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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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zu einem Sonnensystem, dessen Zentralgestirn Urirr hieß und in dem es einen Planeten namens Munghar gab, Heimatwelt der Kantaki, deren Wurzeln in die Dritte Ära zurückreichten, in das Dritte Kosmische Zeitalter, und die mehr wussten als viele andere Völker, weil sie in mehreren Dimensionen lebten.
    Wir brauchen einen Hinweis, sagte das Wir/Ich, und hunderte von Millionen Lichtjahren entfernt, in den subplanetaren Labyrinthen von Munghar, trat Mutter Nrah, eine der Fünf Großen ihrer Zeit, vor die Linse, die den Blick ins Plurial gewährte, auf alles, was jemals existieren konnte.
    Der Omnivor frisst Realität und hinterlässt Chaos, hallte die ätherische Stimme des Konziliats durch Raum und Zeit. Wir müssen ihn finden und unschädlich machen, bevor er dieses Universum zerstört.
    »Andere Universen sind ihm bereits zum Opfer gefallen«, klickte Mutter Nrah kummervoll. Das Wir/Ich verstand sie problemlos; für das Konziliat gab es keine Sprachbarrieren. »Die nichtlineare Zeit hat sich ausgebreitet und bedroht unsere Schiffe, wenn die Piloten nicht Acht geben.«
    Agens: Vom Omnivor in Zeit und Raum gegrabenes Loch, Falle. Absicht: Zeit gewinnen.
    Wozu?, fragte das Wir/Ich sofort.
    Agens: Omnivor verfolgt unbekannten Plan. Neutralisierung, Dringlichkeit.
    »Ich sehe nirgends eine Spur von ihm«, klickte Mutter Nrah auf Munghar.
    Sorge dehnte sich im Konziliat aus, während die Situationsanalyse andauerte, eine vage Vibration, die alle Komponenten und Teile des Wir/Ich erfasste.
    Splitterung, sagte das Konziliat schließlich. Das ist die einzige Erklärung. Der Omnivor wusste, dass wir dicht hinter ihm waren. Er grub das Loch, um Zeit für die Splitterung zu gewinnen.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Mutter Nrah, die noch immer vor der Linse kauerte. Sie war alt, uralt, kannte das Konziliat aber nur aus den Überlieferungen ihres Volkes. Sie selbst hatte nie zuvor mit dem Wir/Ich gesprochen, doch seine Stimme, die zu ihrer Seele sprach, klang seltsam vertraut. Normalerweise duzten die Kantaki alle anderer Geschöpfe, aus welchen Völkern und welchen Hierarchien sie auch stammten, aber das Konziliat und die Konzilianten verdienten das Maximum an Respekt.
    Der Omnivor gab sich auf, um der Neutralisierung zu entgehen, erklärte das Konziliat. Er starb, um zu leben. Damit benutzte das Wir/Ich Begriffe, die ihm eigentlich fremd waren, deren Bedeutung für die Geschöpfe dieses Universums es aber sehr wohl kannte. Er löste sich in zahllose Keime auf, und aus jedem von ihnen kann ein neuer Omnivor entstehen.
    »Die Saat der Dunkelheit«, klickte Mutter Nrah vor der Linse, und ihr insektoider Körper erbebte, was über den Gliedmaßen fluoreszenzartige Leuchterscheinungen bewirkte.
    Agens: Dringende Maßnahmen erforderlich. Keime müssen gefunden und zerstört werden.
    »Aber es sind so viele, so viele«, kam Mutter Nrahs Stimme über die Transverbindung. Die greise Kantaki blickte noch immer in die Linse, die ihr das Plurial zeigte, und ihre Haltung brachte Kummer zum Ausdruck. Vielleicht befürchtete sie, dass der Anfang der Vierten Ära das Ende des ihr vertrauten Universums brachte, ohne dass der kosmische Zyklus seinen Abschluss fand, ohne dass der Geist, der einst zu Materie wurde, um zu lernen und zu erfahren, wieder zum Geistigen zurückkehren konnte.
    Wir müssen handeln, sagte das Wir/Ich. Uns bleibt keine Wahl. Wir müssen die Einheit aufgeben und uns ebenfalls splittern, wie der Omnivor.
    Die insektoide Gestalt vor der fernen Linse erbebte, als sie begriff oder zumindest erahnte, was eine solche Maßnahme für das Konziliat bedeutete. »Ich wünsche Ihnen viel Glück«, klickte Mutter Nrah. »Wir werden die Suche nach den Keimen fortsetzen.«
    Danke, erwiderte das Wir/Ich, und die Transverbindung zwischen dem Kantaki-Nexus in der Leere zwischen den Galaxienhaufen und dem Planeten Munghar wurde unterbrochen.
    Die mehrere Lichtmonate durchmessende Sphäre glitt fort vom Zylinder des Kantaki-Nexus, und Unruhe breitete sich in ihrem Innern aus.
    Wir sterben nicht. Die Stimme des Wir/Ich durchdrang alle Komponenten. Wir ändern nur die Art unserer Existenz.
    Agens: Notwendigkeit.
    Das Konziliat verstand das Konzept des Todes – Negation des Seins –, aber bisher hatte es darin immer etwas gesehen, das auf rein organisches Leben beschränkt blieb. Hier betraf die Negation nicht das Sein an sich, wohl aber das gemeinsame Sein.
    Wir sterben nicht, bekräftigte das Wir/Ich noch einmal, als wollte es sich selbst

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