Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
nicht zurück. Sie blieben verschwunden, und das war einfach… absurd. Sie versteckten sich nicht hinter Wolken, darauf wies das Licht des Mondes deutlich hin. Sie waren einfach nicht mehr da.
    Etwas knisterte hinter ihr, und ganz automatisch drehte Elisabeth den Kopf. Sie hatte es beim Betreten ihrer Wohnung versäumt, die Ambientalservi zu aktivieren: Die Dunkelheit der Nacht war in die Zimmer gekrochen, ohne dass die Lampen auf Elisabeths Präsenz reagierten und die vorprogrammierte Helligkeit gewährleisteten.
    Die Ärztin konnte nicht auf die Kraft zurückgreifen, die den Heilern der Aufgeklärten Gemeinschaft zur Verfügung stand, und ihr blieb auch das Elysium verwehrt, aber trotzdem wusste sie mit jeden Zweifel ausschließender Gewissheit, dass sie nicht mehr allein in ihrer Wohnung war.
    »Wer ist da?«, fragte sie, und hörte das Zittern in ihrer Stimme. Plötzlich fühlte sie sich sehr verwundbar. Der Kommunikationsservo befand sich im anderen Zimmer, ebenso deaktiviert wie die Ambientalservi.
    Ein Schatten löste sich aus den Schatten, gewann Substanz und Gestalt. Ein Mann mit aschblondem Haar, gerader Nase und einem dünnlippigen Mund. Er trug eine Lederjacke; deren leises Knarren hatte Elisabeth gehört. Als er näher kam, sah sie die stechenden, durchdringend blickenden Augen, und begriff, mit wem sie es zu tun hatte.
    Lutor.
    »Wie sind Sie hereingekommen?«, fragte sie und versuchte, ihre Stimme scharf klingen zu lassen. »Was machen Sie hier?«
    Der Mann blieb dicht vor ihr stehen, und Elisabeth musste sich zwingen, nicht zurückzuweichen. Das Licht des Mondes schien sich in seinen Augen zu sammeln, und daraufhin erweckten sie den Eindruck, regelrecht zu brennen.
    »Wo sind sie?«, fragte Lutor. Seine Stimme ließ Elisabeth trotz der Wärme frösteln.
    »Bitte verlassen Sie meine Wohnung.«
    Lutor rührte sich nicht von der Stelle. »Ich will wissen, wo sie sind.«
    Zorn schob einen Teil von Elisabeths Furcht beiseite. »Wenn Sie nicht sofort gehen, verständige ich die Sekuritos.«
    »Sie sind mit Eklund befreundet«, sagte Lutor. »Sie sprechen oft miteinander. Ich möchte von Ihnen wissen, wo er und Raimon sind.«
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, erwiderte Elisabeth, trat an Lutor vorbei und wollte zum Kommunikationsservo im Nebenzimmer gehen, um tatsächlich die Sekuritos zu verständigen.
    »Sie werden mir Auskunft geben.«
    Ein seltsamer Unterton in seiner Stimme veranlasste Elisabeth, stehen zu bleiben und sich umzudrehen. Vor dem Fenster war Lutor etwas weniger als ein Mensch und etwas mehr als ein Schatten, eine bedrohliche Silhouette.
    »Wissen Sie, was das hier ist?« Er löste etwas von seinem Gürtel, das nach einem Bündel aussah.
    Elisabeth schüttelte stumm den Kopf.
    »Sie werden es gleich erfahren.« Lutor warf das Bündel, und es verwandelte sich in eine Wolke, von der ein insektenartiges Summen ausging. Bevor Elisabeth reagieren konnte, kam die Wolke heran, umhüllte sie und schien sich dabei aufzulösen. Sie spürte ein kurzes Brennen, dann ein Prickeln, das schnell nachließ.
    »Wie fühlen Sie sich?« Lutor setzte sich wieder in Bewegung, kam langsam näher, in der rechten Hand ein Gerät, das an einen mobilen Kom-Servo erinnerte. »Es hat kurz gebrannt, nicht wahr? Und dann kam ein Prickeln. Nun, wie gefällt Ihnen dies?«
    Er richtete den kleinen Zylinder auf Elisabeth.
    Ihr Magen schien plötzlich mit glutflüssigem Metall gefüllt zu sein. Der Schmerz war so intensiv, dass ihr gar nicht genug Kraft blieb, um zu schreien. Sie schnappte nach Luft, sank auf die Knie und schlang die Arme um den Unterleib.
    So schnell wie sie gekommen war, ließ die Qual wieder nach. Elisabeth atmete schwer, fühlte am ganzen Körper die Nässe von Schweiß und sah zu Lutor auf.
    Er stand etwa zwei Meter entfernt, einen ruhigen Blick auf sie gerichtet. Der Zylinder in seiner rechten Hand zeigte noch immer auf sie.
    »In Ihrem Körper befinden sich hundert Millionen Mikronauten, darauf programmiert, bestimmte Nerven zu stimulieren, abhängig von den Signalen, die sie empfangen.« Lutor hob kurz den kleinen Zylinder. »Es ist erstaunlich, was Schmerz anrichten kann, nicht wahr? Als Ärztin haben Sie sicher eine gute Vorstellung davon.«
    Elisabeth begriff, dass sie diesem Mann ausgeliefert war. Für ein oder zwei Sekunden glaubte sie, an der eigenen Hilflosigkeit zu ersticken.
    »Wo sind sie? Wo sind Eklund und Raimon?«
    »Bitte…«
    Lutor hob und senkte das Gerät, mit dem er den

Weitere Kostenlose Bücher