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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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eingefügt waren. Das war ihm schon in der Anlage WA aufgefallen
und hatte sich in dieser Anlage RA wiederholt. Er pustete durch. Wenn sich in den
übrigen Dateien eine ebensolche Informationsfülle finden würde, würde ihm der Kopf
qualmen. Diese Fülle könnte er nicht mit einem Mal verdauen.
    »Weiter!«,
sagte er deshalb. »Lassen Sie uns heute nur einen generellen Überblick verschaffen.
Mehr geht nicht.«
     
    Lipperich klickte das ›PA‹ an und gelangte zu Privatangelegenheiten.
Eine Abteilung darin befasste sich mit ›privaten Urteilen und Verfahren‹. Darunter
befand sich sogar eine Unterabteilung, in der Kardinal seine nicht bezahlten Knöllchen
wegen Falschparkens und Geschwindigkeitsüberschreitungen aufgelistet hatte. Der
schnelle Überblick brachte auch sämtliche Unterlagen über die Stadtteilzeitung ›Gewitter‹
zutage.
    Lipperich drängte darauf, noch einmal
auf die Sammlung mit den Verfahren zurückzukehren. Er suchte in der Chronologie
den Zeitraum, in dem das illegale Autorennen stattgefunden hatte. Sein Entsetzen
wuchs mit jeder Seite, die er aufblätterte. Kardinal hatte tatsächlich nicht nur
das Rennen organisiert, sondern auch Wetten angenommen, die er ebenfalls einschließlich
der Namen detailliert verewigte , und er hatte, wie er dreist vermerkte, ›Schmiergelder‹
gezahlt.
    »Hier, sehen Sie!« Lipperich deutete
auf den Namen. »Das ist mein Aachener Kumpel. Der hat 500 Mark bekommen, damit er
die Klappe hält. Scheißkerl!«, fluchte er. Er schluckte schwer. »Wenn mein Vater
das erfährt, kriegt der ’nen Herzinfarkt.« Lipperich blätterte hastig in der Chronologie
rückwärts.
    Böhnke ahnte, worauf er hinauswollte.
    »Jetzt will ich auch die Schlägerei
klären.« Wieder wurde Lipperich fündig. »500 Mark an Wolfgang Adamczik und 500 Mark
an Heinz-Willi Büchse«, stand dort unter anderem. Beide waren Entlastungszeugen
für Kardinal gewesen.
    »Wenn das kein Grund ist, Rache
zu üben!«, entfuhr es Böhnke, der über seine Bemerkung erschrak.
    Doch Lipperich blieb erstaunlich
ruhig. »Wenn ich das Wissen von heute bei meiner Entlassung gehabt hätte, dann hätte
ich Ihnen vielleicht sogar recht gegeben. Aber ich habe diesen Abschaum nicht gekillt.
Leider. Das müssen Sie mir glauben.«
     
    Lipperich zu glauben, fiel Böhnke nicht leicht. Er beobachtete interessiert,
wie Lipperich auf dem Bildschirm einen weiteren Unterordner von ›PA‹, nämlich ›BK‹,
anklickte. Dahinter verbargen sich diverse Bankkonten, und Böhnke erkannte den Sinn
der Ziffern in den Texten der anderen Ordner. Sie standen für Überweisungen, Auszahlungen
und Einnahmen. In einer Gesamtbilanz hatte Kardinal seinen aktuellen Finanzstatus
dargelegt. Danach hatte er in der Summe aller Bankkonten ein Plus von mehreren Zigtausend
Euro.
    »Nicht gerade der ärmste Mann auf
der Welt«, staunte Lipperich. »Aber woher hatte er das Geld?«
    »Diese Frage stellt sich in der
Tat«, pflichtete ihm Böhnke bei. Kardinal war alles, nur nicht die arme Kirchenmaus,
als die er in Köln bekannt war. Respekt konnte Böhnke für diesen offenbar skrupellosen
Mann nicht empfinden. Der hatte seine Ehefrau gemolken sowie bis zu seinem Tod Sybilla
Großknecht und hatte allem Anschein nach auch Menschen auf dem Gewissen.
    »Weiter?«, fragte
Lipperich und übernahm damit Böhnkes Gedankengänge. Er wirkte erregt und neugierig.
    Böhnke nickte stumm. Er beobachtete,
wie sich auf Lipperichs Befehl der Ordner ›PS‹ öffnete. Die Buchstaben standen für
›Politische Sachen‹. Damit waren weder die Ratsarbeit noch die KGB gemeint, wie
Böhnke schnell erkannte. ›PZ‹ hätte besser gepasst, dachte er sich. ›PZ‹ wie ›Politischer
Zündstoff‹. In einer ersten Abteilung hatte Kardinal die Lustreisen-Affäre verpackt,
sie aber als ›wenig ergiebig‹ beurteilt. Diese Wertung hatte ihn aber nicht abgehalten,
detailliert in alphabetischer Reihenfolge die Namen der Teilnehmer, deren Partner,
der Reiseanbieter und die Reiseziele zu dokumentieren. Böhnke hielt den Atem an,
als er den Namen eines bekannten Landtagsabgeordneten las, der mit seiner Frau in
Rom, in Norwegen und sogar in Florida gewesen war, bei allen Reisen eingeladen von
einem großen Energieversorger. Wenn er tief genug suchen würde, da war sich Böhnke
sicher, würde er im Rechner auch Hinweise auf die Quellen von Kardinal finden. Diese
Arbeit würde er sich jetzt aufsparen müssen. Es ging im Moment nur darum, sich einen
ersten Überblick zu

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