Kanonendonner über der Adria
junger Mann, schick, aber nicht extravagant gekleidet. Er schien genauso neugierig auf David zu sein wie dieser auf ihn.
»Ich habe schon so viel von Ihnen gehört, Sir David«, sagte er nach der Vorstellung.
»Dann wirst du auch gehört haben, dass meine liebe Frau und ich privat ein wenig unkonventionell sind. Du bist nun unser lieber Sohn und ich werde Albert zu dir sagen. Und ich bin dein Vater, den du auch duzt und mit Vater, Dad oder Daddy anredest, ganz wie es dir genehm ist. Und wir alle hoffen auf eine harmonische Beziehung, denn wenn du Christina schlecht behandelst, werde ich gewalttätig«, schloss David scherzend.
»Und wenn sie mich schlecht behandelt, stehst du mir dann bei, Dad?«
Christina und ihre Mutter lachten, aber David antwortete: »Nein! Mit seiner Frau muss ein Mann selbst fertig werden. Ich schaffe das ja sogar bei ihrer Mutter.«
»Du, Seebär, was soll das heißen: ›Sogar bei ihrer Mutter‹?«, drohte Britta scherzhaft.
Sie fassten sich alle lachend um, und David hatte den Eindruck, dass er sich in Zukunft gut mit Albert verstehen würde.
Nach dem Essen schlug David Albert einen kleinen Verdauungsspaziergang vor, und keiner widersprach, da alle merkten, dass David Gelegenheit für ein Gespräch unter vier Augen suchte.
Sie fuhren mit einer offenen Kutsche etwa zwei Kilometer. »Dort am Bach ist ein schöner Weg, den ich gern entlanggehe, wenn ich hier bin.«
Der Kutscher wusste, wo er sie wieder aufnehmen musste. Mustafa, der mit auf dem Bock gesessen hatte, griff sein Gewehr und ging etwa zwanzig Meter hinter ihnen. Larry sprang um sie herum und schnüffelte dann auf dem Weg.
»Musst du auch hier eine Wache bei dir haben, Dad?«, fragte Albert.
David zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich nicht, da ich ja erst einen Tag hier bin. Aber der letzte Preis, den der französische Geheimdienst in Portugal für meine Auslieferung zahlen wollte, betrug hunderttausend Dollar plus neue Papiere und Transport nach Amerika. Da könnte sich überall jemand verlocken lassen.«
»Warum bist du ihnen so viel wert?«, wollte Albert wissen.
»Weil ich viele ihrer Pläne vereitelt habe«, antwortete David. »Aber sei mir nicht bös, Albert. Darüber wirst du noch genug hören. Heute würde ich gern etwas von dir erfahren, zum Beispiel, wie du dir deine Arbeit in unserer Firma vorstellst.«
Albert sah David an und erklärte: »Ich habe mit Lady Britta, das heißt mit Mutti, nur vorläufig darüber gesprochen, denn sie wollte dir nicht vorgreifen. Aber es geht im Kern darum, dass die vier Bereiche Gutswirtschaft, Textilfirmen, Schiffsausrüstung und Küstenreederei eures Familienunternehmens getrennt bilanzieren müssen. Man muss wissen, welcher Bereich welche Gewinne und Verluste macht, ob es sinnvoll ist, dass ein Bereich den anderen bei Einkäufen bevorzugt, und so fort. Wir müssen den Außenhandel auch auf sichere vertragliche Grundlagen stellen, soweit das bei weniger gut bekannten Kunden wünschenswert erscheint. Und wir müssen bei der Expansion ins Ausland, die Mutti jetzt plant, die ausländischen Regeln in Verkauf und Bankwesen beachten. Das können die jetzt Verantwortlichen nicht ohne Hilfe leisten.«
David nickte. »Das leuchtet mir ein. Aber woher hast du die erforderlichen Kenntnisse, die den anderen fehlen?«
Albert lächelte. »Meine Ausbildung war anders. Ich könnte Charles nie das Wasser reichen, wenn es um Tierzucht und Getreideanbau geht. Aber ich bin gelernter Bankkaufmann und habe im letzten Frieden auch ein halbes Jahr in einer französischen Bank gelernt. Da mein Vater Teilhaber der Bank war, hat er dafür gesorgt, dass ich in allen Abteilungen die besten Mentoren hatte. Ich weiß vom Vertragsrecht mehr als die meisten Anwälte und kann mit fremden Banken über Zinsen und Wertpapiere verhandeln. Ich glaube, eure Firma bietet mir ein vielseitiges und interessantes Aufgabengebiet, dem ich mich mit aller Kraft widmen will.«
»Und wo willst du mit Christina wohnen?«
»Wir dachten, dass wir uns erst ein Haus in Portsmouth mieten, da wir von dort alle Firmensitze gut erreichen können und da dort auch das Zentrum unserer Bankverbindungen liegt. Wenn der Krieg beendet ist, wird man sehen, ob sich etwas ändert.«
David stimmte zu. »Das klingt vernünftig. Aber sag mal, Albert, hast du nie daran gedacht, in Heer oder Flotte zu dienen?«
Albert schwieg lange. »Niemand möchte am ersten Tag einen schlechten Eindruck auf seinen Schwiegervater machen, aber wenn ich
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