schützen. Du bist ärgerlich, weil ein kleiner Junge einen Narren aus dir gemacht hat, und willst nun die Schuld anderen zuschieben. Der Dieb ist längst verschwunden. Ich bin kein Weißer Magier, dem nach Blut dürstet. Auch kein Weißer Magier, der Menschen zu einem Häuflein Asche verbrennt. Was willst du also?«
»Ich will Gerechtigkeit!«
Ich grinste. »Aber du hast deine Gerechtigkeit. Ein hungriger Junge hat zu essen und du hast alle vor dem Dieb gewarnt. Ist das keine Gerechtigkeit? Oder würdest du es als gerecht erachten, wenn ein Weißer Magier den hungrigen Dieb mit einem Feuerstoß verbrennen würde?«
»Pah ... der Autarch wird davon erfahren ... verlasst euch darauf ... ihr werdet ja sehen ...« Fuston sah mich ein letztes Mal wütend an und watschelte davon.
»... keine schlechte Antwort für einen so jungen Magier ...«
»... nicht so gut ...«
»... er hat Recht. Fuston ist zu fett, um seine junge Frau ins Bett zu kriegen ... vergesst den Dieb ...«
Wir ritten weiter auf der gepflasterten Straße, die uns zur Oststraße führte.
»Das war keine schlechte Predigt«, sagte Yelena. »Bringt man euch das in der Magierschule bei?«
»Es gibt keine Magierschule. Mein Vater und Justen haben mir beigebracht, vor dem Sprechen zu denken. Menschen wie dieser Händler geben einem aber keine Zeit zum Nachdenken.« Meine Finger berührten den glatten Stab, das Holz spendete mir Trost. Ich musste jedoch Acht geben, dem Stab nicht noch mehr Ordnung einzuflößen. Dadurch könnte meine Seele gespalten werden. Mit einigen Magiern war das tatsächlich schon geschehen, ohne dass sie es bemerkt hätten. Beinahe wäre es auch mir passiert, doch ich hatte es gerade noch verhindern können, hauptsächlich durch Justens Rat, Die Basis der Ordnung wieder zu lesen.
»Diebstahl ist etwas Böses.« Ich hustete. Das viele Sprechen war ich nicht gewohnt. Schreinern ohne einen Lehrling war eine stille Arbeit. »Aber Diebe zu schlagen oder zu töten, die so hungrig sind, dass sie bei Tageslicht Oliven stehlen müssen, ist genau so böse.«
»Du hast Recht.« Weldein blickte auf die östlichen Tore, die keine zweihundert Ellen mehr entfernt waren.
Jylla und Freyda nickten.
Ich gab Gairloch erneut einen Klaps und blickte zurück auf die Residenz des Autarchen, die nun schon nicht mehr zu sehen war, und dann voraus auf die Straße.
VIII
D er große Mann mit dem sandfarbenen Haar und den kräftigen Unterarmen ging an der Pier entlang auf das Schiff zu, das am letzten Anlegeplatz lag. Die Brise trug die Küchendüfte des Hafenviertels von Nylan bis zur Pier und mischte sie mit dem Geruch von Seetang und Fisch. Das Stahlschiff mit dem Namensschild Shrezsan hatte die Flagge Hamors am Göschstock über dem Heck gehisst. Als er das Namensschild bemerkte, huschte ein Lächeln
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