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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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    Gemeinsam stürzten sie in die Vergangenheit.
     

34
Seelenbilder
     
Blau: Tintiran, 6. Juli 301 SN
     
    Die untergehende Sonne schien das Scharlachrote Meer in einen Ozean aus Blut zu verwandeln, und in der Stadt Bellavista gingen tausende von bunten Lichtern an. Es war ein vertrauter Anblick für Valdorian, doch er glaubte, die einzigartige, flüchtige Schönheit dieses Moments erst jetzt richtig genießen zu können.
    »Tintiran«, sagte er.
    »Aber wann?«
    Diamants Augen wurden groß, als sich ein dunkler Koloss vom Himmel herabsenkte und dem Raumhafen von Bellavista entgegenschwebte: ein riesiges Kantaki-Schiff, eines der größten, die Valdorian je gesehen hatte. Er bemerkte wilde Freude in den Augen der Frau an seiner Seite, dann Sehnsucht und Kummer. Und aufkeimende Hoffnung. Dieses Universum kollabierte nicht. Noch nicht.
    Der Retransfer war am Rand der Stadt erfolgt, hinter einigen Lagergebäuden aus Synthomasse, vor denen Drohnen und Servi damit beschäftigt waren, Container auf Levitatorplattformen zu verladen – vielleicht Fracht für die Transportblase des zur Landung ansetzenden Kantaki-Schiffes. Oder für eines der beiden zwiebelförmigen Horgh-Schiffe, die Valdorian auf dem Gelände des Raumhafens sah.
    Sie blieben zwischen den ersten Bäumen des tropischen Waldes stehen, der sich hinter ihnen über die Hänge der Hügel und Berge erstreckte, beobachteten das landende Schiff und den Verkehr. Alles wirkte herrlich normal. Im Vergleich mit dieser Szene erschienen die Erinnerungen an die jüngsten Ereignisse wie Bilder aus einem Albtraum.
    Valdorian lächelte erleichtert, und Diamant sah es.
    »Wir haben eine Aufgabe.«
    »Natürlich«, sagte er, und das Lächeln verschwand von seinen Lippen. »Ich dachte nur …«
    »Ja, ich weiß. Mir geht es ebenso. Alles ist so … friedlich. Und doch … Irgendwo findet hier ein Ereignis statt, das den Temporalen einen zweiten Zeitkrieg und den Sieg ermöglicht. Die erste Manipulation, der Anfang vom Ende.«
    »Was könnte es sein?«
    »Ich habe keine Ahnung. Bei den früheren Kognitormissionen meiner anderen Selbstversionen gab es Hinweise auf die Manipulationen, die es rückgängig zu machen galt. Diesmal fehlt jeder Anhaltspunkt. Als Späherin bin ich nie für den Widerstand tätig gewesen. Ich kann nur hoffen, dass ich früher oder später etwas entdecke, das uns Aufschluss gibt.«
    »Früher oder später …«, wiederholte Valdorian nachdenklich und beobachtete, wie der dunkle, asymmetrische Kantaki-Gigant dicht über dem Landefeld des Raumhafens verharrte. »Wie viel Zeit bleibt uns? Wann findet das Schlüsselereignis statt?«
    »Auch das weiß ich nicht. Aber wir sollten so schnell wie möglich handeln.«
    »Wie gehen wir vor?« Valdorian hatte plötzlich eine Idee. »Können uns die Kantaki helfen? Wie wär’s, wenn wir die Sakrale Pagode in Bellavista aufsuchen und …«
    Diamant schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen. Vermutlich gibt es hier getarnte Temporale, die die entscheidende Manipulation vorbereiten. Und bestimmt halten sie nach Angehörigen des Widerstands Ausschau, nach Personen wie uns, die von ihren Plänen wissen und sie vereiteln könnten. Die Einrichtungen der Kantaki werden mit Sicherheit von ihnen beobachtet. Wir müssen unter allen Umständen Aufsehen vermeiden.«
    Sie blickte an sich selbst herab, zog an ihrer zerrissenen Kleidung, fuhr sich durch das lange, struppige Haar. »In diesem Zustand kann ich mich in der Stadt kaum sehen lassen. Wir brauchen einen sicheren Ort, um notwendige Vorbereitungen zu treffen und alles Weitere zu planen. Die Frage ist: Wem können wir auf dieser Welt in dieser Zeit trauen? Wer kann uns helfen?«
    Valdorians Blick wanderte über die Stadt hinweg, glitt an den Hängen empor und suchte nach einer ganz bestimmten Villa.
    »Ich glaube, ich kenne jemanden, der unser Vertrauen verdient. Ich habe ihm jedenfalls immer vertraut.« Er sah Diamant an und erkannte die unausgesprochene Frage in ihrem Gesicht. »Warten Sie hier. Ich hole Hilfe.«
    »Dorian …«
    »Bitte nehmen Sie sich kein Beispiel an der bitteren Diamant in Ihnen. Hören Sie auf, einen möglichen Gegner in mir zu sehen. Ich stehe auf Ihrer Seite. Bleiben Sie und haben Sie ein wenig Geduld.« Valdorian zögerte kurz, bevor er hinzufügte: »Ich werde Sie nicht enttäuschen.« Er meinte es ernst.
    Er wartete ihr Nicken ab, eilte dann fort.
     
    Valdorian schritt durch die Fußgängern vorbehaltenen Verkehrszonen an der Peripherie von

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