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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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würde er sich doch von ihm nicht anschmieren lassen.
    Bolitho rekapitulierte noch einmal, was er bisher über sein neues Schiff erfahren hatte: drei Jahre alt, hatte der zerlumpte Träger gesagt. Er sollte es wissen. Denn ganz Plymouth grübelte darüber, warum man sich in diesen schweren Zeiten solche Mühe mit der Ausrüstung und Bemannung einer Fregatte machte.
    Im übrigen: Mit achtundzwanzig Kanonen bestückt, dabei schnell und beweglich, war die Destiny ein Schiffstyp, von dem die meisten jungen Offiziere träumten. Im Krieg war eine Fregatte nur lose der Flotte zugeordnet, war schneller als jedes größere Schiff und stärker als jedes kleinere: kurz, ein Faktor, mit dem man rechnen mußte. An Bord einer Fregatte gab es auch bessere Aussichten auf frühzeitige Beförderung, und später – wenn man den Gipfel, nämlich das Kommando über solch ein Schiff, erreicht hatte – bot sie auch Aussicht auf kühne Unternehmungen und reiche Prisengelder.
    Bolitho dachte an sein letztes Schiff, das Linienschiff Gorgon : vierundsiebzig Kanonen, riesengroß und plump, mit einem Gewimmel von Menschen, mit gewaltigen Segeln, meilenlangem Tauwerk und riesigen Masten und Rahen. Es war außerdem eine Schule gewesen, eine sehr strenge Schule, in der die jungen Kadetten und Fähnriche vieles lernen mußten, vor allem aber, ihre Gefühle zu beherrschen und auch Ungerechtigkeiten zu ertragen.
    Bolitho schaute hoch, als der Bootsmann sagte: »Müßte jetzt in Sicht kommen, Sir.«
    Bolitho spähte nach vorn, froh über die Unterbrechung. Was hatte seine Mutter gesagt, als er sich von ihr in dem großen grauen Haus in Falmouth verabschiedet hatte? »Wirf alles hinter dich, Dick. Du kannst nichts ungeschehen machen. Darum paß jetzt auf dich auf. Die See taugt nicht für Träumer.«
    Die Nebelwand wurde erst dunkler und teilte sich dann, als das vor Anker liegende Schiff aus dem Dunst auftauchte. Das Boot näherte sich seinem Bug von der Steuerbordseite und schwabberte unter dem weit vorragenden Klüverbaum nach achtern. Wie Bolithos neue Uniform auf der nassen Pier, so schien die Destin y in den trüben Nebelschwaden zu schimmern.
    Von ihrer schlank wirkenden, schwarz-gelben Bordwand bis zu den drei Mastspitzen war sie ein Vollblut. Ihre Wanten, Stage und Pardunen waren neu geteert, ihre Rahen sauber quergebraßt, und jedes Segel war sorgfältig aufgetucht. Bolitho schaute zur Galionsfigur empor, die ihn zu begrüßen schien. Es war die schönste Figur, die er je gesehen hatte: ein barbusiges Mädchen, dessen ausgestreckter Arm auf den fernen Horizont zu weisen schien. In der anderen Hand hielt es einen Lorbeerkranz. Nur die goldenen Blätter und die starren blauen Augen setzten Farbakzente in das reine Weiß der Gestalt.
    Zwischen zwei Riemenschlägen erläuterte der Bootsmann: »Man sagt, der Holzschnitzer hat seine junge Braut als Modell für die Figur benutzt, Sir.« Er zeigte grinsend seine häßlichen Zähne. »Ich wette, er hat ein paar Kerls wegboxen müssen, ehe er sie bekam.«
    Bolitho musterte die Fregatte, als sie an ihrer Bordwand entlangdümpelten, und sah, daß sich ein paar Leute auf der Laufbrücke hoch über ihm zu schaffen machten. Sie war ein schönes Schiff. Er hatte Glück gehabt.
    »Boot ahoi!«
    Sein Bootsmann antwortete: »Aye! Zur Destiny !«
    Bolitho bemerkte einige Bewegung an der Fallreepspforte, aber keine große Aufregung. Die Antwort auf den Anruf hatte genug ausgesagt. »Aye« hieß: Das Boot brachte einen Offizier, der aber nicht alt genug war, um jemanden an Bord zu beunruhigen, geschweige denn den Kommandanten.
    Bolitho stand auf, als zwei Matrosen ins Boot sprangen, um es festzuhalten und seine Kiste herauszuholen. Bolitho musterte sie kurz. Er war noch nicht ganz achtzehn Jahre, aber seit seinem zwölften Lebensjahr auf See und hatte in dieser Zeit gelernt, Matrosen einzuschätzen.
    Sie sahen kräftig und zäh aus, aber das Äußere konnte manches verbergen. Viele Seeleute waren der Auswurf von Gefängnissen und Schwurgerichten, die man an Bord geschickt hatte, anstatt sie zu deportieren oder dem Henker zu übergeben.
    Die Matrosen traten in dem dümpelnden Boot beiseite, als Bolitho dem Ruderer Geld gab. Der Mann steckte es in sein Wams und grinste. »Danke, Sir. Und vi el Glück!«
    Bolitho kletterte das Fallreep hoch und trat durch die Pforte im Schanzkleid aufs Deck der Fregatte. Er staunte über den Unterschied zu einem Linienschiff, obwohl er ihn erwartet hatte. Die Destiny schien nahezu

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