Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
Staat abzuführen. Solche Fälle sorgen natürlich für Schlagzeilen. Die wirklich großen Steuervermeider sind aber nicht Privatpersonen, sondern Großkonzerne. Sie beschäftigen ganze Abteilungen, um Steuern zu vermeiden – in der Regel ganz legal, dank Ausnutzung von Steuerschlupflöchern und Steueroasen, in die einzelne Firmensitze verlegt werden.
Steuersparen statt Golfspielen
Aber auch für Privatpersonen gibt es erstaunlich viele legale »Steuersparmodelle« (gerne auch in Form von Schifffonds und Ähnlichem), mit denen man langfristig allerdings schwer auf die Nase fallen kann. Das ist sozusagen ausgleichende Gerechtigkeit. Was dem Eifer und Erfindungsreichtum beim Steuersparen aber keinen Abbruch zu tun scheint. In manchen Kreisen ist das Steuersparen ein noch beliebteres Hobby als das Golfspielen. Unnötig, darauf hinzuweisen, dass Bürger, die nur auf Lohnsteuerkarte arbeiten, solche Möglichkeiten nicht haben. Ihnen bleibt nur die illegale Schwarzarbeit, um sich dem Fiskus zu entziehen.
Im Prinzip sind möglichst niedrige Einkommensteuern natürlich verlockend. Manche Länder werben regelrecht damit, um Unternehmen beziehungsweise Unternehmer aus dem Ausland anzuziehen. Auf Dauer erweist sich aber immer wieder: Staaten mit extrem geringem Steueraufkommen, die nicht noch irgendwelche anderen Einkommensquellen haben (zum Beispiel Rohstoffe), bekommen meist irgendwann ernste Probleme. Viele osteuropäische Länder haben, als sie sich vom Kommunismus verabschiedeten und Marktwirtschaften wurden, eine niedrige Einheitssteuer (»Flat Tax«) eingeführt. Das schien zunächst gut zu klappen, zumal man damit die vielen Ausnahmen und Steuerschlupflöcher gar nicht erst entstehen ließ. Und für ausländische Investoren war das ein zusätzliches Argument, nach Osteuropa zu gehen. Mittlerweile merken aber Länder wie Estland oder die Slowakei, dass sie damit doch nicht so richtig glücklich sind. Es fehlt Geld in der Staatskasse, etwa für Sozialausgaben, und auch viele Bürger empfinden diese einheitliche Besteuerung als nicht gerecht genug.
Bei uns gibt es neben der Einkommensteuer beziehungsweise Lohnsteuer noch zahlreiche weitere Steuerarten. Davon ist die wichtigste – weil sie in etwa ebenso viel Geld wie die Einkommensteuer in die Staatskassen spült – die Umsatz- oder Mehrwertsteuer. Die Umsatzsteuer ist eine Steuer auf den Umsatz, also auf den Handel mit Waren und Dienstleistungen. Sie beträgt normalerweise 19 Prozent, es gibt aber einen ermäßigten Satz von 7 Prozent für Waren und Dienstleistungen, die nicht so teuer sein sollen (u. a. Grundnahrungsmittel, Bücher, Busfahrten, Museumseintritt). Das heißt: Wenn man im Kaufhaus ein T-Shirt für 11,90 Euro kauft, zahlt man 1,90 Euro Umsatzsteuer (auf den Umsatz von 10 Euro). Es ist eine »indirekte Steuer«, das heißt: Der Kunde zahlt sie nicht direkt ans Finanzamt, sondern an den Händler, und der überweist sie ans Finanzamt.
Auf das Geld, mit dem man das T-Shirt kauft, hat man aber meist vorher schon mal Steuern gezahlt, nämlich Einkommensteuer. Und auf den Gewinn, den das Kaufhaus mit dem Verkauf von T-Shirts macht, zahlt es ebenfalls Steuern.
Dass es unterschiedliche Mehrwertsteuersätze gibt, sorgt immer wieder für Diskussionen, weil die geltenden Sonderregelungen geradezu kurios sind. Kauft ein Familienvater zum Beispiel für sich selbst ein Rennpferd und für seine Frau einen Strauß Schnittblumen, zahlt er nur 7 Prozent. Kauft er für seine Kinder Babywindeln, zahlt er hingegen die vollen 19 Prozent. Mit sozialen Kriterien ist das wohl kaum zu erklären. Aber wehe, man würde versuchen, die Ausnahmen abzuschaffen. Das wäre wie bei einer Reform der Einkommensteuer: Einzelne Gruppen würden schlechter gestellt, und da droht Aufruhr. Mit wütenden Demos von Blumenhändlern ist unbedingt zu rechnen! Und auch die Rennpferde-Lobby hielte sicher nicht die Hufe still. Babywindel-Käufer hingegen neigen nicht dazu, gegen den »normalen« Steuersatz zu protestieren, sie sind ja daran gewöhnt und auch nicht als Lobbygruppe organisiert. Also lässt die Politik lieber alles, wie es ist, anstatt sich politischen Ärger ins Haus zu holen …
Steuerzahler sind empfindlich
Über diese »großen« Steuern hinaus gibt es noch einen Haufen anderer Steuern. Zum Beispiel:
Körperschaftssteuer (das ist eine Art »Einkommensteuer« für die Gewinne von Großfirmen)
Tabaksteuer (auf Zigaretten)
Mineralölsteuer (auf Benzin, Diesel,
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