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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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er.
    »Vielleicht neben die Theke, an einen der Queueschränke?«, schlug Frau Heller verwundert vor. »Aber zeigen Sie doch einmal her, was ist denn das?« Neugierig nahm sie ihm den Karton aus der Hand und las: »Ein Ober ist auch nur ein Mensch. Wenn es Ihnen bei uns gefallen hat, bitte ich um eine kleine Turnierspende. Leopold«
    »Also Geld wollen Sie jetzt auch noch eintreiben? Und das in meinem Lokal?«, fragte Frau Heller entrüstet.
    »Es ist doch nur, weil wir jetzt so drankommen, unser zweiter Ober, der Waldi Waldbauer, und ich, und kaum einer von uns eine Pause hat in diesen Tagen. Das geht wirklich schon an die Grenzen der Belastbarkeit. Außerdem ist es für einen guten Zweck.«
    »Ach ja, guten Zweck«, lächelte Frau Heller. »Das hätte ich mir denken können. Für welchen denn?«
    »Jetzt, wo’s so schön wird, hätte ich halt gern ein Fahrrad«, sagte Leopold. »Da könnte ich dann ganz billig und umweltfreundlich zur Arbeit fahren.«

     
    *

     
    Mittwoch, nachösterlicher Schulbeginn im gleich an das Café Heller angrenzenden Gymnasium, dem wichtigsten Nachwuchslieferanten und Devisenbringer für das Kaffeehaus. Als Thomas Korber – groß, Ende 30, nicht mehr ganz schlank, Professor für Deutsch und Englisch – die Stiegen zum Lehrerzimmer hinaufhetzte, befanden sich seine Kollegen schon auf dem Weg in ihre Klassen. Er war ein wenig außer Atem und schlecht gelaunt, weil er sich offensichtlich verspätet hatte. So etwas passierte ihm normalerweise nie, und gleich am ersten Schultag nach den Osterferien würde das wahrscheinlich einen schlechten Eindruck hinterlassen. Dabei hatte er den vorigen Abend – ganz gegen seine sonstigen Gepflogenheiten – solide vor dem Fernseher verbracht, allein, wie er es nun schon geraume Zeit war, und mit einer Kanne englischem Spezialtee. Jedenfalls hatte der Tee seine Energien für den darauffolgenden Morgen beträchtlich gelähmt, der Wecker war ungehört verhallt, und jetzt hatte er die Bescherung. Direktor Marksteiner, sonst ein sehr verständnisvoller Mensch, schätzte nämlich keine Unpünktlichkeit.
    Hastig ging Korber zu seinem Platz, um die Sachen für den Unterricht in der ersten Stunde zusammenzuklauben. Draußen im Stiegenhaus war es bereits verdächtig ruhig. Kein gutes Zeichen.
    Plötzlich vernahm er hinter sich ein kurzes Räuspern. Er drehte sich um und blickte in das säuerliche Lächeln von Elvira Pohanka, der Schulsekretärin. »Entschuldigen Sie«, sagte sie mit einer Diskretion, die das Schlimmste befürchten ließ, »aber Herr Direktor Marksteiner wünscht Sie zu sprechen.«
    »Der Herr Direktor? Jetzt gleich?«, fragte Korber mit erhobenen Augenbrauen.
    »Natürlich, jetzt gleich, Herr Professor«, nickte Frau Pohanka betulich. »Ihr Kollege Neururer betreut inzwischen die 2A. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen.« Und schon trippelte sie voran in Richtung Direktion.
    Der Tag fing also wirklich schlecht an. Ein Dienstgespräch mit dem Direktor war das Letzte, was Korber sich im Augenblick wünschte. Was konnte nur der Grund dafür sein? Eine Beschwerde? Korber hatte zwar ein reines Gewissen, aber ganz so sicher durfte man sich ja nie fühlen. Oder lag Marksteiner wieder sein Lebenswandel am Herzen, und er hatte deswegen sofort auf seine kleine Verspätung reagiert? Zuzutrauen war es ihm. Jedenfalls stand etwas Unangenehmes ins Haus, und er musste sich wieder einmal irgendwie aus einer Sache herauswursteln, dessen war er sich sicher.
    Korber rückte noch einmal die Krawatte zurecht, während Frau Pohanka sorgsam anklopfte und die Direktionstüre öffnete. Was er dann sah, überraschte ihn aber so, dass es ihm gleichsam die Sprache verschlug.
    Gegenüber von Direktor Marksteiner saß eine ihm unbekannte Frau, deren Aussehen seine Laune sofort wieder sprunghaft anhob. Ihr nicht ganz schulterlanges, dunkles Haar hing in leichten Wellen herunter, die graublauen Augen und der schmale, rot geschminkte Mund strahlten ihn zur Begrüßung an. Eine weiße Bluse und ein BH bedeckten wohlgeformte Brüste, die Korber in einer imaginären Skala einzuordnen versuchte. Die schlanken Beine steckten in bequemen schwarzen Hosen und waren lässig übereinandergeschlagen. Sie war so ziemlich das hübscheste weibliche Wesen, das er in letzter Zeit an der Schule gesehen hatte.
    »Guten Morgen«, lächelte die Unbekannte und schickte Korber das Blitzen ihrer weißen Zähne hinüber.
    »Ah, da sind Sie ja, Herr Kollege«, begrüßte Marksteiner Korber

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