Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Eternen haben genug Schaden angerichtet.
Wieder klang das »wir« sonderbar, aber dieser Eindruck verlor sich in Tyragons Erinnerungen, die von allen Seiten auf sein Selbst einströmten, begleitet von der mentalen Textur absoluter, unbestreitbarer Wahrheit.
»Und wie gelang es ihm, Tyragon damals zu überzeugen?«, fragte Agoron und hörte die eigene Stimme so, als käme sie aus den Tiefen des Trichters. »Wieso setzten die Eternen nach ihm sein Werk fort? Das Ende dieses Universums wäre auch ihr Ende gewesen.«
Der Erhabene versprach ihnen einen Platz in der Dominanz.
»Und das genügte?« Aus Agorons Stimme wurde ein Flüstern, kaum lauter als das mentale Raunen zwischen den zahlreichen Bildern, die von einem unvorstellbaren Verbrechen an der Kausalität und zahllosen davon betroffenen Lebensformen im Universum kündeten. »Das genügte, um sie dazu zu bewegen, dem Erhabenen zu helfen? Es muss doch …«
Konzentrier dich auf deine Aufgabe!
Und ein etwas anderes Wispern: Du bist das Ende einer langen Kette. Mit dir geht Tyragons Saat auf. Er erkannte die Wahrheit. Er setzte alle seine Hoffnungen auf dich. Handle jetzt!
»Aber …«
Skepsis und Bestürzung wichen aus Agoron, als er die Augen schloss und sich konzentrierte. Es durften keine weiteren Verbrechen an der Kausalität geschehen. Darauf kam es jetzt an; alles andere war unwichtig.
Wir hätten nie existieren dürfen. Wir sind eine Monstrosität!
Die externen Verbindungen erleichterten seine Aufgabe, waren aber nicht unbedingt nötig. Agoron schickte seine Gedanken zur nächsten Blase der Spirale, zum Eternen in ihr, und ein Wunsch allein genügte, um seine Existenz auszulöschen, in allen Zeiten, nicht nur jetzt und in der Zukunft, sondern auch in der Vergangenheit. Wie zuvor bei den Säkularen schloss sich die Wunde in der Zeit sofort, ohne eine Narbe.
Während Agorons Gedanken weiterwanderten und nach dem nächsten Eternen in der Spirale tasteten, kam unweit der Akida ein Kantaki-Schiff aus dem Transraum. Sofort fielen Schildfresser darüber her, und es dauerte nicht lange, bis das Kommunikationssystem der Kontrollblase aktiv wurde.
»Wir haben ein Kantaki-Schiff aufgebracht, Äonar«, meldete eine Stimme. »Alle Personen sind gefangen genommen, unter ihnen zwei Pilotinnen namens Diamant und Esmeralda. Und noch etwas.« Die Stimme gewann einen triumphierenden Klang. »An Bord befindet sich ein vollständiges, einsatzfähiges Exemplar des Schlunds.« Eine kurze Pause. »Äonar?«
Agoron hörte die Stimme nicht. Er hörte nur das Flüstern, während seine Gedanken die Existenz von Eternen auslöschten.
Er hatte befürchtet, dass es schwer sein würde, aber genau das Gegenteil war der Fall. Jeder einzelne Temporale hatte die Möglichkeit, neue Zeitlinien zu schaffen, was ein enormes Veränderungspotenzial bedeutete. Wenn sie merkten, was geschah, wenn sie Verdacht schöpften und sich gegen die Bedrohung zusammenschlossen …
Aber wie sollten sie ahnen, dass sich ihr Ende anbahnte? Es war wie bei den Säkularen des Zirkels, die Agoron nacheinander … nicht getötet, sondern eliminiert hatte. Als sie verschwanden, einer nach dem anderen, waren die anderen nicht argwöhnisch geworden, denn wie sollte man jemanden vermissen, der nie existiert hatte? Auf diese Weise geschah es auch jetzt, nur in einem größeren Maßstab. Die Temporalen, die den Ozean der Zeit mit seinen vielen bunten Realitätslinien geschaffen hatten, verschwanden einer nach dem anderen, und niemand schöpfte Verdacht, da es die Verschwundenen nie gegeben hatte. Agoron löschte ihre Existenz aus, und wie zuvor schlossen sich die Wunden in der Zeit, ohne dass Narben zurückblieben. Diese Fähigkeit hatte ihm Tyragon gegeben, für die bitterste aller Bußen, die Auslöschung des eigenen Volkes.
Ein Eterner nach dem anderen verschwand aus den Buckeln an den Innenwänden des Vortex, und nach jeder Elimination dieser Art nahm sich Agoron die Eternen vor, die in den betreffenden Zeitlinien an den Manipulationspunkten wachten und nach Kognitoren Ausschau hielten. Es war eine langwierige Aufgabe, und Agoron hoffte, sie zu Ende bringen zu können, ohne dass der Erhabene eingriff.
23
Der Schuldige
Abseits der Farben: Kastell, 8. November 5521
»Ihr gesundheitlicher Zustand ist einwandfrei«, pfiff das vogelartige Wesen, das die Kontrollen der verschiedenen medizinischen Servi bediente. »Sie brauchen keine weitere Behandlung.«
»Wie geht es Lidia?«, fragte Valdorian.
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