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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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aus kognitiven Domänen, mit all den vielen individuellen Funktionsbereichen. Solare Energie für die Erneuerung von KiTamaranis Schale stand nicht zur Verfügung, dafür aber geothermische, und als Millionen von Jahren verstrichen, kam dieser Prozess schneller voran als die Wiederherstellung des Ich/Wir.
    Schließlich war die Erneuerung der Schale so weit vorangeschritten, dass…
    Agens: Zustand… verbessert. Sammle Energie.
    Epochen vergingen.
    Agens: Zustand… wird stabil. Integrität… fast wiederhergestellt. Kollektoren nehmen weiter Energie auf.
    Zeit tropfte und rann.
    Agens: Gefahr. Keim befindet sich in der Nähe und beginnt zu erwachen.
    Zeit strömte.
    Agens: Reaktion erforderlich.
    Aber KiTamarani schlief weiter und wartete auf jemanden, der sie weckte.
     
     

32  Spiele
     
Kerberos
17. April 421 SN
09:00 Uhr
     
    Als Stokkart erwachte und die Augen öffnete, sah er ein sonderbares Zwielicht, ein mattes Glühen, das aus keiner bestimmten Richtung kam, wie in Nebel gestreutes Licht. Und dieser Dunst, der den kleinen Raum zu erfüllen schien, löste sich innerhalb von zwei oder drei Sekunden auf, verschwand wie die Erinnerung an einen Traum.
    Der Autokrat zwinkerte und fragte sich, ob er ihn wirklich gesehen hatte.
    Er stand auf und betrachtete das »Bett«, in dem er geschlafen hatte: eine Pritsche, die wie etwas wirkte, das aus der grauweißen Wand herausgewachsen war, ungefähr einen Meter breit und weich. Stokkarts Blick glitt durchs Zimmer. Ein Stuhl, ein Tisch, mehrere Regale an der gegenüberliegenden Wand, darin unregelmäßig geformte Gegenstände. Kein Fenster, nichts, das Blick nach draußen gewährte. Eine Tür, erstaunlich schmal, wie alle Türen im… Zapfen. Wenn dies noch immer der Zapfen war, den Stokkart auf der heißen Felseninsel gesehen hatte. Kein Bad. Keine hygienischen Einrichtungen. Kein Ort für die Zubereitung und Einnahme von Speisen.
    Erstaunt stellte er fest, dass er weder Hunger noch Durst hatte. Und damit noch nicht genug: Darm und Blase meldeten sich ebenfalls nicht. Er fühlte keins der körperlichen Bedürfnisse, die in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Aufmerksamkeit verlangten. Wie lange hatte er geschlafen? Es mussten mehrere Stunden gewesen sein, was bedeutete, dass ein gewisser Blasendruck normal gewesen wäre.
    Für eine schreckliche Sekunde war er nicht einmal sicher, ob er noch atmete. Ganz bewusst holte er tief Luft und ließ den Atem wieder entweichen. Es könnte Illusion sein. Vielleicht glaube ich nur zu atmen…
    Panik schüttelte Stokkart, als er an die Möglichkeit dachte, tot zu sein.
    »Ich lebe«, sagte er laut, wie um sich selbst zu überzeugen. »Ich lebe.«
    Stimmen flüsterten, schienen ihm widersprechen zu wollen, Stimmen, die aus keiner bestimmten Richtung kamen und wortlos blieben. Stokkart ging zur Tür, öffnete sie und trat in einen Flur, der ihm für einen Sekundenbruchteil das gleiche sonderbare Zwielicht präsentierte, das er unmittelbar nach dem Erwachen gesehen hatte. Drei Meter trennten ihn von einer Wendeltreppe, an die er sich nicht erinnerte.
    Das Flüstern schien ein wenig lauter zu werden, und diesmal glaubte Stokkart zu hören, aus welcher Richtung es kam: von unten.
    Er wandte sich der Treppe zu und ging hinunter, brachte langsam eine Stufe nach der anderen hinter sich und blieb immer wieder stehen, um zu lauschen. Ja, das Flüstern wurde tatsächlich lauter, aber er konnte noch immer keine Worte verstehen.
    Einen Treppenabsatz weiter unten gab es ein Fenster, und Stokkart blickte nach draußen. Er sah nicht etwa die Insel mit dem silbrigen Meer, sondern eine gewaltige halbdunkle Höhle mit riesigen Dornen, die von oben, unten und den Seiten aus der Dunkelheit wuchsen. Von den Spitzen dieser Dornen gingen sehr zart anmutende Gespinste aus, die sich hier und dort zu komplexen Knäueln vereinten. Manchmal flackerte es in ihnen: ein kurzes Aufblitzen, das sich hier und dort fortsetzte, über Gespinstbahnen huschte und im Innern der Dornen verschwand.
    Stokkart setzte den Weg nach unten fort und machte kurz darauf an einem zweiten Fenster Halt. Es zeigte ihm die öde Insel, an die er sich erinnerte, ein Meer, das aus Quecksilber zu bestehen schien.
    » Hilfe! « , flüsterte es irgendwo. » Hilfe! « Es war das erste verständliche Wort des Raunens.
    Stokkart ging schneller, erreichte das Ende der Treppe und einen runden Raum, von dem mehrere Gänge abzweigten. Einige führten absurd steil in die Höhe; andere reichten

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