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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Mikronauten Befehlssignale senden konnte. »Glauben Sie mir: Was Sie vorhin gespürt haben, war nichts im Vergleich mit den Qualen, die ich Ihnen bescheren könnte. Früher oder später sagen Sie mir ohnehin, was ich von Ihnen wissen will.«
    »In der Zitadelle«, sagte Elisabeth leise. Der eine Teil von ihr hasste den anderen, den feigen, aber beide kamen überein, dass Lutor Recht hatte. Es war wirklich sinnlos, Widerstand zu leisten. »Ich habe sie selbst zur Zitadelle gebracht, etwa vor einer halben Stunde.«
    Lutor trat auf sie zu, nahm ihren Arm und zog sie hoch. Elisabeth stand mit zitternden Knien da und blickte in Augen, die ihr jetzt wie pechschwarze Schlote erschienen, zwei Schächte in eine dunkle Seele, die von eisiger Kälte erfüllt war.
    Ein Schalter klickte an dem Zylinder, und das Prickeln und Brennen wiederholte sich, als der Mikronautenschwarm Elisabeths Körper verließ und zu einem Bündel wurde, das Lutor an seinem Gürtel befestigte.
    »Ich nehme an, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben. Wenn nicht, sehen wir uns bald wieder.« Er ging zur Tür und öffnete sie, obwohl sich Elisabeth genau daran erinnerte, sie gesichert zu haben. Im Flur blieb Lutor noch einmal kurz stehen und richtete einen letzten stechenden Blick auf Elisabeth. »Aber vielleicht kehre ich ohnehin zurück«, sagte er, bevor er die Tür schloss.
     
     

36  Desiderat
     
Kerberos
17. April 421 SN
09:40 Uhr
     
    Dieses Tauchboot war eine Art maritimer Shuttle, vor allem dazu bestimmt, Versorgungsgüter von der künstlichen Insel des Autokraten zur Station in dreitausend Meter Tiefe auf den Meeresgrund zu bringen. Spezielle Daten- und Navigationsservi ermöglichten vollautomatische Fahrten durch das Riffmeer, ohne die Dienste eines Piloten in Anspruch nehmen zu müssen. Valdorian hatte an den Kontrollen Platz genommen, doch seine Hände blieben ihnen fern. Neben ihm saß Edwald Emmerson auf dem Platz des Kopiloten, und hinter ihnen standen drei Soldaten auf der einen Seite des ersten Frachtabteils. Ihnen gegenüber, auf einem aus der Wand geklappten Sitz, saß ein mittelgroßer Mann, der zum Mitarbeiterstab des Autokraten zählte und ihnen das Boot beschafft hatte.
    Valdorian blickte hinaus ins dunkle Meer, während das Tauchboot erst übers Riff hinweg und dann in die Tiefe glitt. Er fühlte sich… seltsam. Manchmal herrschte zwischen seinen Schläfen vollkommene Transparenz, eine geistige Klarheit, die ihn an Genialität glauben ließ und in der sich selbst Komplexes übersichtlich und einfach zeigte. Solche Phasen waren ohne den geringsten Zweifel, und oft hörte er Agorons Stimme – eine Stimme, die inzwischen ein vielfaches Echo gewonnen hatte –, die seine Schritte lenkte und ihm die Richtung zeigte. Aber manchmal trübte sich diese Klarheit, und dann fiel es ihm schwer, Gedanken aneinander zu reihen und aus ihnen die Strukturen von Überlegungen zu formen. Selbst emotionale Fragmente waren dann wie in einem zähen mentalen Morast gefangen.
    Vage entsann er sich an eine andere Begegnung, vor der mit dem Temporalen. Cordoban. Ja, der lebende Cordoban, kurz vor der Katastrophe von Kabäa. Ein Abstecher in die Vergangenheit, mithilfe des Zeitschlüssels, den er in der Anomalie auf Kabäa erhalten hatte. Es war ein wichtiger Besuch gewesen, erinnerte er sich. Zumindest hatte er ihn zu jenem Zeitpunkt für sehr wichtig gehalten. Worum war es dabei gegangen?
    Valdorian starrte in die Dunkelheit des Meeres, ohne sie wahrzunehmen, und schließlich fiel es ihm ein. Das Projekt Doppel-M. Menschenmacht. Der Metamorph. Die Zerschlagung des Transportmonopols der Kantaki durch die Übernahme ihrer Piloten… Wie banal ihm das jetzt erschien! Der Metamorph bedeutete nichts im Vergleich mit dem, was ihn jetzt erwartete. Lass dich nicht ablenken, flüsterte es. Der Keim. Du musst zum Keim. Alles andere ist unwichtig. Waren es seine eigenen Gedanken oder die von Agoron? Er konnte die einen kaum mehr von den anderen unterscheiden. Alles verschwamm; alles verschmolz miteinander. Wie konnte der Metamorph unwichtig sein? Mit der erfolgreichen Durchführung des Projekts Doppel-M würde das Konsortium endgültig zur primären Macht in dem von Menschen besiedelten Teil der Milchstraße werden, und die Übernahme der Kantaki-Raumfahrt durch Metamorph-Piloten würde ihm Kontrolle über die ganze Galaxis garantieren.
    Diese Gedanken zogen durch Valdorians Selbst, ohne eine Reaktion zu bewirken, ohne etwas zu berühren. Sie blieben… kühl

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