Kapitän Singleton
daß wir am Ende unserer Reise noch vier Pfund Schießpulver übrig hatten. Den Negerprinzen gaben wir völlig frei, kleideten ihn aus unserem gemeinsamen Vorrat ein und schenkten ihm anderthalb Pfund Gold zu seiner persönlichen Verfügung; er wußte sie auch sehr gut zu verwerten. Hier trennten wir uns alle auf die allerfreundschaftlichste Weise. Unser Engländer blieb einige Zeit in der holländischen Faktorei und starb dort, wie ich später erfuhr, vor Kummer, denn er hatte tausend Pfund Sterling über Holland nach England gesandt, um nach seiner Heimkehr zu den Seinen eine Rücklage zu haben, aber das Schiff wurde von den Franzosen gekapert, und seine ganze Habe ging verloren.
Meine übrigen Kameraden fuhren mit einer kleinen Barke zu den beiden portugiesischen Faktoreien in der Nähe von Gambia auf dem vierzehnten Breitengrad, und ich begab mich mit zwei Negern, die ich bei mir behielt, nach Cape Coast Castle, wo ich eine Passage nach England erhielt. Dort kam ich im September an, und so endete mein erster Versuch, mir die Hörner abzustoßen. Der zweite sollte nicht so vorteilhaft verlaufen.
In England hatte ich weder Freunde noch Verwandte, noch irgendwelche Bekannte, obwohl es mein Geburtsland war; infolgedessen hatte ich niemanden, dem ich das, was ich besaß, anvertrauen konnte oder der mich beraten hätte, wie ich es sicherstellen und zurücklegen konnte. Vielmehr geriet ich in schlechte Gesellschaft, vertraute dem Wirt einer Schenke in Rotherhithe einen guten Teil meines Geldes an und vergeudete eilends den Rest, und infolgedessen war die große Summe, die ich unter soviel Mühen und Gefahren erworben hatte, in kaum zwei Jahren zerronnen. Da mich allein schon der Gedanke, wie ich es verschwendete, in Zorn versetzte, brauche ich wohl nicht näher darauf einzugehen; das übrige verdient, daß man es errötend verschweigt, denn ich gab es für allerlei törichte und üble Dinge aus. So kann man also von dieser Periode meines Lebens sagen, daß sie mit Diebstahl begann und im Luxus endete; ich hatte eine traurige Ausfahrt und eine noch schlimmere Heimkehr.
Ungefähr im Jahre… fing ich schon an, den Boden meines Vermögens zu sehen, und erkannte, daß es Zeit war, an neue Abenteuer zu denken, denn meine Verderber, wie ich sie nenne, begannen mich merken zu lassen, daß ihre Achtung in dem Maße, wie mein Geld abnahm, gleichfalls verebbte und daß ich von ihnen nicht mehr zu erwarten hatte als nur das, was ich kraft meines Geldes fordern konnte, und es nicht einen Zoll weiter reichte, trotz allem, was ich vorher zu ihren Gunsten ausgegeben hatte.
Dies versetzte mir einen heftigen Schock, und ich empfand berechtigten Abscheu vor ihrer Undankbarkeit; ich beruhigte mich jedoch wieder und fühlte auch kein Bedauern darüber, daß ich eine so riesige Summe Geldes, wie ich sie nach England mitgebracht, verschwendet hatte.
Als nächstes schiffte ich mich in einer zweifellos unheilvo llen Stunde auf einem Schiff namens… nach Cadiz ein und war im Laufe unserer Fahrt längs der Küste Spaniens durch einen heftigen Südwestwind gezwungen, La Coruna anzulaufen.
Hier geriet ich in die Gesellschaft einiger Erzspitzbuben, und einer von ihnen, der vorlauter war als die übrigen, begann sehr vertraut mit mir zu werden, so daß wir einander Brüder nannten und uns gegenseitig alle Einzelheiten unserer Lebensumstände anvertrauten. Sein Name war Harris. Dieser Bursche kam eines Morgens zu mir und fragte mich, ob ich mit ihm an Land fahren wolle, und ich erklärte mich bereit. So holten wir uns die Erlaubnis des Kapitäns, das Boot zu benutzen, und fuhren zusammen los. Während wir so beieinander waren, fragte er mich, ob ich nicht Lust zu einem Abenteuer hätte, das alles vergangene Mißgeschick wettmachen könnte. Ich erwiderte, freilich, von ganzem Herzen, denn mir war es gleichgültig, wohin ich ging, da ich nichts zu verlieren hatte und niemanden zurückließ.
Nun fragte er mich, ob ich schwören wolle, ein Geheimnis zu wahren, und falls ich seinem Vorschlag nicht zustimmte, ihn doch niemals zu verraten. Bereitwillig verpflichtete ich mich hierzu mit den feierlichsten Fluchworten und Verwünschungen, die der Teufel und wir beide nur zu erfinden vermochten.
Da erzählte er mir, in dem Schiff dort drüben, und er deutete auf ein zweites englisches Schiff, das im Hafen vor Anker lag, gebe es einen mutigen Burschen, der zusammen mit einigen seiner Kameraden beschlossen habe, am nächsten Morgen zu meutern und sich
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