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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Gefühle zu kanalisieren.
    Komm ins Junktim und empfange den Rest der Wahrheit.
    Dieser Hinweis erstaunte Agoron ein wenig und vertrieb einen Teil seiner Müdigkeit. Gab es etwas, das Tyragon ihm noch nicht mitgeteilt hatte?
    Er stemmte sich hoch und ging auf drei Beinen zur Luke, als die Kapsel das Brutschiff erreichte und sich mit einer Andockstelle verband. Das dritte Bein war ihm tief unten im Vortex gewachsen, als er die letzten Eternen eliminiert hatte, unweit des originären Manipulationspunktes, und er wusste nicht, welchem Zweck das zusätzliche Bein diente. Eigentlich interessierte es ihn auch gar nicht. An anderen Stellen seines Körpers begannen Zellkomplexe zu wuchern und neue Organe zu wachsen, doch er schenkte ihnen ebenfalls keine Aufmerksamkeit.
    In der Akida hörte er eine Stimme.
    »Ein Kantaki-Schiff ist aufgebracht. Alle Personen an Bord sind gefangen genommen, unter ihnen zwei Pilotinnen namens Diamant und Esmeralda.«
    Zwei Frauen, in einem Nanomoment gefangen, zwischen Leben und Tod. Agoron entsann sich daran, ihre Gesichter gesehen zu haben, aber sie hatten ihm nichts bedeutet …
    Sie bedeuten auch jetzt nichts. Erneut schloss sich im Inneren des Kopfes die Hand ums Gehirn. Komm ins Junktim!
    Und so achtete Agoron nicht auf die Stimme und ging weiter, durch die stillen, leeren Korridore der Akida, vorbei an den Psychotronen, die jetzt niemand mehr brauchte. Kurze Zeit später stand er neben den Datenbuckeln des Informationsjunktims, dessen Konturen sich um ihn herum auflösten, weißen Wänden und einer kuppelförmigen Decke wichen. Diesmal ruhte Tyragon nicht in einem Meditationsgerüst, sondern stand in der Mitte des Raums, und er wirkte auch nicht mehr so alt und gebrechlich.
    »Der Kaskadeneffekt beginnt, und damit ist dein Werk vollbracht«, sagte Tyragon mit der Stimme, die in Agorons Gedanken erklungen war. Seltsamerweise hatte der andere Tyragon, der alte und schwache, anders geklungen.
    »Ich verstehe nicht …« Agoron kämpfte gegen die Müdigkeit an.
    »Du bist mir ein gutes Instrument gewesen. Es gibt einen Ort, eine Art Pinakothek …« Tyragon schien zu überlegen. »Aber nein. Der Aufwand wäre zu groß. Ich fürchte, wir müssen hier voneinander Abschied nehmen, für immer.«
    »Der Rest der Wahrheit …«, brachte Agoron mühsam hervor.
    Tyragon kam langsam näher. »Der Rest der Wahrheit lautet: Ich habe gelogen.«
    Die Gestalt vor Agoron schrumpfte, wurde zu einem kleinen, dürren, buckligen Gnom, in dessen runzligem Gesicht zwei große Augen leuchteten.
    »Du bist nicht … Tyragon.«
    »Welch eine Erkenntnis!«, spottete die kleine Gestalt. »Nein, ich bin nicht Tyragon. Aber ich bin ihm begegnet, damals, als dies alles begann.«
    Agoron stockte der Atem. »Du bist …?«
    »Ja, ich bin der Erhabene.« Er näherte sich, verharrte dicht vor Agoron und hob eine Hand, deutete mit den langen Fingern auf den letzten Eternen. »Lug und Trug, Manipulation und Täuschung. Lügen innerhalb von Lügen. Und doch gibt es eine letzte Wahrheit, und die lautet: Du hast deinen Zweck erfüllt.«
    Die Hand zuckte nach vorn, als wollte sie Agoron packen.
    Etwas in dem Säkularen reagierte, und sein veränderter Körper sprang blitzschnell zurück. Tausend Lanzen aus Schmerz durchbohrten Agoron, doch die neuen organischen Schutzmechanismen bewahrten ihn vor dem Tod. Als er die Membranen vor den Augen wieder hob, die sich ebenso verändert hatten wie der Rest seines Körpers, sah er nicht wie erwartet die Datenbuckel des Informationsjunktims, sondern erneut jenen Raum mit den weißen Wänden, und in der Mitte stand Tyragon, der Tyragon, den er zuvor gesehen hatte, alt und schwach und voller Kummer.
    »Wenn du diese Nachricht empfängst, Säkularer«, sagte der greise Eterne, »geht die Saat auf. Ich habe versucht, bei der genetischen Programmierung alle Faktoren zu berücksichtigen, aber über so viele Großgenerationen hinweg … Ich weiß nicht, wer du bist, der du – hoffentlich – diese Worte hörst, aber du wirst zumindest ein Säkularer sein, und die Veränderungen in dir sollten dich zumindest vor den direkten Manipulationen des Erhabenen schützen. Er hat uns von Anfang an missbraucht! Aber ich habe von etwas erfahren, das ›Flix‹ heißt und zur Dominanz gehört. Wenn du …«
    Der alte Eterne erstarrte, und seine Stimme verklang.
    Olkin trat aus dem Nichts, richtete einen finsteren Blick auf Tyragon und gestikulierte – der Greis verschwand.
    »Und ich dachte, alle seine

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