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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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fast senkrecht in eine Tiefe, die sich weit unter der Insel – beziehungsweise tief unten in der Höhle – befinden musste. Ein Wandsegment zwischen zwei Tunnelzugängen…
    Ein Gesicht zeichnete sich in der Wand ab, unter einer festen, transparent gewordenen Schicht: schwammig, wie aufgedunsen, die linke Hälfte starr, die rechte voller Entsetzen.
    »Professor Ulgar…«, sagte Stokkart.
    » Ich bin ihm entkommen « , flüsterte es aus der Wand. » Für wie lange, weiß ich nicht. Die anderen versuchen, ihn aufzuhalten. Sie sind ebenfalls hier, die anderen. Hopkins, Frilor und so weiter. « Das Gesicht schwoll an, und die Hände des Professors wurden sichtbar, pressten sich von der anderen Seite an die transparente Wand, die Ulgar vom Autokraten trennte. » Bitte, holen Sie uns hier heraus. Ich beschwöre Sie! Helfen Sie uns! « Ruckartig drehte Ulgar den Kopf, blickte zur Seite und riss die Augen auf. » Nein, bitte, bestraf mich nicht, nein, ich… «
    Etwas traf den Professor, etwas, das für Stokkart ohne Gestalt und ohne Substanz blieb, den Professor jedoch aufschreien ließ. Ulgars Gesicht verschwand, und von der linken Seite kam ein Schemen, wie ein vager Schatten unter bedecktem Himmel. Eine Silhouette verharrte, klein, vornübergebeugt, der Rücken bucklig.
    Ein neues Gesicht erschien, runzlig, mit langer, spitzer Nase und erstaunlich großen grünbraunen Augen. » Möchtest du das Spiel spielen?«, fragte Olkin, und die letzten drei Worte klangen normal, denn der kleine Humanoide war aus der Wand herausgetreten und stand direkt vor Stokkart.
    Stokkart lief los, nur beseelt von dem Wunsch, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und Olkin sowie das schreckliche Bild des Professors in der Wand zu bringen.
    Er hastete durch unmöglich lange Korridor, begleitet vom Geräusch seiner Schritte und einem lauter werdenden Keuchen. Er eilte Treppen hinauf und hinunter, verlor in steilen Tunneln das Gleichgewicht, fiel und rutschte, einmal Dutzende von Metern weit. Er hatte das Gefühl, Kilometer zurückzulegen, und das in einem zapfenförmigen Gebilde, das an der Basis nur fünfzig Meter breit war und sich nach oben hin verjüngte. Es schien sich um einen ähnlichen Effekt zu handeln wie im Innern der von den Kantaki auf vielen Welten erbauten Sakralen Pagoden, die innen angeblich mehr Platz boten, als die äußeren Maße zuließen. In einem entlegenen Winkel seines Bewusstseins fragte sich der Autokrat, ob es einen Zusammenhang gab zwischen dem Zapfen, der sich im Innern des Artefakts befand, und den Kantaki.
    Irgendwann blieb er stehen, erschöpft, nach Atem ringend, von der Sinnlosigkeit einer derartigen Flucht überzeugt. Er musste überlegen, seine Situation einschätzen und verstehen, nach einem Ausweg suchen…
    Stille umgab ihn. Hier erreichten ihn weder das Flüstern in den Wänden noch die näselnde Stimme des zwergenhaften Humanoiden.
    Am Ende des langen Korridors, in dem er stand, gab es eine Tür, schmal wie alle anderen im Zapfen, und schwarz wie die Nacht. Stokkart wusste plötzlich, dass er hinter jener Tür Antworten auf seine Fragen finden konnte, und so setzte er sich wieder in Bewegung, ging mit zielstrebigen, hoffnungsvollen Schritten weiter. Als er die Tür erreichte, die überhaupt keine Markierungen aufwies und völlig glatt war, streckte er die Hand nach dem Knauf aus, drehte ihn…
    Die Tür blieb geschlossen, wie jene, die er bei seiner Ankunft im Zapfen hatte öffnen wollen. Stokkart erinnerte sich an Olkins Worte bei jener Gelegenheit. Die Türen lassen sich erst öffnen, wenn alle Spieler da sind.
    Stokkart wandte sich von der schwarzen Tür ab – und sah in einen Flur, der sich endlos vor ihm zu erstrecken schien, viele Kilometer weit, und rechts und links in den Wänden gab es weder Türen noch Fenster.
    Und dann wich das Licht aus dem Flur. Es sickerte fort, wie Flüssigkeit durch einen Abfluss, und Dunkelheit kroch heran, verschlang Konturen und Einzelheiten, verwandelte alles in uniforme Schwärze. Stokkart stand reglos da und wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er hinter sich ein leises Rascheln hörte. Instinktiv drehte er sich um…
    Ein diffuses Glühen kam aus den Wänden rechts und links von der schwarzen Tür, und es spiegelte sich in Olkins grünbraunen Augen wider. »Es ist wieder so weit«, sagte der dürre, halbnackte Humanoide. »Wir müssen das Spiel spielen.«
    Er trat an Stokkart vorbei, und dort, wo sich vor der Dunkelheit ein endloser Korridor

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