Kaputt in El Paso
alles andere als triumphal, der Entwurf der seltsamen Familie Walkinghorse. Denn Kaputt in El Paso ist auch ein Gesellschaftsporträt als Familienroman – und zwar einer, der im Vergleich mit Jonathan Franzens ambitioniert verlogenen Korrekturen eine hervorragende, wenngleich entschieden ungepflegte Figur macht. Die Familie Walkinghorse ist eine Patchwork-Familie, wenn es je eine gab. Uriah – benannt übrigens sowohl nach dem Uria aus der Bibel, den König David in den Tod schickte, um dessen Frau vögeln zu können, und nach Charles Dickens’ Widerling Uriah Heep – selbst beschreibt sie so: »Zipporah ist schwarz, genau wie Jesaja. Zacharias ist Koreaner. Bei Moses und mir ist das weniger eindeutig. Wenn ich in den Spiegel schaue, denke ich: Italiener? Sephardim? ein dunkler Ire? Slawe? Ich kann mich da nie festlegen. Moses denkt, er sei Ire, meiner Meinung nach sieht er aus wie eine Mischung aus einem französischem Trapper und einem Indianer, wären da nicht seine hellen Augen, die auf deutschen Einfluss hindeuten. Natürlich spielt das alles keine Rolle. Wir sind samt und sonders Walkinghorses, Sams und Maggies Kinder, und diese unauslöschliche Tatsache macht die Fragen nach Ethnien irrelevant.«
Keine Frage: In dieser Familie verkörpert sich die Vision von einer (eventuell) lebbaren postbabylonischen Gemeinschaft der Rassen und Klassen. Reichlich dysfunktional ist die ethnisch und zivilisatorisch diverse, wahllos zusammenadoptierte Familie dennoch. Von blauäugiger Multi-Kulti-Trunkenheit keine Spur. Der reiche und skrupellos kapitalistische Bruder Zack hat nichts als Verachtung für den loser Uriah. Bruder Moses ist ein Junkie, den Uriah und der arg fromme Jesaja mit Gewalt und ohne viel Hoffnung in die Entziehungsanstalt zwingen. Und Vater Sam, der von Moses nichts wissen will und für Uriah nichts übrig hat, hält am Küchentisch Zwiesprache mit Jesus, während ein Tumor zerstörerisch sein Hirn durchwuchert.
Eine Idylle sieht anders aus. Aber mit der Wirklichkeit unserer Gegenwart hat das alles dann doch eine gewisse, auch in der satirischen Verzerrung noch erkennbare Ähnlichkeit. Rick DeMarinis schließt die Möglichkeit nicht aus, dass diese Familie, ein bizarres Abbild der Menschheit, doch etwas zusammenhält. Und sei es ein Existenz-Minimum von Menschlichkeit und Verständnis. Liebe ist ein anderes Thema, ein wichtiges übrigens in Kaputt in El Paso. Wie es der Roman damit hält, das zu entscheiden bleibt der Leserin und dem Leser überlassen.
Impressum
1. Auflage 2012
Pulp Master eBook ISBN 978-3-927734-52-4
Pulp Master Printausgabe ISBN 978-3-927734-36-4
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2012 by Frank Nowatzki
Copyright © 2003 by Rick DeMarinis
www.pulpmaster.de
Rick DeMarinis
GÖTTERDÄMMERUNG IN EL PASO
eBook ISBN 978-3-927734-51-7
EUR 9,99
El-Paso-Homeboy J.P. Morgan will nichts mit den Eheproblemen seines exzentrischen Schriftsteller-Kumpels Luther Penrose, eines Ex-Desert-Storm-Kameraden, zu tun haben. Carla Penrose sei mit einem Mexikaner durchgebrannt, heißt es, und J.P. solle sie suchen und zur Rede stellen. Als Luther in seiner Verzweiflung Profis anheuern will, lässt sich J.P. doch noch breitschlagen, den Turteltäubchen nach Vegas zu folgen. Als ihm plötzlich Kopfgeldjäger, Texas Ranger und Nazi-Schläger auf die Füße treten, dämmert es J.P allmählich, dass es hier um mehr geht als um eine bilaterale Kopulation …
Rick DeMarinis legt nach KAPUTT IN EL PASO einen weiteren schwarzen Gesellschaftsroman vor, der Hardcore mit Metaphysik versöhnt und sich abermals der US-Grenzregion im Süden widmet, wo ein Hochsicherheitszaun gleichermaßen amerikanische Hilflosigkeit und Front markiert.
EVOLVER BOOKS
Guido Rohm
0 [NULL]. EINE NOIRVELLE. / FLEISCHWÖLFE. DER ROMAN ZUM FILM
Zwei Romane in eine: Einen Roman auslesen, Buch umdrehen, nächsten Roman anfangen - mit der Reihe EVOLVER DOUBLE lehnt sich EVOLVER BOOKS, der Fachverlag für Pulp, Krimi, Thriller, Horror und Science Fiction, an die legendären "Ace Doubles" an. Mit ihnen brachte der amerikanische Genre-Verlag Ace Books ab 1952 "Two Complete Novels" in je einem Band - heute sind es gesuchte Sammlerstücke.
In "Fleischwölfe. Der Roman zum Film" greift KultAutor Guido Rohm auf gewohnt-andersartige Weise das Thema der Backwoods-Horror-Filme auf: die degenerierte Kannibalenfamilie, die irgendwo im Hinterland nichtsahnende Reisende entführt, brutal abschlachtet und der Nahrungskette zuführt. Und "0
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