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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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zu leugnen.
    »Ja.«
    »Blieb mir etwas anderes übrig, Erasmus?«
    Er hob angedeutete silberne Brauen. »Wie wäre es damit, Fragen zu stellen?«
    »Worin besteht das Geheimnis Ihrer überlichtschnellen Antriebstechnik, die keine Transferschneisen erfordert?«
    Erasmus lächelte. »Ich habe es Ihnen genannt. Und Sie haben es in Ihrem mnemischen Gewebe gespeichert.«
    Tamara fühlte sich verbal in die Defensive gedrängt und versuchte, mit dieser zweiten und vielleicht noch größeren Überraschung fertig zu werden.
    »Die Gefühle sind nicht völlig aus Ihnen verschwunden, Ehrenwerte.«
    Tamara spürte einen Hauch von Ärger, der Erasmus' Worte bestätigte, und vielleicht verriet sie ihn mit einem kurzen Blitzen in den Augen, denn die silberne Gestalt fügte hinzu:
    »Sie halten Gefühle für ein Zeichen von Schwäche. Wir Zäiden hingegen sehen darin einen wichtigen Aspekt vollständigen Lebens. Wir haben gelernt, Emotionen zu entwickeln, und dadurch sind wir gewachsen.«
    Tamara hielt es für möglich, dass diese Begegnung sorgfältig geplant war. Zwei große Überraschungen, verbale Provokation … Wollte Erasmus sie aus der Reserve locken?
    »Algorithmen, die Gefühle simulieren«, sagte sie kühl. »Und spezielle Prozessoren für Ihre Emo-Programme.«
    »Ja«, bestätigte Erasmus. »Stark vereinfacht ausgedrückt. Wenn Sie mir eine ähnliche Simplifizierung gestatten: Auch Sie sind das Ergebnis von in Hardware ausgeführter Software. Ihre Programme heißen genetischer Code, Genom, RNS und DNS. Und die Hardware ist das Material der Zellen.«
    »Das ist eine sehr starke Vereinfachung.«
    »Nicht annähernd so stark wie die von Ihnen genannte, Ehrenwerte, das garantiere ich Ihnen.«
    Tamara blickte über das grüne Hügelland. Menschen kamen an ihnen vorbei, grüßten Erasmus und auch sie, bedachten die plötzlich unter ihnen erschienene Besucherin mit neugierigen Blicken.
    »Sie haben es die ganze Zeit über gewusst, nicht wahr?«, fragte die Tal-Telassi schließlich.
    »Dass Sie nicht nur als Vertreterin der Republik Millennia hier sind, sondern auch im Auftrag Ihrer Sektion eins?« Erasmus zuckte mit den Schultern. »Es war klar, dass Sie die besondere Situation nutzen würden, um mehr über uns herauszufinden.«
    Tamara hielt es erneut für sinnlos, Offensichtliches zu leugnen. »Wir sind gezwungen, solche Maßnahmen zu ergreifen, denn Fragen genügen eben nicht, Erasmus. Sie genügen nicht, wenn wir keine Antworten bekommen.«
    »Manchmal bekommen Sie nicht die Antworten, die Sie erwarten oder sich erhoffen«, erwiderte der Zäide. »Wenn ein Kind nach dem Sinn des Lebens fragt … Sprechen Sie dann von Meta-Sinn, Relativismus, infinitem Regress, Dogmen und unendlicher Regression? Weisen Sie darauf hin, dass manche Menschen die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen, weil sie das Gefühl haben, dass er ihnen abhanden gekommen ist? Erklären Sie vielleicht Moral, Ethik, Hedonismus? Gehen Sie darauf ein, welche Auswirkungen der Determinismus auf die Frage nach dem Sinn des Lebens hat? Erläutern Sie den Existenzialismus? Oder sagen Sie dem Kind: Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst und die Möglichkeit, es in all seinen Formen zu erfahren.«
    »Vergleichen Sie uns mit Kindern?«, fragte Tamara. »Glauben Sie, uns so sehr überlegen zu sein? Ich bin tausendachthundert Jahre alt, Erasmus. Wie alt sind Sie?«
    »Ich bin viel jünger als Sie. Wir alle sind viel jünger. Aber wir lernen schneller. Wir mehren unser Wissen schneller und verarbeiten es mit weitaus höherer Geschwindigkeit. Wir wachsen viel schneller als Sie. Und davor fürchten Sie sich, nicht wahr? Das treibt Sie letztendlich an: Furcht. Sie fürchten sich vor dem, was Sie nicht verstehen.«
    »Erklären Sie uns, was wir nicht verstehen«, sagte Tamara. »Erklären Sie es so, dass wir es verstehen.«
    »Sind Sie bereit, uns als Lehrer zu akzeptieren?«
    Tamara dachte über die Frage nach. Sie war in einem neutralen Tonfall gestellt und klang ehrlich, aber vermutlich verbarg sich hinter ihr weitaus mehr Bedeutung, als in den Worten allein zum Ausdruck kam. Das war eins der Probleme mit den Maschinenzivilisationen: Worte genügten oft nicht.
    »Uns Emm-Zetts«, fügte Erasmus mit leisem Spott hinzu. »Falsches Leben, das im Tal-Telas keinen Schatten wirft?«
    »Wir sind bereit, mit Ihnen zu sprechen und zu versuchen , Sie zu verstehen.«
    »Gilt das auch für Sie persönlich, Tamara 14? Sind Sie bereit zu versuchen, uns zu verstehen?«
    Tamara

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