Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
bestand.
»Wir müssen warten, bis sich unsere Transfersignatur auflöst«, sagte Aida und schälte sich aus dem Kampfanzug. Zum Vorschein kam eine sehr zart gebaute Frau, etwas kleiner als Diamant und ungefähr dreißig Jahre alt. Die beiden Frauen schienen im gleichen Alter zu sein, aber dieser Eindruck täuschte natürlich. Diamant wusste sich mit ihren dreihundert Jahren viel älter. »Das dauert zwei bis drei Stunden. Anschließend fliegen wir zu einem Refugium.«
»Ich kann es noch immer nicht glauben, dass du lebst«, sagte Diamant langsam.
Aida lächelte. »In vielen Universen habe ich den Sturz vom Felsen überlebt, in anderen nicht. Ich hatte Gelegenheit, an meinem eigenen Grab zu stehen – das können nicht viele Personen von sich behaupten. Und alles ist real, jeder Kosmos und alle Welten darin, auch die von Temporalen manipulierten Zeitlinien. Nur die Dichte der Realität unterscheidet sich.«
Vor dem inneren Auge sah Diamant noch einmal, wie Esmeralda starb, seit mehr als zweihundert Jahren ihre beste Freundin, und das Staunen wich neuem Kummer. »Haben wir jetzt Zeit für Erklärungen?«
»Ich denke schon.« Aida streifte einen leichten Overall über, in dem sie wie eine Wartungstechnikerin aussah, und drehte den Sessel. Draußen huschten weiterhin die blitzenden Punkte umher, während sich bunte, wie flüssig wirkende Bänder dehnten und streckten. »Sind dir nicht manche Dinge seltsam vorgekommen?«
»Während der letzten halben Stunde?« Diamant lachte humorlos. »Jede Menge.«
»Nein, ich meine vorher. Sind dir keine Ungereimtheiten aufgefallen, Dinge, die du anders erwartet hast?«
»Esmeralda … Sie meinte, ich hätte Valdorian ihr gegenüber nie erwähnt. Aber das kann unmöglich stimmen.« Andere verwirrende Momente fielen ihr ein, und nachdenklich erzählte sie ihrer Schwester davon. Begegnungen mit ihr fremden Personen, die jedoch behaupteten, sie zu kennen. Städte mit ihr gänzlich unbekannten Verkehrskorridoren oder Viertel, in denen bestimmte Gebäude fehlten. »Manchmal habe ich sonderbare Erinnerungslücken. Ich sehe Dinge, die mir vertraut erscheinen, aber irgendwie … anders sind.«
Aida nickte.
»Ich dachte, es sind die Begleiterscheinungen eines langen Lebens. Man vergisst Altes und nimmt Neues in sich auf …«
»Nein. Es liegt daran, dass du Teil einer manipulierten Zeitlinie bist. Aber nicht ganz, denn wir Kantaki-Piloten stehen abseits des gewöhnlichen Zeitstroms und sind daher natürliche Kognitoren. Darum haben es die Temporalen auf uns abgesehen.«
»Du bist ebenfalls Pilotin?«
»Eine weitere Überraschung für dich«, stellte Aida fest und lächelte sanft. »Die Gabe liegt in der Familie. Unser Bruder Ferdinand hatte sie ebenfalls.«
»Unser Bruder?«
»Ja. Er starb beim Kampf um die Gelbe Bastion, vor einem Jahr subjektiver Zeit.«
»Langsam, langsam …« Diamant schüttelte den Kopf. »Die Temporalen wurden von den Feyn und Kantaki besiegt, am Ende des tausendjährigen Zeitkriegs …«
»Der erste Zeitkrieg endete für sie mit einer Niederlage, aber nicht der zweite. Den gewannen sie.«
»Ich … erinnere mich nicht an einen zweiten Zeitkrieg.«
»Weil die Temporalen nach dem Sieg die gesamte Zeitlinie manipulierten. Wir versuchen, die blauen Realitäten wiederherzustellen, indem wir die Manipulationen der Temporalen an den Kausalitätspunkten rückgängig machen, aber sie reagieren mit neuen Veränderungen und jagen uns. Dieses Universum kommt der ursprünglichen Realität – wenn es so etwas überhaupt jemals gab – recht nahe. Hier fand ein erster Zeitkrieg statt. Die Feyn existieren nicht mehr, aber Munghar ist nicht zerstört. Die Kantaki verteidigen den Sakralen Kodex. Aber auch hier gibt es getarnte Temporale, die bestrebt sind, den großen Kollaps herbeizuführen. Und ihre Eliminatoren sind ständig auf der Suche nach Kognitoren.«
Aida sah die Frage im Gesicht ihrer Schwester.
»Kognitoren sind Personen, die aus bestimmten Gründen nicht in die veränderte historische Struktur einer manipulierten Realitätslinie eingebunden sind. Sie spüren, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht, und deshalb sind sie eine Gefahr für die Temporalen. Praktisch alle Kantaki-Piloten sind Kognitoren, weil wir uns oft in der Hyperdimension der Kantaki aufhalten und uns dort abseits des gewöhnlichen Zeitstroms bewegen, in dem die Manipulationen stattfinden. Außerdem sind wir Kantaki-Piloten wie während des ersten Zeitkriegs in der Lage, getarnte
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