Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
der das Tal-Telas kommt …«, murmelte Dominique.
»Er manipulierte das Werk seines eigenen Volkes«, sagte Mutter Rrirk. »Kranke Gedanken veranlassten ihn dazu.«
»Ein kranker Gott …« Dominique schüttelte den Kopf. »Wer ist dieser Olkin? Was will er? Und was ist mit seinem Volk?«
»Olkin zählt zu den Prävalenten«, erklärte die alte Kantaki. »Die Schöpfer dieses Universums und vieler anderer. Sie waren das erste Leben im ersten Universum, das durch Zufall entstand. Oder vielleicht durch den Willen eines Urschöpfers, des Geistes, der schon einmal zu Materie wurde, zum ersten aller Universen, auf der Suche nach Erkenntnis. Und als sein Zyklus zu Ende ging, als er sich anschickte, wieder Geist zu werden, als jenem ersten Universum das Ende drohte … Da brachen die Prävalenten auf und ließen sich in ihrer eigenen Sphäre nieder, der Dominanz. Sie schufen ein neues Universum, damit weiterhin Leben existieren konnte, und sie gaben ihm die Saiten des ersten Kosmos, um das Lied der ursprünglichen Schöpfung weiterhin erklingen zu lassen.«
Mutter Rrirk legte eine kurze Pause ein, und Dominique glaubte, ein leises mentales Seufzen zu hören. Sie wechselte einen kurzen Blick mit Rupert und sah in seinen Augen die gleiche Faszination, die auch sie empfand.
»Das alles wissen wir von KiTamarani, einem Teil des ebenfalls von den Prävalenten geschaffenen Konziliats, das damit beauftragt war, den sogenannten Omnivor unschädlich zu machen: Realität fressendes Antileben, durch einen winzigen Fehler im Schöpfungsplan der Prävalenten entstanden. Wir Alten glauben, dass Olkin für diesen Fehler verantwortlich ist. Der Omnivor … Wir wussten von ihm und nannten ihn den Abissalen. Und wir dachten, der Finale Konflikt beträfe ihn.«
Die Trauer kehrte zurück, und von einem Augenblick zum anderen fühlte sich Dominique den Tränen nahe. Sie versuchte, den Gefühlen keine Beachtung zu schenken und sich allein auf die Worte zu konzentrieren.
»Aber er betraf uns«, sagte Mutter Rrirk in ihrem Kopf. »Kantaki wurden zu Feinden der Kantaki, und mit ihnen die Piloten. Wir Alten versuchten, die Jungen aufzuklären, ihnen die Hintergründe zu erläutern. Aber sie wollten nicht verstehen, dass der Zyklus des Geistes, der einst Materie wurde, wirklich seinem Ende entgegenging. Sie hielten daran fest, die vierte Ära zu verlängern. Olkin beeinflusste sie. Er säte Zwietracht zwischen uns. Er trübte den Blick der jüngeren Kantaki so sehr, dass sie nicht mehr in der Lage waren, die Wahrheit zu erkennen. Er stellte uns als Gegner des Geistes dar, aus dem alles entstanden ist.«
Dominique bemerkte, wie die Lumineszenz stärker wurde, und erste Risse zeigten sich in der Wand aus Kristall. Inzwischen zweifelte sie nicht mehr daran: Dem geistigen Erwachen folgte auch das körperliche. Mutter Rrirk schickte sich an, die letzte Sekunde ihres langen Kantaki-Lebens zu leben. Wie viel Zeit war das nach menschlichen Maßstäben?
»Es kam zum Kampf – wir konnten ihn nicht vermeiden«, setzte die alte Kantaki ihren Bericht fort. »Wir unterlagen, mussten fliehen und konnten die Deformation der Wirklichkeit nicht verhindern.«
»Deformation der Wirklichkeit …«, wiederholte Dominique langsam. Dieser vage Begriff gefiel ihr ebenso wenig wie die anderen, mit denen sie kaum etwas anfangen konnte. Es klang zu … abgehoben, zu weit von der ihr vertrauten Realität entfernt. »Ich bin nicht sicher, ob ich das alles verstehe.«
»Vielleicht habe ich später Gelegenheit, euch die Einzelheiten zu erklären«, antwortete die greise Kantaki. »Aber derzeit müsst ihr euch mit einem groben Überblick begnügen. Schiff und Körper schlafen noch; ich brauche einen Teil meiner Kraft, um beide zu wecken.«
Ein Schiff , dachte Dominique. Eine Möglichkeit, Aquaria zu verlassen?
»Dieses Schattenuniversum, diese deformierte Wirklichkeit, verlängert das Vierte Kosmische Zeitalter, indem es alle Ereignisse in einer gewaltigen Endlosschleife wiederholt«, sagte Mutter Rrirk. »Wir Alten, die wir damals flohen, vor vielen, vielen Jahrtausenden eurer Zeitrechnung, haben uns an bestimmte Kausalitätsstellen im Strom der Ereignisse zurückgezogen und warten seitdem, wie ich hier auf Aquaria. Wir warten, und unsere Gedanken verändern dort, wo sie etwas verändern können. Der Grakenkrieg hat bereits neunzehnmal stattgefunden, Dominique, ohne dass wir den Untergang der Menschheit und der mit ihr verbündeten Völker verhindern konnten. Elfmal
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