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Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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kalt oder fast heiß anfühlten. Vielleicht boten die dortigen Temperaturunterschiede einen Hinweis auf den Grad der Vitalität oder der Lebendigkeit der Station. Oder, dachte Dominique, als sie durch eine enge Spirale kletterten, die immer wieder abzuknicken schien, obwohl sie weiter nach oben führte, oder war es gar nicht die Station, die »lebte«? Gab es hier irgendwo in dieser grauschwarzen Welt noch lebende Kantaki, nach all den Jahrtausenden? Dominiques Herz klopfte schneller bei dieser Vorstellung, und sie öffnete ihre Sinne dem Tal-Telas, benutzte auch ihre geistigen Augen und Ohren. Der Eindruck von Wärme, Sanftheit und Sicherheit blieb, ohne einen Fokus zu gewinnen, einen Ausgangspunkt.
    Sie erreichten das Ende der Spirale, und direkt daneben befand sich eine fünfeckige Öffnung, hinter der sich einer der großen Räume erstreckte, in denen Rupert die Nahrung gefunden hatte. Dort war das Licht etwas heller, ohne einen identifizierbaren Ursprung zu haben, und auf fünf zu einem Fünfeck angeordneten Terrassen wuchsen Gebilde, die auf den ersten Blick betrachtet wie weißgraue Kristalle aussahen. Als Dominique zu ihnen trat, stellte sie fest, dass die vermeintlichen Kristalle eine Borke wie Bäume hatten. Trotzdem widerstrebte es ihr, von ihnen als Pflanzen zu denken.
    Sie berührte die runden, fruchtartigen Objekte und glaubte erneut, eine leichte Vibration zu spüren. Die grauen Fladen, groß und klein, wuchsen an geradezu absurd dünnen Stängeln. Dominique streckte die Hand nach dem dunklen Boden aus, und die Finger verschwanden in dem Schwarz, ohne auf irgendeinen Widerstand zu treffen.
    »Woher hast du gewusst, dass man diese Dinge essen kann, Rupert?«, fragte sie.
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich wusste es einfach.«
    Dominique musterte ihn erneut. »So wie du weißt, dass du hier sicher bist?«
    Rupert lächelte einmal mehr. »Ja.«
    Dominique löste einen Fladen vom Stängel, biss hinein und stellte fest, dass er frischer schmeckte als die anderen, die sie probiert hatte.
    »Es besteht also nicht die Gefahr, dass wir verhungern«, sagte sie. »Was ist mit Wasser?« Sie war plötzlich durstig.
    »Komm.«
    Rupert führte sie in einen kleineren Nebenraum voller Schatten und mit unterschiedlich großen Öffnungen in Wänden, die den Eindruck erweckten, ineinander verkantet zu sein. Links vom Eingang, auf einem fünfeckigen Sockel, standen mehrere schalenartige Gefäße. Rupert nahm eins davon, stellte es in eine der Öffnungen und winkte. »Sieh es dir an.«
    Dominique blieb an seiner Seite stehen und beobachtete, wie sich die Schale mit einer klaren Flüssigkeit füllte, die aus dem Nichts zu kommen schien.
    »Wie Iremia«, sagte sie leise. »Veränderung der Materie und Manipulation physischer und energetischer Strukturen.«
    Rupert sah sie stumm an, mit einer Frage im Gesicht.
    »Iremia ist eine der Stufen des Tal-Telas«, erklärte Dominique.
    Rupert nahm die Schale und gab sie ihr. »Trink. Es schmeckt gut.«
    Sie setzte das Gefäß an die Lippen, trank einen vorsichtigen Schluck und hob erstaunt die Brauen. Die klare Flüssigkeit, die sie für Wasser gehalten hatte, schmeckte nach einer Mischung aus Milch, Sekt und den Eislimonaden von Millennia. Sie trank mehr, und wenige Sekunden später war die Schale leer.
    »Für Essen und Trinken ist also gesorgt«, sagte Dominique. »Das gibt uns Zeit, nach einem Ausgang zu suchen.«
    Ein Schatten fiel auf Ruperts Gesicht. »Ich möchte nicht weg von hier, Domi. Hier … fühle ich mich sicher.«
    Das Funkeln kehrte für ein oder zwei Sekunden in seine Augen zurück, verblasste dann wieder. Dominique sah es und begriff, dass sie noch immer sehr vorsichtig sein musste, auch wenn Rupert sprach und oft lächelte. Zum ersten Mal in seinem von Leid und Qualen geprägten Leben glaubte er sich in Sicherheit, und wenn er befürchtete, dass sie ihm diese Sicherheit nehmen wollte …
    Dominique stellte das Gefäß auf den Sockel zurück und begann mit dem Bau einer inneren Barriere. Sie musste auf alles gefasst sein, auch auf einen Anfall Ruperts, einen plötzlichen mentalen Angriff.
    »Keine Angst, Rupert«, sagte sie langsam und in einem beruhigenden Tonfall. »Du wirst nie wieder leiden, das verspreche ich dir.« Wie schon einige Male zuvor verlieh sie ihren Worten in Delm behutsam Nachdruck.
    Ein neuerliches Lächeln huschte über Ruperts Lippen. »Ich habe uns hierhergebracht.«
    » Du hast uns hierhergebracht?«, erwiderte Dominique verblüfft.
    »Ja.«

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