Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
»Ich meine, Diamant? Und wo bin ich hier? Ich weiß noch, dass wir ins All gerissen wurden …«
Ein schnabelartiges Gebilde im Gesicht des Doktors klapperte kurz. »Die Fragen wird jemand anders beantworten. Sie erhalten bald Auskunft.« Die Stimme kam nicht aus einem Linguator, sondern von den Sprechwerkzeugen des Wesens. Es beherrschte InterLingua, doch Valdorian konnte sich nicht daran entsinnen, jemals ein solches Geschöpf gesehen zu haben. War er in eine andere Realitätslinie gewechselt?
Mehrere kleine Medo-Drohnen umschwirrten Valdorian noch einmal, wie um sich zu vergewissern, dass sie nichts übersehen hatten, folgten dann dem Arzt, der zum nahen Datenservo ging. Sein Zwitschern ließ lange Kolonnen von Symbolen durch einen pseudorealen Darstellungsbereich wandern.
Valdorian schwang die Beine von der Untersuchungsliege und stellte fest, dass er nackt war.
»Neue Kleidung liegt neben der Tür für Sie bereit«, pfiff der Doktor. »Anschließend können Sie im Nebenzimmer warten. Dort gibt es eine Ihnen vertraute Syntho-Maschine, falls Sie etwas wünschen. Gleich wird jemand kommen, um Sie abzuholen.«
Valdorian fühlte sich erstaunlich ausgeruht und kräftig, als er zu der Ablage ging, auf der die Kleidung lag, während der Doktor wieder in der Sprache seiner Spezies zwitscherte – vielleicht zeichnete er einen Krankenbericht auf. Graue Unterwäsche, darüber Hose und Pulli aus einem synthetischen Material, das er nicht identifizieren konnte, sich aber angenehm weich anfühlte. Halbstiefelartige Schuhe und eine leichte Jacke mit erstaunlich vielen Taschen. Alles passte perfekt, war wie nach Maß gefertigt.
»Äh … danke«, sagte Valdorian, und der Doktor zwitscherte etwas, das er nicht verstand.
Das Nebenzimmer war kleiner als der Behandlungsraum, und seine Einrichtung bestand aus einer Sitzecke mit justierbaren Sesseln und der versprochenen Syntho-Maschine, die an der einen Wand darauf wartete, kulinarische Wünsche zu erfüllen. In der Wand auf der gegenüberliegenden Seite gewährte ein Fenster Blick in einen weiteren Raum. Valdorian trat neugierig näher.
Das Halbdunkel hinter der Scheibe verbarg die fernen Konturen, aber es gab genug Licht, um die Gestalt auf der Ruheliege zu erkennen.
»Lidia …«, murmelte Valdorian.
Ihre Augen waren geschlossen, und sie wirkte recht blass.
Valdorian wollte in das andere Zimmer zurückkehren, um den Arzt zu fragen, wie es Lidia ging, als sich die zweite Tür öffnete und ein Wesen hereinkam, das er ebenso wenig wie zuvor den vogelartigen Doktor einem ihm bekannten Volk zuordnen konnte. Es war schwarz und humanoid, bestand aus zahlreichen käferartigen Komponenten, die sich offenbar zu einer Art Kollektivgeschöpf zusammengeschlossen hatten. Sichtbare Kleidung trug das Geschöpf nicht, und ein Gesicht fehlte, doch Valdorian beobachtete, wie sich eine Mundöffnung bildete.
»Ich bin General Lukas«, sagte das Wesen mit fast normal klingender Stimme. »Ich gehöre zum militärischen Kommandostab des Widerstands.«
Hinter Lukas kam eine zweite Person herein, eine Frau mit schulterlangem schwarzen Haar und grünblauen Augen, die Valdorian gut kannte.
»Und ich bin Diamant, einst Kantaki-Pilotin und jetzt Kognitorin des Widerstands«, sagte sie. »Was ich Ihnen verdanke, Rungard Avar Valdorian der Neunzehnte. Dies alles verdanken wir Ihnen.«
Valdorians Blick huschte beunruhigt zum Fenster, zu der anderen Lidia auf der Ruheliege.
Die Diamant neben General Lukas rieb sich die Schläfe. »Ich fürchte, es beginnt bereits. Ich sollte nicht länger mit der Verschmelzung warten.«
»Gehen Sie«, sagte Lukas. »Wir warten hier auf Sie. Wenn Sie anschließend nicht ausruhen möchten.«
»Nein. Ich begleite Sie zum Triumvirat. Ich möchte dabei sein, wenn der Schuldige präsentiert wird.«
Damit verließ sie das Zimmer.
Und erschien wenige Sekunden später in dem halbdunklen Raum. Valdorian trat wieder zum Fenster, und General Lukas folgte ihm, stand wie ein Substanz gewordener Schatten an seiner Seite. Ein leises Knistern kam aus seinem schwarzen Leib.
»Es geht ihr nicht besonders gut«, sagte Lukas, und Valdorian vermutete, dass er die Lidia auf der Ruheliege meinte. »Das Vakuum hat ihr mehr zugesetzt als Ihnen. Wir hätten sie wecken können, aber … manchmal ist es so leichter.«
»Wie meinen Sie das?«
»Es ist ein altes Problem«, sagte Lukas, und das leise Knistern aus seinem Leib klang fast wie ein Seufzen. »Seit wir vor langer, langer Zeit
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