Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
Fünften Dominium sprechen. Ich möchte endlich einen Blick auf die Wahrheit hinter all den Lügen werfen.«
»Die Zeit drängt …«, betonte Dominik noch einmal. »Vielleicht haben einige Dominante die Prävalenz erreicht. Und Olkin könnte jederzeit etwas gegen uns unternehmen.«
Am Rande der großen, mehr als dreißig Meter durchmessenden Öffnung im Boden blieb Dominique stehen und blickte fast enttäuscht in die dunkle Tiefe – sie hatte halb damit gerechnet, dass hier ein Kantaki auf sie wartete. Dann hob sie den Kopf und sah den Alten an, der ebenfalls stehen geblieben war.
»Deine wenigen Erklärungen … Wer sagt mir, dass sie wahr sind?«
»Ich bin dein Vater! Warum sollte ich dich belügen?«
»In biologischer Hinsicht bist du mein Vater, aber abgesehen davon bist du ein Fremder für mich. Selbst Tarweder habe ich besser gekannt.« Sie unterbrach sich, als ein dumpfes Donnern vom riesigen Gebäude im Ödland kam wie der Schlag eines gewaltigen Gongs.
»Ein Transfer findet statt«, sagte Dominik besorgt. »Vielleicht verschaffen sich die Dominanten genau in diesem Augenblick Zugang zur Prävalenz!«
»Ich helfe dir erst, wenn ich sicher bin, alles richtig zu verstehen«, sagte Dominique und setzte ihren Fuß auf den Pfad, der an den Wänden des Loches entlang in die Tiefe führte. Der Alte zögerte kurz und folgte ihr dann.
Zehn Minuten später fanden sie den ersten toten Kantaki.
Dominique fühlte sich an den Anblick im Nexus erinnert: zwei unterschiedliche Geschöpfe, die sich gegenseitig umklammerten, im Tod vereint: ein großes, insektoides Wesen, das einer Gottesanbeterin ähnelte, mit mehreren gebrochenen Gliedmaßen, die anderen um den halb zerquetschten Oberkörper eines Humanoiden mit silbernem Haar und weit geöffneten kobaltblauen Augen geschlungen. »Ich fürchte, wir sind zu spät gekommen«, sagte Dominique kummervoll und setzte den Weg dann fort, tiefer hinab in den unterirdischen Bau. »Vielleicht ist es den Dominanten gelungen, die letzten Kantaki zu töten.«
Die perspektivischen Verzerrungen nahmen zu, als sie tiefer gelangten, doch daran war Dominique vom Kantaki-Schiff her gewöhnt, und ihrem Vater schien es ebenfalls nicht schwerzufallen, sich zu orientieren. In manchen Tunneln war es stockdunkel; in anderen glühten Leuchtstreifen in den Wänden oder an der Decke. An einigen Orten hatten erbitterte Kämpfe stattgefunden: Schmelzspuren an den Wänden, zerstörte Aggregate und herabgestürzte Deckensegmente wiesen deutlich darauf hin. Dominique berührte eins der Trümmerstücke und stellte fest, dass es noch warm war – die Auseinandersetzungen konnten also nicht sehr lange zurückliegen. Sie tastete nach der konusförmigen Waffe, stellte jedoch fest, dass ihre Taschen leer waren. Einige Sekunden lang versuchte sie, sich daran zu erinnern, was mit dem Objekt aus dem Nexus geschehen war, ob sie es im mobilen Haus zurückgelassen hatte, doch dann schob sie den Gedanken beiseite – Tal-Telas und Flix waren Waffe genug.
Sie fanden weitere tote Kantaki, einige von ihnen völlig zerfetzt, andere mit aufgebrochenen Köpfen oder klaffenden Wunden im gepanzerten Leib. In einem fünfeckigen Raum hatte offenbar eine Mutter versucht, ihre fünf erst vor kurzer Zeit geschlüpften Kinder zu verteidigen. Ein Dominanter hatte den Kampf mit dem Leben bezahlt, aber der oder die anderen waren schließlich als Sieger daraus hervorgegangen. Mehrere starke Explosionen hatten sowohl die Mutter als auch die kleinen Kantaki zerrissen und ein großes Loch in der Rückwand des Raums hinterlassen, durch das Dominique in den nächsten Tunnel trat.
Dominik folgte ihr nur widerwillig. »Es hat keinen Sinn«, sagte er. »Die Kantaki sind tot.«
Dominique neigte den Kopf zur Seite, als sie den Hauch eines Flüsterns aus den Tiefen des Nestes hörte. Sie horchte in Delm, verband ihr Selbst auch mit den anderen Stufen des Tal-Telas … und fühlte etwas, eine ferne Präsenz, wie einen Schatten zwischen Schatten.
»Nein«, sagte sie. »Nein, es sind nicht alle tot.« Sie konzentrierte sich und schickte der vagen fernen Präsenz eine Botschaft: Bilder, die sie zusammen mit Mutter Rrirk zeigten, und Gedanken, die auf ihre guten Absichten hinwiesen.
Aus dem Flüstern wurde eine wortlose Frage, und Dominique öffnete ihr Selbst einem fremden Bewusstsein, das Jahrtausende alt war, älter als die ältesten Tal-Telassi. Sie empfing einen Namen …
»Vater Mru!«, entfuhr es ihr. »Vater Mru ist hier
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