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Kandide oder die beste aller Welten

Kandide oder die beste aller Welten

Titel: Kandide oder die beste aller Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Schwester aus den Armen eines Inquisitors; sie hat mir nicht wenig Verbindlichkeiten, und deshalb gibt sie mir ihre Hand ganz aus freien Stücken. Magister Panglos hat mir immer gesagt, daß alle Menschen einander gleich sind. Daher können Sie versichert sein, ich heirate sie.
    Wollen sehn, Schurke! Wollen sehn! rief der gejesuitete Baron von Donnerstrunkshausen und gab ihm mit der flachen Klinge einen derben Hieb übers Gesicht. Kandide gleich heraus mit seinem Degen und ihm selbigen bis ans Heft in den Leib gejagt.
    Doch wie er ihn rauchend herauszog, hub er bitterlich an zu weinen. O mein Gott! da hab' ich ihn umgebracht, meinen alten Herrn, meinen Freund, meinen Schwager. Bin solch erzgutes Geschöpf und habe nun schon drei Menschen ermordet! Und unter den dreien zwei Priester.
    Kakambo, der an der Lusthaustüre Schildwacht gestanden, kam hereingesprungen. Jetzt müssen wir uns unsrer Haut wehren, fechten, solang' wir noch einen Finger rühren können! rief ihm sein Herr zu. Unangegriffen bleiben wir gewiß nicht. Kakambo, der den Karrn schon weit ärger hatte im Kote stecken sehn, ließ die Flügel noch gar nicht sinken und schob wieder in einem Hui den Karrn aufs Trockne, und das auf folgende Art: Er warf das Jesuiterkleid des getöteten Baron's seinem Herrn um, setzte ihm das Barett auf, half ihm auf's Pferd und sagte: Nun zugejagt, Herr, was das Zeug hält! Man wird Sie für einen jesuitschen Adjutanten ansehn, und wir werden über die Grenze sein, eh' man uns nachjagen kann. Und damit vorangejagt und auf spanisch gerufen: Platz da! Platz! Ihro Wohlehrwürden kommen, der Herr Obrister!

Sechzehntes Kapitel: Zwei Mädchen und zwei Paviane stoßen unsern Reisenden auf. Wie's ihnen bei den Wilden, die Langohren genamst, ergeht
    Kandide war mit seinem Bedienten schon über die Grenze, und noch krähte im Lager nicht Hund noch Hahn über des teutschen Jesuiten Tod. Der flinke Kakambo hatte seinen Mantelsack mit Pumpernickel, Schokolad, Schinken, Knackwurst, Obst und einigen Maßen Wein gar wohl bespickt. Sie waren schon ziemlich tief in einem wildfremden, ganz ungebahnten Lande, als sie eine schöne Wiese vor sich liegen sahen, von vielen Bächen durchschnitten. Hier ließen sie ihre Gäule weiden, und Kakambo tat seinem Herrn den Vorschlag, zu essen, und ging ihm mit gutem Beispiel vor.
    Ich, Schinken essen, Kakambo, und habe den Sohn des Herrn Barons erschlagen; darf meine Kunegunde in meinem Leben nicht wiedersehn! Wozu hülf es, ein elendes Leben zu fristen, das ich fern von meiner Geliebten in Reu' und Verzweiflung zubringen muß. Und überdem, wie wird das Journal zu Trévoux mir mitspielen, wenn selbiges es erfährt.
    So sprach Kandide und aß dabei ein Stückchen Schinken nach dem andern, trank ein Gläschen aufs andre. Die Sonne ging unter. Unsre Verirrten hörten ein schwaches Gekreisch; es deuchte ihnen Weibergekreisch. Sie wußten nicht, obs Geschrei der Freude oder der Angst war, sprangen auf mit all der Unruh' und Besorgtheit, die man in einem ganz fremden Lande zu haben pflegt, wenn man nur ein Espenblatt rauschen oder einen starken Laut schallen hört. Wie ein Blitz kamen ein paar Mädchen in puris naturalibus über die Wiese weggeschossen und hinter ihnen drein zwei Affen, die sie in die Lenden bissen. Diese Dirnen erhuben jenes Gekreisch.
    Kandiden jammerte der Anblick, er hatte bei den Bulgaren schießen gelernt und hätte wohl eine Nuß aus einem Haselbusch herunterbüchsen können, ohne die Blätter zu streifen. Er schlug seine doppelte spanische Flinte an und erschoß die beiden Affen. Gott Lob, mein lieber Kakambo, sagte er, die armen Mädchen hab' ich aus recht großer Gefahr gerettet. Beging ich Sünde, daß ich einen Inquisitor tötete und einen Jesuiten, so hab' ich jetzt an diesen Mädchen ein recht verdienstliches Werk getan. Ich bin der Retter ihres Lebens. Vielleicht sind sie von vornehmem Stande, und so kann uns dies Abenteuer hier im Lande viel Vorteil verschaffen.
    Er verstummte aber plötzlich, als er sah, daß diese beiden Dirnen zärtlich die Affen umarmten, in Tränen über ihre Leichname schmolzen und mit dem wehmütigsten Geschrei die Lüfte erfüllten. Soviel Güte des Herzens hätt' ich den Mädchen nicht zugetraut, sagte endlich Kandide.
    Kakambo. Sie haben wieder einen schönen Streich gemacht. Die Herren Paviane, die sie eben niedergebüchst, sind ja die feinen Liebchen von den beiden Dirnen! Kandide. Das, ihre Liebhaber! Schäker! wie war das möglich? Wie ist das

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