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Kandide oder die beste aller Welten

Kandide oder die beste aller Welten

Titel: Kandide oder die beste aller Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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noch sonst irgend jemand in Italien können sie gefallen, diese kahlmäuserschen Alfanzereien. Welcher Mann, der nur ein wenig Gefühl fürs Schöne hat, kann die Heirat der Sünde und des Todes und die Schlangen, die Frau Sünde gebiert, lesen, ohne daß sich sein Magen empört! Und seine weitläufige, weitschweifige Beschreibung vom Hospitale gehört nur für einen Totengräber."
    „Dies dunkle, phantastische, ekelhafte Gedicht ward bei seiner ersten Erscheinung verachtet; und ich tue jetzt das, was gegen
Milton
seine Landsleute und Zeitverwandte taten. Übrigens sag' ich, was ich denke, und kümmre mich wenig darum, ob andre ebenso denken wie ich."
    Kandiden hatten diese Urteile ein wenig gebeugt, er hielt den Homer hoch und liebte den Milton. Sie kamen nunmehr vor einen Schrank, worin teutsche Dichter standen. Lassen Sie uns vorübergehn, lieber Martin, flüsterte Kandide ihm zu. Es möchte sonst wieder ein unbarmherziges Gericht ergehn. Wobei mancher von den Herren nicht mehr als sein Recht erhalten würde, sagte Martin. Das wohl, antwortete Kandide, aber er könnte so nebenher meine Lieblinge antasten, und das hielt' ich nicht aus.
    Pococurante beehrte sie noch mit einigen von seinen Urteilen; wir sind's aber satt, mehrere Schiefköpfigkeiten nachzuschreiben, und der Leser ist es auch gewiß, selbige zu lesen. Kandide brummte in den Bart: Ein großer, großer Kopf. Das nenn' ich noch Genie! Dem kann niemand etwas zu Danke machen !
    Nachdem besagtermaßen Pococurantes Bücher die Mustrung passiert hatten, stiegen sie in den Garten herab. Kandide lobte alle dessen Schönheiten. Schönheiten? sagte der Eigner des Gartens. Das nennen Sie Schönheiten? Ist nichts als lauter Flitter- und Klipperkram:
    Ist purer purer Schneider Scherz
Trägt nur der Schere Spur
Und nicht das große, volle Herz
Von Mutterlieb Natur.
    Doch nur Geduld, morgen liegt der ganze Bettel hier in einem Klumpen, und aus dem Schutt und Graus soll ein gar ander Ding aufstehn. Wo man hintritt, wo man hinriecht und hinsieht, soll Natur entgegenwittern, und doch soll's nicht so kunterbunt, so regellos wild sein wie in den so hochgepriesnen Gärten der Engländer.
    Als unsre beiden Neugierigen von dem Illustrissimo Abschied genommen hatten, sagte Kandide zu Martinen: Daß der Mann der Glücklichste unter allen Menschen ist, werden Sie mir doch wohl zugeben; er ist weit über alles erhaben, was er besitzt.
    Martin. Sehn Sie denn nicht, daß er alles dessen überdrüssig ist. Die Mägen sind nicht die besten, hat schon
Plato
vor Jahrhunderten gesagt, die nicht jede Speise vertragen können.
    Kandide. Aber, ist es nicht Wollust, jedes Ding zu bekritteln, Fehler aufzuspüren, wo andre Leute mit ihrer schlechtgeschliffnen Brille nichts als Schönheiten sehn?
    Martin. Das heißt verdolmetscht, es ist Wollust, gar keine Wollust zu genießen.
    Kandide. Nun dann! so bin ich denn allein der Glückliche, wenn ich mein Gundchen in den Armen haben werde.
    Martin. Hoffnung ist noch das Beste, was der Mensch hat!
    Indessen verflossen Tage, Wochen, Monate, und kein Kakambo erschien. Kandide war in einem solchen Meer von Wehmut versenkt, daß es ihm gar nicht einfiel, wie weder Gertrud, noch Bruder Viola wiedergekommen waren und sich für die dreitausend Piaster bedankt hatten.

Sechsundzwanzigstes Kapitel: Kandide und Martin speisten mit sechs Ausländern. Wer diese Ausländer waren
    Eines Tages, als sich Kandide mit Martinen und den Fremden, die mit ihm in eben dem Wirtshause logierten, zu Tische setzen wollte, packt' ihn ein Mensch mit einem Rußgesicht von hinten beim Arme und raunte ihm zu: Daß Sie sich ja reisefertig halten! Vergessen Sie's nicht.
    Kandide dreht sich um und sieht Kakambo'n. Außer Kunegunden konnte kein Anblick für ihn überraschender und erfreulicher sein. Seine Freude artete fast in Wahnsinn aus. Mit der glühendsten Umarmung sagt' er zu ihm: Oh! sie ist also hier, meine Kunegunde! Wo ist sie denn, mein Bester, Einziger? Bring mich doch zu ihr. Laß mich doch mit ihr vor Freude sterben! Kunegunde ist hier nicht, sagte Kakambo; ist zu Konstantinopel.
    „Jesus und Gott! zu Konstantinopel! Doch es tut nichts. Und war' sie in China, ich flöge hin! Mit zu Schiffe! mit!" und Kandide hatte Kakambo'n schon zur Haustür hinausgerissen. Vor Essen kann daraus nichts werden, sagte Kakambo. Weiter kann ich Ihnen jetzt nichts sagen. Nur noch soviel: ich bin Sklave, mein Herr wartet auf mich. Ich muß in den Speisesaal und ihn bedienen. Sein Sie ja

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