Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
über die Stadt, konzentrierte sich dabei auf die Stellen, wo besonders erbitterte Kämpfe stattfanden. Sie glaubte, Anzeichen für ein Muster zu erkennen, und als sie sich mit dem Tal-Telas verband, wurde es schnell deutlicher. Wenn sie die Punkte, an denen Eisenmänner und Dominante mit besonderer Entschlossenheit aufeinandertrafen, miteinander verband, so entstand eine wellenförmige Linie, die durch ganz Zontra reichte. Und dann, nach einem Blinzeln, das einen anderen Blick öffnete, sah Dominique plötzlich, was in der Hauptstadt von Heres das Vierte vom Fünften Dominium trennte: ein zarter, matt schimmernder Schleier aus rosaroten und blauen Tönen, wie die glühenden Vorhänge des Polarlichts, die sie einmal über dem Nordpol von Millennia gesehen hatte. Was sich wirklich auf der anderen Seite befand, ließ sich mit den Augen allein nicht feststellen – Dominique sah dahinter keine fremde Welt, sondern nur Gebäude, Verkehrskorridore und Parks von Zontra, teilweise bereits in Schutt und Asche gelegt. Der trennende Schleier blieb nicht auf den Boden beschränkt, zog sich weit nach oben, und manchmal kam es in ihm zu schlängelnden Bewegungen, die offenbar nicht zur anderen, noch immer wesentlich langsameren Zeitzone gehörten. Ein Teil der Barriere reichte bis zum Rand des Turmdaches empor, und Dominik machte Anstalten, sie durch einen Schritt ins Nichts zu passieren.
Dominique beobachtete noch immer die Kämpfe und wusste sie jetzt besser zu deuten. »Die Dominanten versuchen, die Eisenmänner daran zu hindern, ins Fünfte Dominium zu gelangen.«
»Ja. Aber es sind nur noch wenige. Es ist wie eine Ironie des Schicksals: Sie haben Heres mithilfe der Temporalen geschaffen, aber jetzt sind sie auf dem besten Wege, Opfer der eigenen Isolation zu werden. Bisher haben es die Crotha nicht geschafft, die Barriere zu passieren, und wir müssen es verhindern, sobald wir auf der anderen Seite sind. Wir schließen den Zugang, den die Formel des Realitätsmechanikers geöffnet hat.«
Dominique hörte etwas in den Worten ihres Vaters, das ihr nicht gefiel. »Du willst ihn für immer schließen, nicht wahr? Und es würde bedeuten, dass wir nicht zurückkehren können.«
Dominik drehte sich um und sah sie an. Auf der anderen Seite der dreihundert Meter tiefen Schlucht bildete sich die Feuerkugel einer Explosion auf einem nicht ganz so hohen Turm. Trümmerstücke flogen davon, mit einer Geschwindigkeit von etwa einem halben Meter in einer Sekunde, und einige von ihnen flogen in ihre Richtung, stellte Dominique fest.
»Es geht um viel mehr als nur um uns«, sagte Dominik sehr ernst. Er deutete zu den glühenden Trümmern, die auf der Druckwelle ritten. »Wir müssen jetzt handeln, Domi.«
Domi … Sie dachte an Rupert, an sein Leben voller Leid und Qual, an die kurze Zeit, die er mit ihr verbracht hatte. Und sie dachte an Loana, die über Jahrzehnte hinweg getrauert hatte. Sie bedauerte plötzlich, keine Chance mehr zu haben, sich bei ihrer Mutter für den dummen, unwissenden Spott entschuldigen zu können, den sie in ihrer Jugend für intelligent und klug gehalten hatte. Inzwischen sah sie die Dinge aus einem völlig anderen Blickwinkel.
Die Trümmerstücke und das Feuer der Explosion hatten die Schlucht inzwischen zur Hälfte überquert.
Dominique gab sich einen Ruck und ging zu ihrem Vater.
Er nickte zufrieden, und ein kurzes Lächeln huschte über seine Lippen. »Zusammen können wir es schaffen«, sagte Dominik, ohne darauf hinzuweisen, was genau sie erreichen konnten. Er griff nach ihrer Hand und trat entschlossen vor, über den Rand des Daches hinaus, ins bunte Flirren des Schleiers …
Dominik stürzte und riss seine Tochter mit in die Tiefe.
Aber sie fielen nicht in eine Straßenschlucht des Vierten Dominiums, sondern durch graue Leere, in der sich manchmal seltsame Konturen abzeichneten. Dominique versuchte, Einzelheiten zu erkennen, und für einen Moment glaubte sie, direkt vor ihr ein riesenhaftes Auge zu erkennen, das alles sah, selbst die Gedankenfragmente in ihrem Unterbewusstsein.
Dann endete der Sturz in die Tiefe, und sie fand sich auf einer düsteren Welt wieder. Eine öde, staubige Ebene erstreckte sich vor ihr, und aus diesem kargen Land, in dem es mehr Schatten gab als Licht, erhob sich ein gewaltiges Bauwerk, das der Dunkelheit Substanz zu geben schien. Die Schatten verdichteten sich dort, wurden zu Quadern, Ovalen, Rechtecken, Würfeln und anderen Objekten, die wie wahllos
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