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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Schon wünschte er, Pallisers knappen Ratschlag beachtet zu haben, den dieser seinen jungen Kameraden kurz vor dem Verlassen der Gig gegeben hatte: »Man wird versuchen, Sie betrunken zu machen. Passen Sie also auf!« Das war vor fast zwei Stunden gewesen, aber es schien Bolitho viel länger her.
    Sie saßen in einem Saal mit gewölbter Decke, an den Wänden hingen farbenfrohe Gobelins, deren Pracht noch verstärkt wurde durch Hunderte von Kerzen in den glitzernden Kristall-Lüstern über ihnen und auf den mehrarmigen Leuchtern, die in regelmäßigen Abständen auf der Tafel standen und aus purem Gold sein mußten.
    Die Offiziere der Destin y waren sorgsam am Tisch verteilt und bildeten blau-weiße Flecken zwischen den prächtiger gekleideten übrigen Gästen, alles Portugiesen. Die meisten sprachen kaum englisch und riefen einander mit erhöhter Lautstärke zu, wenn sie sich etwas übersetzen lassen oder ihrem Tischnachbarn etwas erklären wollten. Der Kommandeur der Küstenbatterien, ein Faß von einem Mann, wurde an Lautstärke und Appetit nur von Dumaresq übertroffen. Gelegentlich neigte er sich einer der Damen zu, brüllte vor Lachen oder schlug mit der Faust auf den Tisch, um seine Bemerkungen zu unterstreichen.
    Eine kleine Armee von Dienern trug eine nicht endenwollende Folge von Gerichten auf: von gekochtem, köstlich schmeckendem Fisch bis zu riesigen Platten mit geschmortem Rindfleisch. Und während der ganzen Zeit floß der Wein immer wieder wie von selbst in ihre Gläser, roter Wein aus Portugal oder Spanien, herber Weißwein aus Deutschland und milde Sorten aus Frankreich. Egmont war sehr großzügig. Bolitho hatte den Eindruck, daß er selber wenig trank und seine Gäste mit einem ironischen Lächeln beobachtete.
    Es tat fast weh, Egmonts Frau am gegenüberliegenden Ende der Tafel anzuschauen. Sie hatte Bolitho kurz zugenickt, als er ankam, we iter nichts. Und jetzt fühlte er sich zwischen einem portugiesischen Schiffshändler und einer runzligen Dame, die unaufhörlich aß, unbeachtet und irgendwie verloren.
    Mrs. Egmonts Anblick war atemberaubend. Sie hatte sich wieder in Weiß gekleidet, das ihre Haut golden schimmern ließ. Das Kleid war vorne tief ausgeschnitten, und um den Hals trug sie ein Geschmeide, das einen doppelköpfigen aztekischen Vogel darstellte, dessen lange Schwanzfedern mit Rubinen besetzt waren, wie Rhodes sachkundig festgestellt hatte.
    Wenn sie den Kopf wandte, um mit einem Gast zu sprechen, tanzten die rubinbesetzten Schwanzfedern zwischen ihren Brüsten, und Bolitho stürzte ein weiteres Glas Rotwein hinunter, ohne zu bemerken, was er tat.
    Colpoys war bereits halb betrunken und schilderte seiner Tischnachbarin ausführlich, wie er einmal im Schlafzimmer einer Dame von ihrem Ehemann überrascht worden war.
    Palliser hingegen schien unverändert. Er aß bedächtig und hielt sein Glas immer halb gefüllt, während Rhodes seiner selbst nicht mehr ganz sicher schien. Seine Zunge war schwer, seine Bewegungen wirkten fahriger als zu Beginn des Mahls. Nur der Schiffsarzt genoß Essen und Trinken, ohne daß es ihm etwas antat.
    Dumaresq war unglaublich in Form. Er wies kein Gericht zurück und schien völlig gelöst. Seine starke Stimme reichte über den ganzen Tisch, hielt hier eine einschlafende Konversation in Gang oder rief dort einen seiner Offiziere zur Ordnung.
    Einmal rutschten Bolithos Ellenbogen vom Tisch, so daß er beinahe nach vorn zwischen die Teller gefallen wäre. Der Schock half ihm, sich zusammenzureißen und zu erkennen, wie stark die Getränke wirkten. Nie wieder!
    Er hörte Egmont sagen: »Ich glaube, meine Herren, wenn die Damen sich jetzt zurückziehen, sollten wir in einen kühleren Raum überwechseln.«
    Irgendwie schaffte es Bolitho, rechtzeitig auf die Füße zu kommen und der runzligen Dame aus ihrem Stuhl zu helfen. Als sie den anderen Damen zur Tür folgte, welche die Männer sich selber überließen, kaute sie immer noch.
    Ein Diener öffnete eine andere Tü r und wartete, daß Egmont seine Gäste in einen Raum mit Ausblick zur See führte. Dankbar trat Bolitho hinaus auf die Terrasse und lehnte sich an die Steinbrüstung. Nach der Hitze der Kerzen und dem vielen Wein wirkte die Luft hier rein wie ein Bergquell.
    Er schaute zum Mond auf und dann hinüber zum Ankerplatz der Destiny, aus deren offenen Stückpforten Licht fiel und sich im Wasser spiegelte, als ob das Schiff brenne.
    Der Schiffsarzt trat zu Bolitho an

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