Kantaki 02 - Der Metamorph
Kragen des Ärztekittels stand. Sie deutete auf den Stuhl vor dem Schreibtisch, nahm selbst dahinter Platz. Ein alter Datenservo summte in der Ecke. »Wir haben viele Patienten«, fügte sie hinzu und deutete zum Fenster, durch das man in einen der Rekonvaleszenzsäle des Hospitals blickte. »Bitte fassen Sie sich kurz.«
»Vorgestern Nacht wurde ein junger Patient mit einer Schusswunde eingeliefert«, sagte Lutor. »Ein gewisser Raimon.«
Elisabeth beugte sich vor und sah ihn ungläubig an. »Sind Sie deshalb den ganzen weiten Weg nach Kerberos gekommen? Wegen Raimon !«
Eine intelligente Frau, fand Lutor, mit einem inneren Feuer. Das gefiel ihm. Und ihr Gesicht gefiel ihm ebenfalls. Er dachte daran, es Korduns Welt hinzuzufügen.
»Natürlich nicht«, sagte er ruhig. Draußen flackerte ein Blitz, und unmittelbar darauf donnerte es. Noch immer strömte Regen herab und hämmerte aufs Dach des primitiv anmutenden Hospitals. »Aber es wäre durchaus möglich, dass er in die größere Angelegenheit verwickelt ist, um die es mir geht. Was hat sich bei den Untersuchungen ergeben?«
Die Ärztin wandte sich den Kontrollen des Datenservos zu, und Lutor beobachtete sie voller Interesse. Ja, eine faszinierende Frau. Kordun würde zweifellos an ihr Gefallen finden. Lutor stellte sich vor, wie der Krieger sie in seine starken Arme schloss, wie sie sich ihm willig hingab…
Ein pseudoreales Darstellungsfenster öffnete sich über dem Schreibtisch, und Bilder eines Jungen erschienen. Deutlich war eine Schussverletzung in der Brust zu sehen. Daneben glitten medizinische Daten vertikal durch ein Textfeld.
»Das Projektil steckte dicht neben dem Herzen.«
»Ich weiß. Er wurde hier operiert und hat sich innerhalb weniger Stunden erholt. Am nächsten Tag verließ er dieses Hospital in Begleitung eines gewissen Eklund.«
Elisabeth musterte ihr Gegenüber. »Sie haben sich gut informiert. Warum sind Sie hierher gekommen, wenn Sie schon alles wissen?«
»Ich habe mit zwei Augenzeugen der Schießerei gesprochen. Sie sind sicher, dass Raimon tot gewesen ist.«
Die Ärztin lachte humorlos. »Tote werden nicht einfach wieder lebendig.«
Kommt darauf an, dachte Lutor. »Als Raimon hier eintraf, lebte er noch?«
»Ja. Wie gesagt, das Projektil steckte dicht neben seinem Herzen. Er wurde sofort operiert.«
»Bei den Untersuchungen hat sich nichts Ungewöhnliches ergeben?«
»Nein.«
»Blut, Gewebe, Biostruktur… Alles normal?«
Elisabeth deutete ins Darstellungsfeld. Bei den medizinischen Daten handelte es sich tatsächlich um normale Werte.
»Wie konnte sich Raimon von einer so schweren Verletzung so schnell erholen?«
»Eklund vermutet, dass er ein Selbstheiler ist. Offenbar der Erste seiner Art. Haben Sie von der Kraft gehört?«
Lutor nickte. »Ich habe darüber gelesen.«
»Es gibt sie nur hier auf Kerberos. Die Mitglieder der so genannten Aufgeklärten Gemeinschaft, die in der Zitadelle wohnen, können irgendwie darauf zugreifen und damit heilen, kleine Dinge ebenso wie große. Erstaunlicherweise sind sie nicht imstande, sich gegenseitig Hilfe zu leisten oder sich selbst zu heilen. Bei dem Jungen liegt der Fall offenbar anders.«
Lutor sah die Ärztin schweigend an.
»Die Kraft existiert tatsächlich«, fügte sie ein wenig verunsichert hinzu. »So seltsam es auch klingen mag.«
»Wissen Sie, dass es in der Zitadelle zu einem Mord kam?«
»Was?«
»Ein gewisser Bruder Xalon wurde ermordet. Die Sekuritos vermuten jedenfalls, dass es sich um Mord handelt. Er ist explodiert. Und zuvor kam es zwischen ihm und Bruder Eklund und dem Jungen zu einer Konfrontation.«
Die Ärztin schwieg einige Sekunden. »Wollen Sie damit sagen…«
Lutor schüttelte den Kopf. »Ich will damit gar nichts sagen. Ich stelle nur Tatsachen fest.« Er betrachtete erneut die Bilder im Darstellungsfeld, überflog noch einmal die medizinischen Daten. Ein toter Junge, der wieder zum Leben erwacht war und sich innerhalb weniger Stunden von einer schweren Schussverletzung und einer Operation erholte…
Er stand auf. »Danke für…« Lutor unterbrach sich, als ein akustisches Signal von seinem Kom-Servo kam. Er holte das kleine Gerät hervor, hob es zum Ohr und lauschte mehrere Sekunden lang.
»Wann ist das geschehen?«, fragte er und hörte erneut zu. »Ich bin unterwegs.«
Lutor steckte den Kom-Servo wieder ein und sah die Ärztin an. Die grünen Augen in ihrem müden Gesicht blickten nur aufmerksam, nicht neugierig.
»Vielleicht
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