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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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anzupeilen?«
    Elisabeth nickte langsam. »Das müsste sich eigentlich bewerkstelligen lassen. Aber was…«
    »Bitte komm so schnell wie möglich und nimm uns auf.«
    »Ist Raimon bei dir?«
    »Ja. Und uns bleiben nur noch wenige Minuten. Bitte, es ist wirklich eilig.«
    »Ich bin unterwegs.«
     
    Lutors Gedanken verließen eine dunkle Welt des Schmerzes, und eine Zeit lang genoss er einfach nur die Abwesenheit der Qualen. Dann reifte die Erkenntnis in ihm heran, dass er noch lebte, und damit einher gingen Staunen und profunde Erleichterung.
    Er öffnete die Augen, sah Wand und Decke des Anderswelten-Zimmers seiner Suite im Hotel Caravel. »Programm… sofort… beenden«, sagte er, wie mit dem Echo einer Stimme.
    »Das Programm ist beendet«, antwortete der AW-Datenservo.
    »Bin ich… verletzt?«, fragte Lutor und stellte fest, dass das sensitive Kabel nicht mehr mit dem Bio-Servo in seinem Nacken verbunden war.
    »Die biometrische Überwachung hat extremen psychischen Stress festgestellt. Eine Ruhephase wird dringend empfohlen.«
    »Ich bin also… nicht verletzt?« Lutor sah an sich herab, und schon diese kurzen Bewegungen des Kopfes ermüdeten ihn.
    »Bestätigung. Es gibt keine physischen Beeinträchtigungen.«
    Was hat mich gerettet?, dachte Lutor, doch diese Frage verlor schnell an Bedeutung, als sich Mattigkeit in ihm ausdehnte. Er gab ihr nach und schlief ein.
     
     

KiTamarani
T RÄUME
     
    Reduktion…
    Zurück zum Wesentlichen, zum Kern, zum Ausgangspunkt. Besinnung auf das, was letztendlich Bedeutung hatte. Und von jener Quintessenz aus neues Wachstum, eine neue Schale für das Ich/Wir, für das primäre und sekundäre Selbst, eine Schale, die all das aufnahm, was zuvor gewesen war, alle Erinnerungen und Erfahrungen.
    So wäre es normalerweise der Fall gewesen.
    Aber hier fehlte das Wir/Ich, die kollektive Existenz des Konziliats. KiTamaranis primäres Selbst war verletzt gewesen, zerrissen und zerfetzt, und hatte nicht alle memorialen Elemente ans sekundäre Selbst und in die Reduktion weitergeben können. Hinzu kam die Nähe des Omnivorkeims, betäubt und apathisch, aber präsent.
    KiTamarani schlief, und ihre Erneuerung blieb fragmentarisch. Jahrmillionen verstrichen, und während sich die Welt veränderte, während sich Sedimente bildeten und sowohl die Kapsel als auch den Keim umschlossen, dauerte der Schlaf an. Er dauerte länger als jemals ein Erneuerungsschlaf zuvor, und er blieb unvollständig. Das sekundäre Selbst, im Koma der Reduktion, wusste davon, und die Rudimente des Ich/Wir begriffen auch, dass die Gefahr keineswegs vorüber war. KiTamarani blockierte den Keim, und der Keim blockierte sie. Beide träumten, und die Träume wurden zu Waffen.
    In ihren Träumen dehnte sich KiTamarani aus, über die Grenzen der Kapsel hinaus, und leistete dem Leben Gesellschaft, das sich überall auf dem Planeten weiterentwickelte. Sie hörte die Schöpfungsmelodie der kosmischen Saiten, geschaffen von den Prävalenten, wie sie sich vage erinnerte, und ließ sich von ihren Harmonien zu einer Vibration anregen, die auf das Leben um sie herum Einfluss nahm. Ein Plan in dem Sinne war es nicht, eher eine instinktive Reaktion, ein Urprogramm in ihrem unvollständigen Ich/Wir. KiTamarani brauchte etwas, das das Gleichgewicht zwischen Keim und Kapsel zu ihren Gunsten veränderte, sie zuerst erwachen ließ, damit sie die Gefahr endgültig neutralisieren konnte.
    Und so machte sie das Leben auf dem Planeten zu ihrem Leben. In den Träumen, die das subtile Gewebe der Realität berührten, sang sie das Lied der Schöpfung und veränderte, ohne die ureigene Essenz des planetaren Lebens zu beeinflussen. Sie schuf eine besondere Art von Symbiose, half und ließ sich helfen. KiTamarani stellte fest, dass sich beim Fall der Kapsel Teile von ihr gelöst hatten, und es gelang ihr, eine Verbindung mit ihnen zu schaffen und sie in Sekundanten zu verwandeln, in wartende Komponenten des Ich/Wir.
    Viele Organismen auf dem Planeten empfingen die Melodie der Schöpfung, und es kam bei ihnen zu einem langsamen globalen Strukturwandel. Die von den Träumen der Konziliantin beeinflusste Evolution ließ spezielle Entero- und Exterorezeptoren entstehen, ausgestattet mit einem hohen Maß an Flexibilität. Ein Großteil des Lebens strebte einem Ziel entgegen: Kommunikation.
    Während KiTamarani träumte und veränderte, begann in ihrer Kapsel die Palingenese. Die Reduktion betraf auch die Basissysteme und die übergeordneten Lagen

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