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Kandide oder die beste aller Welten

Kandide oder die beste aller Welten

Titel: Kandide oder die beste aller Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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sein?
    Kandide. Es ist gar nicht möglich.
    Sie fielen sich um den Hals, hingen fest aneinander, konnten nicht zu Worte kommen, strömten sich in Freudentränen aus. Kandide erhielt die Sprache zuerst wieder: So hab' ich den Bruder der reizenden Kunegunde in meinen Armen. Ja er ist's, der Sohn des Herrn Barons. Es ist Junker Polde, der von den Bulgaren getötet wurde! Und ist jetzt Jesuit in Paraguay! Wahrlich, es geht wunderbar her in der Welt! O Panglos! Panglos! wie würdest du dich freuen, wenn du nicht am Galgen hingest.
    Der Kommandant gab seinen Negersklaven und Paraguayern, die ihnen in bergkristallnen Bechern Wein eingeschenkt hatten, einen Wink hinauszugehn. Und nun pries er Gott und den heiligen Ignatus tausendmal und drückte Kandiden an seine Brust. Sie schwammen in Tränen.
    Kandide. Schon so im Rausch der Freude Baron! Oh! viel zu früh! Das vollste Maß von Seligkeit erwartet erst Ihrer! Ihre totgeglaubte Schwester lebt, ist frisch und munter.
    Kommandant. Kunegunde lebte noch? Wäre wohlauf? Wo ist sie denn? wo?
    Kandide. Ganz in der Nähe, beim Herrn Statthalter von Buenos-Aires.
    Nun hub Kandide an, alles zu erzählen, was sich seit seiner Schloßverweisung bis zu seiner Reise nach Amerika zugetragen hatte. Der gejesuitete Baron lauschte mit begierigem Ohr und den vollsten Seelenblicken. Als Kandide seine lange Erzählung geendet hatte, fingen sie als ehrliche Teutsche an, tapfer zu zechen. Und da der Pater Provinzial noch nicht kam, begann der Kommandant seine Erzählung wie folgt. Kandide war ganz Ohr und ganz Herz.

Fünfzehntes Kapitel: Weshalb Kandide den Bruder seines Mädchens tötet
    Der gräßliche Tag, an dem ich Vater und Mutter töten und meine Schwester schänden sah, wird mir nie aus den Gedanken kommen. Nach dem Abmarsch der Bulgaren suchte man meine anbetungswürdige Schwester allenthalben und fand sie nirgends. Meinen Vater, meine Mutter, mich, die Leichname von zwei Mägden und drei kleinen Buben warf man auf einen Karren, um uns nach einer Jesuiterkapelle zu führen, die zwei Meilen von meines Vaters Schloß lag.
    Ein Jesuit besprengte uns mit Weihwasser; es war salzicht wie all der Teufel; einige Tropfen davon spritzten mir in's Auge: der Pater merkte, daß meine Augenlider etlichemal zuckten. Er legte die Hand auf mein Herz und fühlte es schlagen. Die geschicktesten Wundärzte verwandten ihre Kunst an mir, und binnen drei Wochen war ich wieder völlig auf den Beinen. Ein recht hübscher Junge war ich immer, wie Ihr wißt, Kandide, jetzt hatte ich ganz die lachende, blühende Gestalt von Gott Amor. Auch ward der ehrwürdige Pater Krust, der dortige Superior, mein sehr warmer Freund; kleidete mich ein, und sandte mich nicht lange darauf nach Rom. Der Pater General warb damals junge teutsche Jesuiten an. Höchst ungern nehmen die paraguayschen Monarchen Spanier, Ausländer weit lieber, sie denken, sie eher lenken und bändgen zu können.
    Der ehrwürdige Pater General fand mich tüchtig, ein Arbeiter in diesem Weinberge des Herrn zu werden. Ich reiste mit einem Tiroler und Polen hieher. Gleich nach meiner Ankunft ward ich Unterdiakonus und Leutnant, jetzt bin ich Obrister und Priester.
    Und nun, Kandide, laß sie nur kommen, die königlichen Truppen, laß sie nur kommen. Wir wollen sie fegen! Ich bin dir Manns dafür. Sie sollen derbe Schlappen bekommen und den Kirchenbann obenein. Die Vorsehung hat dich noch zur rechten Zeit zu unserm Beistand hergesandt. Aber sag mir, guter Junge, lebt meine liebe Schwester wirklich noch? und ist sie hier in der Nähe beim Herrn Statthalter von Buenos-Aires? „Bei Gott! es ist keine Lüge!"
    Und sie strömten von neuem in Tränen aus. Der Baron hing an seinem Halse, konnte gar nicht los von ihm, nannte ihn seinen Bruder, seinen Retter. O! Kandide, rief er, trauter Kandide! Zögen wir doch erst als Sieger in die Stadt ein und führten Schwester Kunegunden zurück. Mein einziger Wunsch! sagte Kandide, denn ich war Willens, sie zu heiraten, und bin's auch noch. Der Baron riß sich los von ihm, schleuderte ihn zurück. „Übermütiger Bengel! heiraten wollt Ihr meine Schwester! Ihr sie heiraten! Ein Fräulein von zweiundsiebenzig Ahnen! Verdammt über die Unverschämtheit! Und ist so keck, die Bürgerkanalje, und sagt mir die infame Sottise ins Gesicht!"
    Kandide stand da wie Laokoon's Bildsäule und sagte, wie er wieder Worte fand: Mein Wohlehrwürdger Pater, alle Ahnen auf Gottes Erdboden können hier nicht in Anschlag kommen! Ich riß Ihre

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