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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Leben davon, weil sie sich zum Zeitpunkt dieser ersten Explosion hinter einem hohen Brutschrank befunden hatten. Kurze Zeit später folgten weitere Explosionen, nicht so stark wie die erste, aber sie erlaubten es dem Feuer, noch schneller auf andere Bereiche des Laboratoriums überzugreifen.
    »Sehen Sie sich das hier an«, sagte Emmerson und deutete auf eine bestimmte Stelle der Darstellung. Lorgard beugte sich vor und sah einen Tank, verbunden mit dem Instrumentenkomplex eines Stimulators, der zur Beschleunigung der Zellteilung und des Wachstums diente. »Dort wächst der Prototyp.«
    Das Feuer erreichte den Tank, in dem sich Risse bildeten, und aus einer dieser Öffnungen rann eine Flüssigkeit. Lorgard wagte kaum mehr zu atmen.
    Die allgemeinen Sicherheitsservi reagierten, und Löschschnee rieselte aus Ventilen.
    Wenige Sekunden später erfolgte der Kontaminationsalarm.
    Edwald Emmerson nickte, und erneut blieb sein Blick auf den Schirm gerichtet, als er sagte: »Wir sollten unsere Sicherheitsprozeduren überprüfen. Meiner Ansicht nach haben die Kontrollservi zu spät reagiert.«
    Die beiden überlebenden Frauen versuchten, eine der Türen zu öffnen, natürlich vergeblich – nach einem biologischen Kontaminationsalarm konnten die Verriegelungen nur von außen gelöst werden. Kurz darauf begannen sie zu husten und starrten entsetzt nach oben. Das Giftgas brachte sie innerhalb weniger Sekunden um, ebenso wie alle anderen lebenden Organismen im Laboratorium.
    »Sie sind tot«, sagte Lorgard leise. »Sie sind alle tot.« Damit meinte er nicht nur die fünf Labortechniker, sondern auch – und vor allem – die aus programmierter Basismasse heranwachsenden und herangewachsenen Geschöpfe. Wieder spürte er den Schmerz eines Vaters. Seine Kreationen und Pläne, seine Visionen… verbrannt, vergiftet und verstrahlt.
    »Nein«, erwiderte Emmerson und zeigte keine emotionale Reaktion auf das, was er beobachtet hatte. »Bei der Tür dort…« Er zeigte auf die andere Seite des Laboratoriums. »… registrierten die Sensoren einen Siegelbruch. Etwas ist aus dem Labor entkommen, trotz Giftgas und Strahlung, und es hat zwei weitere Türen passiert. Ich habe sie sofort untersuchen lassen, als ich vom Siegelbruch der Tür erfuhr. Ihre Sensoren reagierten nicht, weil die Löcher in den Siegeln zu klein sind – ihr Durchmesser beträgt nur wenige Molekülbreiten.« Er zögerte kurz, bevor er hinzufügte: »Nach der dritten Tür ist der Weg frei – bis zum Fluss.«
    Ruckartig streckte er die Hand nach den Kontrollen aus und hielt die Darstellung an. »Dort, im Löschschaum. Etwas hat sich bewegt.«
    Lorgard sah genauer hin. Tatsächlich: Irgendetwas, das in der weißen Masse verborgen blieb, glitt langsam über den Boden und verharrte bei einem Programmierungsmodul – Indikatoren deuteten darauf hin, dass es noch aktiv war.
    »Kann er in jenem Zustand Daten aufnehmen?«, fragte Emmerson. Als Sicherheitschef wusste er natürlich über die laufenden Projekte Bescheid, aber er war kein Wissenschaftler und verstand nicht alles bis ins letzte Detail.
    »Da bin ich ziemlich sicher«, sagte Lorgard, und seine Gedanken glitten in eine Richtung, die ihm immer mehr Unbehagen bereitete. Bisher war er davon ausgegangen, dass sich die Katastrophe auf das Laboratorium beschränkte. Aber wenn sie darüber hinausging, wenn geschehen war, was sich jetzt anzudeuten begann… Er dachte an Folgen und Konsequenzen, an Möglichkeiten.
    Emmerson richtete einen kurzen, ernsten Blick auf ihn. »Wir müssen herausfinden, welche Informationen er eventuell aufgenommen hat.«
    Mit neuem Interesse beobachtete Lorgard, wie das Etwas unter dem Löschschnee weiterglitt und erneut verharrte, als es einen der kleinen Hügel erreichte, die von verendeten Testobjekten stammten. Er veränderte sich, wurde flacher und verschwand fast.
    Der NHD-Direktor wusste genau, was er gerade gesehen hatte. »Er hat organische Materie als Nahrung aufgenommen.«
    »Das Giftgas und die Strahlung scheinen ihn nicht weiter zu stören.«
    »Er passt sich an alles an«, sagte Lorgard, und es klang fast stolz. Sorge und Freude schufen in ihm ein Wechselbad der Gefühle. Einige Sekunden lang musterte Emmerson ihn aufmerksam, und vielleicht ahnte er, was in ihm vorging. »Er ist entkommen, nicht wahr?«
    Der Sicherheitschef deutete auf den Bildschirm: Die Bewegung unter dem Löschschnee setzte sich fort und erreichte die Tür. Der Info-Streifen zeigte neue Daten, die auf einen

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