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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Alterungsprozess seines Körpers hatte schon vor langer Zeit – Zeit, wie seltsam, diesen Begriff hier im Null zu verwenden – aufgehört. Agorax musterte ihn und fragte sich, warum Pergamon hierher gekommen war. Die Angehörigen des Zirkels verließen Äon nur selten. Er blickte in die großen schwarzen Augen, die das faltige, V-förmige Gesicht dominierten, und versuchte vergeblich, das Leuchten in ihnen zu deuten.
    »Das ist richtig«, erwiderte Agorax unverbindlich.
    Pergamon schritt durch das Beobachtungszentrum, dessen Wände an vielen Stellen völlig transparent waren. Während er langsam einen Fuß vor den anderen setzte, blickte er hinaus, nicht zur Wabenstadt, sondern zu den Beobachtungstunneln. Hunderte gingen von Äon aus und reichten ins Grau des Null, wie Adern, in denen aber kein Blut floss, sondern Informationen. Die Kantaki und Feyn hatten alle temporalen Türen und Pforten geschlossen, alle Zeitportale blockiert. Es konnten keine Transfers durch die Zeiten des Universums mehr stattfinden – Äon und die Zeitflotte saßen im Null fest, und mit ihnen die Eternen in der Stadt und an Bord der Schiffe. Aber die Beobachtungstunnel gestatteten es den Observanten, in die verschiedenen Epochen des Universums zu sehen und jene Entscheidungspunkte zu erkennen, an denen ein einziges manipuliertes Zeitquant akkumulierende Veränderungen bewirken konnte. Wenn sie solche Punkte fanden, begannen Suggestoren wie Agorax damit, Einfluss zu nehmen. Sie trugen große Verantwortung …
    »Sie tragen große Verantwortung«, sagte Pergamon, als hätte er Agorax’ Gedanken gelesen, und vielleicht war das tatsächlich der Fall. »Sie bahnen uns allen einen Weg zurück.«
    »Wir sind vorsichtig«, entgegnete Agorax und fragte sich erneut nach dem Grund für den Besuch des Säkularen.
    »Die Wächter auf Munghar halten ständig Ausschau«, betonte Pergamon. Er bewegte sich noch immer, und die sich überlappenden Schuppen an seinem Leib knisterten leise. »Sie dürfen keinen Verdacht schöpfen.«
    »Sie sind wachsam, aber sie ahnen nichts.«
    Pergamon blieb stehen, den Blick noch immer nach draußen gerichtet. »Geduld, Agorax. Darauf kommt es an. Wir müssen geduldig sein. Falscher Eifer könnte unsere letzte Chance ruinieren.«
    »Das ist mir klar.« Agorax zögerte und beschloss dann, ganz offen zu fragen. »Warum sind Sie hierher gekommen, Säkularer?«
    Pergamon drehte sich um. »Weil ich etwas … fühle. Nennen Sie es Intuition. Wie ist die gegenwärtige Lage?«
    Agorax winkte kurz, und eine der im großen Raum schwebenden Kontrolleinheiten flog auf ihn zu. Die Tentakelfinger einer Hand glitten über Schaltelemente, und sofort veränderten sich die Wände des Beobachtungszentrums. Hunderte von Darstellungsbereichen bildeten sich und zeigten, was die Observanten am Rand des Null sahen: die komplexen Strukturen der Zeit, hier stark und fest, dort schwach und zerbrechlich. Keine der schwachen Stellen war groß genug, damit ein Eterner sie passieren konnte, von der Zeitflotte ganz zu schweigen. Nur kleine Dinge konnten in die Zukunft geschickt werden, zum Beispiel die Gedanken eines Suggestors.
    Agorax betätigte weitere Kontrollen und fügte den komplexen Zeitstrukturen Wahrscheinlichkeitsmuster hinzu. Daraufhin wurde das Entwicklungspotenzial der einzelnen Stellen sichtbar. In den meisten Fällen war es sehr niedrig.
    Ein Signal erklang, und eine andere Kontrolleinheit schwebte Agorax entgegen. Ein Schaltelement auf ihr glühte heller als die anderen.
    »Mit Ihrer Erlaubnis, Säkularer …«
    Pergamon vollführte eine zustimmende Geste. »Natürlich.«
    Agorax berührte das glühende Element, und direkt vor ihm entstand ein energetisches Auge, das ihn mit einem ganz bestimmten Beobachtungstunnel verband. Der dortige Observant wandte sich ihm zu.
    »Wir haben einen Kontakt.«
    Agorax konzentrierte sich. »Ich bin bereit.«
    Das energetische Auge wuchs, nahm ihn auf und erlaubte es seinen Gedanken, den Kontakt zu berühren. Ein Teil seines Selbst wurde in einen Korridor projiziert, der durch die Zeit führte, in die Zukunft, den Gedanken und Gefühlen eines Tarufs entgegen. Agorax hatte viele solcher Kontakte hinter sich – Personen in verschiedenen Zeiten, in tausenden von Galaxien –, aber immer gelang es ihm, sich sofort an alle individuellen Einzelheiten zu erinnern.
    Der Taruf befand sich in einem kleinen Zimmer, dessen Wände einmal Teil eines Zeitportals gewesen waren.
    »Er ist hier gewesen«, sagte er

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