Kampf der Ehre (Band 4 im Ring der Zauberei) (German Edition)
frühen Morgenstunden die Straße hinunter, direkt auf die Zugbrücke zu. Als er näher kam, sah er wie das Fallgitter langsam abgesenkt wurde und sich mehrere Ritter mit aufgestellten Speeren auf Erec’s Ankunft vorbereiteten.
Erec konnte auf den ersten Blick erkennen, dass sie ihm zahlenmäßig weit überlegen waren, dennoch fühlte er sich noch immer zuversichtlich, dass er, wenn nötig, auch an ihnen vorbeikommen würde. Aber er wollte nicht mit einer Konfrontation beginnen. Er hatte den Glauben an seine Mitmenschen noch nicht verloren, und nobel wie er war, wollte er dem Lord kein Fehlverhalten vorwerfen, sondern war überzeugt, dass er einen ehrlichen Fehler gemacht hatte; vielleicht war ihm ja, als er Alistair gekauft hatte, gar nicht bewusst gewesen, dass sie entführt worden war. Er wollte ihm die Gelegenheit geben, das Unrecht wieder gut zu machen bevor er eine bewaffnete Konfrontation suchen würde.
Als Erec die Brücke hinaufritt, stellten sich ihm einige der Ritter in den Weg, Er hätte sie alle mit den vier Wurfwaffen, die er am Gürtel trug töten können, doch stattdessen hielt er vor ihnen an, und versuchte die Geduld zu bewahren.
„Wer seid Ihr?“ rief ihm einer der Ritter zu.
„Ich bin Erec, Sohn von Arosen, im Dienste von König MacGil aus dem westlichen Königreich des Rings.“, verkündete Erec mit seiner autoritären Stimme. „Ich verlange eine Audienz bei deinem Herrn.“
„Und wer ist der, der mit mir sprechen möchte?“ polterte eine tiefe Stimme.
Erec blickte auf, und hoch über der Zugbrücke, im oberen Turm der Burg sah er auf einem kleinen Balkon den Herrn der Burg stehen. Er war in rote und weiße Seide und hohe grüne Stiefel gekleidet, und er trug einen Umhang und eine kleine Krone.
Seinem Aussehen nach zu urteilen glaubte dieser Mann offensichtlich, mehr zu sein, als er tatsächlich war. Er schien sich selbst für einen König zu halten, dabei war er doch nur ein Lord niedrigen Ranges, einer von tausenden, die König MacGil und der Armee des Königs gehorchten. Von seinem Standpunkt aus schien er das aber nicht zu bemerken.
„Vielleicht kennt Ihr mich als die Rechte Hand des Königs und Streiter der Silver.“, stellte sich Erec ihm vor. „Ich habe tausende Waffenbrüder und auf meinen Ruf hin kommen sie aus allen Ecken des Rings um meine Sache zu unterstützen. Ich habe sie bisher niemals rufen müssen, denn ich pflege es, meine Differenzen selbst aus der Welt zu schaffen. Ich sage dies nicht, um Euch zu bedrohen, sondern nur um meinen Standpunkt klar zu machen, dass ich es bevorzuge, meine Differenzen ohne Konfrontation zu lösen.“
„Und welche Differenzen könnte ich mit Euch haben?“, rief der Lord ihm zu. „Ich weiß, wer ihr seid, und Eure Rüstung straft Euch Lügen.“
Erec räusperte sich ermutigt. Vielleicht konnte man tatsächlich vernünftig mit ihm reden.
„Ihr habt gestern eine Frau bei einem Sklavenhändler gekauft.“, erklärte Erec, und die Worte blieben ihm beim Gedanken an Alistair fast im Halse stecken. „Zweifellos wusstet Ihr nicht, wen Ihr gekauft habt. Doch sie ist eine ganz besondere Frau. Sie ist entführt und gegen ihren Willen aus Savaria weggeschleppt und unrechtmäßig hierhergebracht worden.“
„Und wie wisst Ihr von alledem?“, wollte der Lord wissen.
„Sie ist meine Gemahlin.“, antwortete Erec.
Er hörte ein überraschtes Schnaufen, und der Lord sah still auf ihn herab.
„Ich will Euch nichts Unrechtes unterstellen“, fuhr Erec fort, „und gehe davon aus, dass Ihr das nicht wissen konntet, als Ihr sie gekauft habt. Doch nun da Ihr es wisst, fordere ich Euch auf, sie freizulassen, so dass ich sie von hier fortbringen und eine Konfrontation vermeiden kann. Was auch immer Ihr dem Sklavenhändler gezahlt habe, ich werde Euch das Doppelte zurückzahlen.“
„Werdet Ihr?“ rief der Lord amüsiert aus. „Und wenn ich mich weigere?“
Erec war von seiner Antwort schockiert, das hatte er nicht erwartet. Er blickte finster und sein Herz sank.
„Warum solltet Ihr ablehnen?“, rief Erec überrascht.
„Ich werde ablehnen.“, rief der Lord zurück. „Weil ich es so will. Weil mir niemand sagt, was ich zu tun habe. Vielleicht wurde Eure Gemahlin unrechtmäßig entführt. Doch andererseits, vielleicht hättet Ihr als Ihr Gemahl besser auf sie aufpassen sollen. Er spricht nicht gerade für den besten Ritter des Königs, wenn er nicht einmal verhindern kann, dass seine eigene Gemahlin vor seinen Augen entführt
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