Kampf um die Sonne (Orion 05)
weiter.«
Sie konnten auch nichts anderes tun. Die Flotte war unterwegs, und das Schiff wurde mit elektronischen Barrieren an den Boden gefesselt. Versuchte man einen Start, dann würde vernichtende Energie in Aktion treten und das wehrlose Schiff zerstören.
Und Cliff McLane war nicht an Bord.
Tamara Jagellovsk war spurlos verschwunden.
»Wie spät?« fragte Hasso laut, ohne sich zu rühren. Atan Shubashi blickte auf die Uhr.
»Zwanzig Uhr fünfzehn«, sagte er.
Schweigen ...
*
Hier in dieser Zelle war die Szene noch grotesker, die erste Dame des Planeten stand lässig in der geöffneten Tür, ihr gegenüber wie eine sprungbereite Löwin Tamara Jagellovsk, während Cliff auf dem Rand der Liege hockte und schwieg.
Die Frau in dem weißen Kleid lächelte souverän.
»Die Informationen Ihres Sicherheitsoffiziers sind nicht mehr aktuell, Commander McLane«, sagte SIE halblaut. McLane hob den Kopf.
»Natürlich. Inzwischen kommen die Schiffe.«
»Wohl kaum«, erwiderte SIE. »Die Sonnenversuche sind eingestellt worden.«
Cliff stemmte sich hoch und blieb stehen. Er starrte die Frau an, ohne auf Tamara zu achten.
»Ist das wahr?« fragte er heiser.
»Warum sollte ich Sie belügen?« fragte sie zurück.
»Und warum haben Sie sich plötzlich anders entschieden?« erkundigte er sich.
Sie lächelte noch immer.
»Mir war sehr bald klar – dank Ihrer Überredungskunst –, daß von der Erde eine Aktion zu erwarten ist. Als Sie mir erzählten, welche Folgen unsere Versuche für die Sonne der Erde haben, handelte ich. Und Sie hielten mich tatsächlich für derartig naiv, nicht zu merken, unter welchem Zeitdruck Ihre Mission stand?«
McLane zuckte die Schultern.
»Ich dachte, Sie wären halsstarrig, wie alle Frauen«, erwiderte er. »Aber warum haben Sie es dann buchstäblich auf die letzten Sekunden ankommen lassen?«
»Weil ich mich weigerte, daran zu glauben, daß Ihre Generäle tatsächlich losschlagen würden. Ich habe einen Hyperraumspruch abgestrahlt, der von der Erde bestätigt worden ist. Ich glaubte, daß die Anwesenheit eines eigenen Schiffes einen Angriff verhindern könnte. Ich habe mich geirrt.«
McLane legte einen Arm um Tamaras Schultern und ging in die Richtung der Tür. Dort blieb er stehen.
»Das ist nicht gerade ein glänzendes Zeichen der Kunst unserer Staatsmänner«, gab McLane zu.
»Es hat sich seit fünfhundert Jahren auf der Erde nichts geändert«, sagte die Frau nicht ohne Bitterkeit. »Uns blieb nichts anderes übrig, als nachzugeben und auf ein günstiges Ergebnis der Analysen zu hoffen.«
»Heißt das«, erkundigte sich Cliff, »daß wir zurückkehren können?«
Sie trat zur Seite und gab den Weg frei.
»Die ORION darf zurückkehren – und die Besatzung.«
Cliff stutzte und folgte trotzdem der ausgestreckten Hand, die weiter in das Gebäude hinein wies.
»Ich habe mir gestattet, Ihnen einen kleinen Imbiß servieren zu lassen, ehe Sie ins Schiff zurückfliegen«, sagte die Frau.
»Ich danke Ihnen«, erwiderte Cliff zögernd. »Ich werde meinen Aufenthalt auf Chroma in sehr angenehmer Erinnerung behalten.«
Vor ihnen wurde eine breite Tür geöffnet.
»Das hoffe ich«, erklärte die Frau, als sie eintraten, »denn Ihr Aufenthalt fängt jetzt erst richtig an.«
Cliff hielt ruckartig vor dem kleinen, gedeckten Tisch an.
»Wie ... wie soll ich das verstehen?« fragte er.
»Nehmen Sie bitte Platz!«
Sie setzten sich. Auf einem kleinen Tisch standen Geschirr und Gläser in hochmodernen Formen, daneben lagen die silbernen Bestecke. Ein Frühstück, sehr reichhaltig und mit erlesener Sorgfalt zusammengestellt, erwartete sie. Auf einem Nebentisch lagen die beiden Strahler und das Armbandfunkgerät. Cliff beugte sich zur Seite sagte »Entschuldigung« und griff nach dem kantigen Band. Er drückte sofort die Sendetaste und bekam zwei Sekunden später die Bestätigung.
»Hier ist Cliff«, sagte er. »Ihr könnt aufhören zu zittern. Die Gefahr ist restlos beseitigt – die Sonnenversuche sind eingestellt. Ich bin in Kürze bei euch im Schiff. Ende.«
Er legte das Band wieder zurück.
Sie aßen und tranken schweigend, dann wischte Cliff seinen Mund mit der Serviette ab, knüllte sie zusammen und warf sie auf den Teller.
»Wie soll ich das mit dem Urlaub verstehen, gnädige Frau?« fragte er ein zweitesmal.
SIE machte eine umfassende Gebärde.
»Zwischen der Erde und Chroma werden zweifellos langwierige Verhandlungen stattfinden. Wegen der Sonne, wegen des
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