Kapitän Singleton
und, wenn möglich, auf dem afrikanischen Kontinent zu landen.
Wir sprachen darüber mit vielen Eingeborenen, soweit wir uns ihnen verständlich machen konnten, aber wir vermochten von ihnen nur zu erfahren, daß jenseits des Meeres ein großes Land der Löwen liege, es sei jedoch sehr weit entfernt. Wir wußten ebensogut wie sie, daß der Weg lang war, aber unsere Leute hatten darüber sehr verschiedene Ansichten; einige sagten, die Entfernung betrage hundertundfünfzig Meilen, andere, nicht über hundert. Einer unserer Männer, der eine Weltkarte besaß, zeigte uns anhand ihres Maßstabs, daß es nicht mehr als achtzig Meilen waren. Einige behaupteten, auf dem ganzen Wege lägen Inseln verstreut, die wir berühren konnten, andere dagegen, es gebe dort nicht eine einzige Insel.
Was mich betraf, so wußte ich überhaupt nichts darüber und hörte mir alles gelassen an, ob es nun nah oder weit war; soviel erfuhren wir jedoch von einem alten blinden Mann, den ein Junge umherführte: Falls wir bis Ende August dort blieben, konnten wir sicher sein, daß der Wind günstig und das Meer die ganze Zeit über glatt wäre.
Dies bedeutete eine Ermutigung; es war uns jedoch eine unwillkommene Nachricht, daß wir bleiben mußten, denn dann würde sich die Sonne wieder nach Süden wenden, weshalb unsere Leute dazu nicht bereit waren. Endlich beriefen wir eine Versammlung unserer gesamten Mannschaft ein; die Debatten dabei waren zu langatmig, um sie hier niederzuschreiben, ich will nur erwähnen, daß, als Kapitän Bob an der Reihe war (denn so nannten sie mich, seit ich vor einem ihrer Anführer eine Verantwortung übernommen hatte), ich mich auf keine Seite stellte, denn es war mir wahrhaftig gleichgültig, und so erklärte ich ihnen, ob wir führen oder dort blieben – ich hätte kein Zuhause und mir sei die ganze Welt eins und deshalb überließe ich es gänzlich ihnen, die Entscheidung zu treffen.
Kurz, sie sahen deutlich, daß dort, wo wir uns befanden, ohne Schiff nichts zu machen war; wenn es nur darum ging, zu essen und zu trinken, konnten wir auf der Welt keinen besseren Ort finden, wenn wir aber fort und in unsere Heimat zurückkehren wollten, dann hätten wir keinen ungeeigneteren finden können.
Ich gestehe, daß mir das Land sehr gut gefiel und ich schon damals den merkwürdigen Einfall hatte, zurückzukehren, um dort zu leben, und ich erklärte ihnen oftmals, wenn ich nur ein Schiff mit zwanzig Kanonen und eine Schaluppe hätte, beides gut bemannt, dann wünschte ich mir keinen besseren Ort in der Welt, um so reich zu werden wie ein König.
Um aber wieder auf die Beratungen zurückzukommen, so entschieden sich unsere Leute für die Abfahrt. Alles in allem beschlossen sie, sich zum Festland hinüber zu wagen, und wir wagten es törichterweise wirklich, obwohl die Jahreszeit in diesem Land die falsche war, eine solche Fahrt zu unterne hmen, denn während die Winde in den Monaten März bis September ständig von Osten wehen, herrscht dort im Laufe des übrigen Jahres im allgemeinen Westwind, und wir hatten ihn gegen uns. Sobald wir mit einer Art Landbrise etwa fünfzehn bis zwanzig Meilen zurückgelegt hatten – gerade genug, wie ich sagen möchte, um uns zu verirren –, stellten wir denn auch fest, daß der Wind in einer kräftigen Brise von der See her westlich aus Westsüdwest oder Südwest bei West und niemals weiter vom Westen her wehte, so daß wir, mit einem Wort, nichts damit anzufangen vermochten.
Andererseits waren Fahrzeuge, wie wir sie hatten, nicht geeignet, hart am Wind zu liegen, sonst hätten wir Kurs auf Nordnordwest halten können, wo wir an einer großen Anza hl von Inseln vorbeigekommen wären, wie wir später erfuhren; wir schafften es jedoch nicht, obwohl wir es versuchten und uns mit dem Versuch beinah alle ins Verderben stürzten, denn während wir nach Norden segelten, so hart am Wind wie nur möglich, vergaßen wir die Umrisse und Lage der Insel Madagaskar selbst sowie auch die Tatsache, daß wir von einem Kap oder einer Landzunge abgefahren waren, die ungefähr in der Mitte der Insel lag und sich nach Westen hin weit hinaus ins Meer erstreckte, und daß die Küste der Insel jetzt, nachdem wir vierzig Meilen nach Norden gefahren waren, wieder über zweihundert Meilen weit nach Osten hin abfiel, so daß wir uns mittlerweile im offenen Ozean befanden, zwischen der Insel und dem Festland und von beiden fast hundert Meilen weit entfernt.
Da nun der Wind wie zuvor wieder kräftig von
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