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Kantaki 02 - Der Metamorph

Kantaki 02 - Der Metamorph

Titel: Kantaki 02 - Der Metamorph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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und empfing unmittelbar darauf die Antwort aus den Erinnerungen ihrer früheren Existenzen.
    »Können Götter Fehler machen?«, erwiderte das Wir/Ich des Konziliats. »Die Prävalenten haben uns erschaffen, und daher könnte man sie als unsere ›Götter‹ bezeichnen. Aber sie sind nicht unfehlbar, sie haben auch Fehler gemacht. Der größte von ihnen ist der Omnivor.«
    »Ich… erinnere mich«, sagte KiTamarani, und tief in ihrem erneuerten Innern schauderte etwas. Der Omnivor. Der Realitätenfresser.
    Die Präsenz des Wir/Ich wandte sich der Konziliantin zu, und KiTamarani fühlte sich gestreichelt. Es war ein sehr angenehmes Empfinden, kündete von Schutz und Geborgenheit.
    »Ja, wir erinnern uns alle«, sagte es und fügte diesen Worten eine mentale Geste hinzu, die dem All galt. »Als das erste Universum sich immer schneller ausdehnte und dieser Prozess Galaxien, Sonnen, Planeten und schließlich sogar Atome zerriss, planten die Prävalenten in der Dominanz ein neues Universum.«
    »Keine Götter…«, murmelte KiTamarani. »Aber Schöpfer.«
    »Ja«, bestätigte das Wir/Ich. »Sie schufen ein neues Universum, damit das Leben nicht zu Ende ging, und sie gaben ihm die Saiten des ersten Kosmos, damit das Lied der ursprünglichen Schöpfung weiterhin erklingen konnte. Aber in der Komplexität dieses gewaltigen Schöpfungsplans, der später das Hyperversum entstehen ließ, verbarg sich ein winziger Fehler mit enormen Konsequenzen.«
    KiTamarani sah es mit den Augen des Wissens, das die Prävalenz dem Konziliat mitgegeben hatte.
     
    *
     
    Agens: Warnung…
     
    *
     
    »Entartung von Raum und Zeit«, sagte das Wir/Ich, und die Stimme der Sphäre schien leiser zu werden. »Mutation von Materie. Die Schöpfungsmatrix ließ zu, dass im ersten von den Prävalenten geschaffenen Universum etwas entstand, das das Gegenteil von Leben ist.«
    »Das Gegenteil von Leben«, wiederholte KiTamarani. Ihr Blick war noch immer wie ein neugieriges Wesen, das hinauseilte ins All, um dieses eine Universum von vielen zu durchqueren. Sie beobachtete die Spiralen ferner Galaxien und schien dabei fast zu erwarten, dass die Schwärze des Omnivors sie verdunkelte.
     
    *
     
    Agens: Äußerste Dringlichkeit!
     
    *
     
    »Der Omnivor.« Jetzt war die Stimme des Wir/Ich nur noch ein Flüstern. »Ein Etwas, das Realität fressen muss, um sich selbst Realität zu geben. Eine Kreatur, die Leben auslöscht, um sich selbst Leben zu geben.«
    »Eine Kreatur«, wiederholte KiTamarani. »Ist der Omnivor ein Lebewesen, ein Geschöpf?« Und wieder erhielt sie Antwort von den Erinnerungen ihrer früheren Existenzen, ihrer Prävitae. »Er ist Antileben.«
    »Ja«, bestätigte das Wir/Ich. »Und wir …«
    »Die Prävalenten gaben uns Existenz mit dem Auftrag, das Leben zu schützen. Das ist unsere große Mission. Wir sollen gewährleisten, dass sich das Leben überall ausbreiten kann, ohne die Leere, die der Omnivor schafft, fürchten zu müssen.«
    Aufgabe… Etwas zog KiTamarani fort. Sie wollte in der Sphäre bleiben, bei dem Wir/Ich, in der Gemeinschaft des Konziliats, aber etwas zerrte an ihr, und sie konnte sich ihm nicht widersetzen.
    Aufgabe…
     
    *
     
    Agens: Höchste Gefahrenstufe. Kapsel instabil. Konziliantenselbst bedroht.
    KiTamarani spürte es deutlich.
    Der Splitter des Omnivors, sein Keim, übte zwar noch immer enormen Druck auf die Kapsel aus, aber es ging ihm nicht darum, eine zweite Version des monodimensionalen Kerkers zu schaffen. Stattdessen formte er Stacheln, die er sowohl in KiTamaranis primäres Selbst bohrte als auch in die Substanz der Kapsel.
    Agens: Instabilität weitet sich aus. Das Ende meiner Existenz steht unmittelbar bevor.
    Das Ende.
    Nichtsein.
    Kein Denken und kein Fühlen mehr. Nichts. Leere.
    Erneuerung…
    Wie schlau der Keim doch war. Nur ein Splitter mochte er sein, aber er teilte die Gerissenheit des Omnivors. Er hatte gar nicht beabsichtigt, der Konziliantin zu entkommen, die ihn verfolgte, denn ihm war die Aussichtslosigkeit eines solchen Unterfangens klar gewesen. Stattdessen hatte er versucht, sie nach und nach zu schwächen, um sie dann bei der entscheidenden Konfrontation zu bezwingen.
    »Energie«, sagte sie. Die Stacheln des Keims schmerzten und schwächten sie weiter. »Agens, ich brauche Energie für die Erneuerung. Wenn ich das Alte abstoße, ohne mich regenerieren zu können, bleibe ich leer und ohne die Erinnerungen des Konziliats!«
    Agens: Energie kann nicht aus der Struktur der Kapsel

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