Kantaki 02 - Der Metamorph
Metamorph sollte getötet werden. Aber vielleicht ging es dem Attentäter darum, ihn entkommen zu lassen.«
»Und der Grund dafür?«
Elroy Tobias sah vom Behälter auf, begegnete Emmersons Blick und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Vermutlich finden wir eine Antwort auf diese Frage, sobald wir die Identität des Attentäters kennen. Einen Anhaltspunkt haben wir: die leise Bombe. Nicht jeder hat Zugang zu einer solchen Technik.«
Emmerson nickte. »Und das hier?« Er deutete auf den Behälter, auf die kleine Schale neben den Resten des Zünders und des Gels. Sie enthielt braungelben Brei mit einigen schleimigen Brocken; es sah nach Erbrochenem aus.
»Das sind die Reste des Programmierungsmoduls, mit dem der Metamorph während seiner Flucht Kontakt hatte. Seine Daten konnten zumindest teilweise rekonstruiert werden.«
»Ich höre«, sagte Emmerson, als Tobias nach einigen Sekunden noch immer schwieg.
»Der entsprechende Kreator weigert sich, mir Auskunft zu geben.« Tobias verzog andeutungsweise das Gesicht, als wäre er beleidigt. »Vielleicht befürchtet er ein Sicherheitsrisiko. Er möchte nur mit Ihnen oder dem Direktor darüber reden.«
Emmerson überlegte kurz. »Na schön. Schicken Sie ihn zu mir. Nehmen Sie das hier mit, und setzen Sie die Ermittlungen fort.« Als Tobias die Tür erreichte, fügte er hinzu: »Sie haben gute Arbeit geleistet, Elroy. Ich bin froh, dass ich mich auf Sie verlassen kann.«
Ein Lächeln huschte über Tobias’ Lippen, bevor er ging.
Edwald Emmerson blickte hinaus auf den Acheron und beobachtete einige blau schillernde Kobaltfliegen, die dicht über den träge dahinfließenden braunen Fluten tanzten. Plötzlich schoss ein etwa vierzig Zentimeter langer Netzfänger aus dem Wasser, breitete die zu einer netzartigen Struktur entwickelten Kiemenflossen aus, fing eine Kobaltfliege und fiel in den Fluss zurück.
»Fressen und gefressen werden«, murmelte Emmerson nachdenklich und fragte sich, welcher »Netzfänger« unter der Oberfläche des metaphorischen Wassers lauerte, über dem er und alle anderen flogen.
Einige Minuten später kam ein gut fünfzig Jahre alter Mann herein, der ihm von der Statur her ähnelte. Er war ebenfalls klein und schmächtig, hatte aber eine Halbglatze und große, hervorquellende Augen, die einen gehetzten Eindruck vermittelten. Der Kreator sah argwöhnisch nach rechts und links, als er das Büro betrat, verstärkte damit die ihn umgebende Aura der Paranoia.
»Wir sind allein«, sagte Emmerson und erinnerte sich an den Namen. »Doktor Robertson.«
»Ich habe etwas entdeckt«, sagte Dr. Robertson und nahm auf der Kante des Stuhls Platz, der vor dem Schreibtisch stand. Sein Rücken blieb kerzengerade.
»Es geht um das Programmierungsmodul, nicht wahr?« Emmerson bemerkte den Datenspeicher in Robertsons Hand. »Welche Daten hat der Metamorph aufgenommen, bevor er aus dem Laboratorium entkam?«
Der Kreator sah sich erneut im Büro um und schien mit jeder verstreichenden Sekunde irgendwie nervöser zu werden. »Kennen Sie sich mit der Programmierung von Zellkomplexen aus, die wir auf der Grundlage der Basismasse entwickeln?«
»Ich bin kein Wissenschaftler«, sagte Emmerson, ohne die Geduld zu verlieren. »Aber mit den Grundlagen kenne ich mich aus.«
Robertson entschied sich offenbar, trotzdem nicht zu viel vorauszusetzen. »Datenservi werden mithilfe verschiedener Programmiersprachen programmiert. Diese Sprachen setzen komplexe Anweisungen und Algorithmen in eine binäre Struktur um. Nun, was diese binäre Struktur für Datenservi ist, das sind die Aminosäuren der so genannten Messenger-Substanzen für unsere Zellmassen: Sie programmieren die Formationsmatrix und legen steuernde Informationen in Memoranten und Exekutoren ab. Die Mittel sind andere, der Zweck der gleiche. Inzwischen gibt es sogar Benutzeroberflächen, die das Programmieren erleichtern.« Er hob den Datenspeicher. »Darf ich?«
Emmerson deutete auf den Abtaster des Datenservos. »Nur zu.«
Robertson beugte sich vor und schob das Datenmodul in den Abtaster. Emmerson drehte das große pseudoreale Display so, dass auch der Kreator seine Darstellungen sehen konnte.
»Persönlicher Status«, sagte Robertson und nannte eine lange Zahlenfolge. »Kontrolle des Stimmmusters: Robertson, Willbert.«
Der Datenservo summte leise.
»Identität bestätigt«, ertönte eine synthetische Stimme. »Die geschützten Daten sind abrufbereit.«
»Schicht eins«, sagte Robertson, und
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