Kantaki 02 - Der Metamorph
sie ein, damals einen Fehler gemacht zu haben, den größten ihres Lebens, nein, nein, sie bereute es nicht, nein, sie hatte sich auf Mirror sogar geweigert, ihm zu helfen, von wegen Reue, er hasste sie, er hasste sie und die verdammten Kantaki, die sie ihm genommen hatten, er hasste die Kantaki und ihre unglaubliche Arroganz, ihren Sakralen Kodex, den sie allen aufzwangen, er hasste sie, und der Hass verwandelte sich in Energie für das letzte noch unbeeinträchtigte Fragment des alten Valdorian. Er erinnerte sich an die mit Agoron getroffene Vereinbarung, die ihm Leben und Jugend zurückgegeben hatte, er entsann sich an seine Absicht, sie so lange zu achten, wie sie seinen eigenen Plänen entgegenkam. Er begriff plötzlich, dass er erneut an einer entscheidenden Schwelle stand, wie in der Tür zwischen Leben und Tod, vor der Verjüngung. Hier ging es darum, ob er ein Werkzeug war und blieb, oder ob er wieder zu jemandem werden konnte, der von Werkzeugen Gebrauch machte.
Valdorian blinzelte und blickte auf seine Hände, die die Kontrollen des Tauchbootes betätigten. Sie zitterten, aber das lag nicht an einer emotionalen Reaktion auf das, was in und außerhalb von ihm geschah. Grund dafür waren die stärker werdenden Vibrationen, die von dem Artefakt ausgingen, sich durch den Meeresgrund und das Wasser darüber ausdehnten.
»Nehmen Sie Vernunft an, Magnat Valdorian!«, stieß Emmerson hervor. »Sie bringen uns alle um!«
Valdorian blickte zur Seite und musterte den Mann verwundert. Warum hatte er ihn mitgenommen?
Er sah wieder nach vorn, zu der schwarzen Masse, die durch die Sedimente des Meeresgrunds diffundierte. Valdorian wusste: Die Mechanismen der Repristination waren in Bewegung geraten, aber der Vorgang des Erwachens dauerte noch an, und selbst das Defensivum hatte noch nicht sein volles Potenzial erreicht. Woher weiß ich das?, raunte eine der Stimmen in ihm . Ich weiß es, flüsterte eine andere. Ich habe es immer gewusst. Und ich weiß noch mehr. Deshalb bin ich hier.
Eine Öffnung bildete sich in dem Artefakt, in dem sich restrukturierenden Keim. Wieder sah Valdorian, wie sich seine Hände so bewegten, als gehörten sie jemand anders, wie sie über die Navigationskontrollen glitten, das Tauchboot der Öffnung entgegensteuerten.
Deshalb habe ich ihn mitgenommen, dachte das letzte Selbstfragment Valdorians, das sich noch außerhalb des mentalen Spinnennetzes der Manipulation befand. Er drehte den Kopf, sah Emmerson an und sagte: »Unternehmen Sie etwas!«
37 Mandala
Zitadelle von Kerberos
17. April 421 SN
10:05 Uhr
In der Zitadelle schien es dunkler zu sein als sonst, aber Bruder Eklund vermutete, dass dieser Eindruck auf die besonderen Umstände der Situation zurückging. Chemolampen glühten an den Wänden der Tunnel und in den Höhlen, doch zwischen ihnen erstreckten sich weite Schattenzonen. Die anderen Angehörigen der Aufgeklärten Gemeinschaft gingen ihm und Raimon aus dem Weg und hielten den Kopf gesenkt, wenn sie eine Begegnung nicht vermeiden konnten. Einmal hielt er jemanden an, den er kannte.
»Sind noch Sekuritos hier?«, fragte er.
Der junge Mann schüttelte nervös den Kopf. »Nein. Die Letzten von ihnen haben die Zitadelle vor einigen Stunden verlassen.« Er warf Raimon einen verängstigten Blick zu, hastete weiter und verschwand in einem Nebengang.
Eine seltsame, wie anklagende Stille breitete sich aus, in deren Zentrum sich Eklund und Raimon befanden.
»Sie fürchten mich«, sagte der Junge. »Sie fürchten mich, weil ich getötet habe.« Er trug eine zerschlissene Hose und ein ärmelloses, fleckiges Hemd, sah darin wie ein Bettelknabe aus. Die Kleidung stammte aus einer der Höhlen, in denen die Brüder und Schwestern Dinge aufbewahrten, die sie von Geheilten geschenkt bekamen.
»Ja.«
»Mir blieb keine Wahl«, fuhr Raimon ruhig fort, während sie den Weg durch einen breiten Haupttunnel fortsetzten. »Ich wollte nicht töten, aber etwas in mir zwang mich dazu.«
»Und jetzt?«, fragte Eklund sanft. Er konnte sich beim Gehen nicht mehr abstützen – ihm fehlte der Stock –, was den Rücken belastete und ihm neuen Schmerz bereitete. Hinzu kamen die Strapazen der vergangenen Stunden; er trug schwer an der Bürde des Alters.
»Jetzt bin ich eins. Die Stimme, die mich zum Töten auffordert, existiert noch immer in mir, aber ich muss ihr nicht mehr gehorchen. Und die anderen Stimmen… Sie tun nicht mehr weh.«
Eklund betrat eine kleine Nebenhöhle mit
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