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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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musste sich das Haus befinden, kurz hinter der Gaststätte Kapuzinerhäuschen. Ohne
Mühe hatte er den Wohnblock gefunden. Das hell geklinkerte, fünfgeschossige Haus
mit zwei Eingängen passte in die Reihe der Häuser aus der Nachkriegszeit, als schnell
Wohnraum geschaffen werden musste für die vielen Arbeiter, die in der Nähe in der
Schirmfabrik, dem Lebkuchen- und Printenwerk oder dem Marmeladenhersteller beschäftigt
waren. Schnörkellos, funktional, aber auch modernisiert war der Mietblock, wie Böhnke
an den doppelverglasten Fenstern und der stabilen Haustür mit den modernen Beschlägen
erkannte.
    Auf dem Namensschild
neben dem Eingang las er den Namen Schmitz. Schmitz wie Kardinal, wenn er Sümmerlings
Wissen zugrunde legte. Noch einmal ließ er den Blick über die belebte Straße schweifen.
Niemand beachtete ihn, den älteren, unscheinbar gekleideten Mann, der auf die Passanten
wohl wie ein im Dienst ergrauter Finanzbeamter wirken würde, wenn man sie fragte.
     
    Interessiert trat Böhnke in den Hausflur, aus dem ihm grüßend ein Junge
entgegenkam. Im zweiten Stock links, da würde er die Wohnung von Kardinal finden.
    Er stand vor der Tür und nestelte
am Schlüsselbund, als ihn in seinem Rücken eine weibliche Stimme ansprach.
    »Is schon komisch, wa?«, meinte
die Frau. »Sie sind schon der zweite heute, der wo in die Wohnung will.«
    »Wieso?« Fragend drehte sich Böhnke
um.
    »Vor ein paar Minuten hat jemand
die Wohnung verlassen«, antwortete die Frau, die in seinem Alter war, mit einer
Kittelschürze bekleidet, in der sie die Hände vergraben hatte. »Ich habe gehört,
wie er die Tür zugeschlagen hat und die Treppe runterlief, wa. Ich wohn’ nämlich
nebenan, wissen Sie.« Sie lehnte sich gegen den Rahmen der Eingangstür ihrer Wohnung,
aus der Kohlgeruch in den Hausflur drang. »Ich höre und sehe alles, wa.«
    »Dann haben Sie den Mann erkannt?«
    »Nee, der war zu schnell. Ich konnte
nur erkennen, dass es ein großer, schlanker Mann war. Von hinten, verstehen Sie?
Das Gesicht vom dem, das habe ich nicht gesehen. Und dunkle Haare hat er gehabt.«
    »Und der war in der Wohnung?«
    »Na ja«, wand sich die Frau. Sie
lächelte verlegen. »Beschwören kann ich es nicht. Aber ich glaube, der war in der
Wohnung. So richtig gesehen habe ich ihn nicht, wa. Aber der war nicht von hier,
ganz bestimmt nicht.« Sie löste sich vom Türrahmen. »Und er trug einen großen Karton
vor sich her, das habe ich erkannt.«
    Böhnke nickte und drehte sich wieder
um. Er wusste nicht, was er von dieser vermeintlichen Beobachtung halten sollte.
Erstaunt stellte er fest, dass die Tür zur Wohnung von Kardinal nicht verschlossen,
sondern nur zugezogen war. Schnell trat er ein und drückte die Tür zu. Das fehlte
noch, dass die Nachbarin hinter ihm her kam.
    Die Räume waren sauber und hell
und nur spärlich möbliert. Sie machten auf ihn nicht den Eindruck einer dauerhaften
Unterkunft. Böhnke sah für sich die Aussage bestätigt, Kardinal habe diese Wohnung
nur als Nebenwohnsitz besessen. Mit einem einzigen Blick erkannte er, dass er in
dieser Wohnung nichts Erhellendes mehr finden würde. Die Spurensicherung hatte ihre
Arbeit abgeschlossen und das mitgenommen, was Sylvia Großknecht nicht mitnehmen
wollte. Und der Rest? Die offen stehenden Schränke und Schubladen, der leere Schreibtisch
und das auseinandergenommene Bett bargen keine Geheimnisse mehr. Die Polizei hatte
bei ihrer Untersuchung ganze Arbeit geleistet. Sie hatte die Wohnung verständlicherweise
freigegeben, und er würde darin nichts mehr entdecken. Da war er sich sicher, dachte
er, als er ans Wohnzimmerfenster trat, das den Blick auf die Jülicher Straße gewährte.
Er stutzte für einen Moment. Unten fuhr gerade mit hoher Geschwindigkeit eine große,
schwarze Limousine vorbei. Er erkannte gerade noch das K für Köln im Kennzeichen,
bevor andere Fahrzeuge den Blick verdeckten. Stadtauswärts bewegte sich der Wagen.
     
    Nachdenklich machte Böhnke sich auf den Rückweg zu Lieselottes Apotheke
im Herzen der Kaiserstadt. Merkwürdig, dachte er sich. Im Flur des Hauses, in dem
Kardinal eine selten genutzte, kostenlose Mietwohnung besaß, wird ein größerer,
schlanker Mann gesehen. Auf der Straße erkennt er selbst dann eine dunkle, auffällige
Limousine mit Kölner Kennzeichen. Das roch doch geradezu danach, dass sich jemand
in Aachen herumgetrieben hatte, mit dem er noch vor wenigen Tagen in Huppenbroich
in Kontakt war.
    Er würde den Kölner

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