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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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würde er gemeinsam
mit Grundler wahrnehmen. Allein traute er sich vorläufig nicht mehr in die Nähe
des Ersten Bürgers von Köln.
     
    »Was ist das denn für eine Schönheit?« Lipperich störte seine Gedankengänge.
Er hatte in den Dateien weitergeblättert und war unter dem Stichwort ›RF‹ auf das
Foto einer durchaus attraktiven Frau mit dem Namen Roswitha Fabritius gestoßen.
Schnell wurde erkennbar, dass Kardinal sich in ihrem Appartement am Rheinufer eingenistet
hatte und sie im Nachbarappartement Herrenbesuche empfing.
    »Das ist ’ne Edelnutte«, urteilte
Lipperich durchaus respektvoll. »Schauen Sie mal, welche Beträge die locker täglich
gemacht hat. Die hat mit ihrem Unterleib an einem Tag mehr Geld verdient, als ein
Fabrikarbeiter in zwei Monaten nach Hause bringt. Der Kardinal war der Zuhälter
von der.« Lipperich klatschte in die Hände. »Jetzt ist doch alles klar. Die hatte
’nen neuen Luden und Kardinal musste die Platte putzen.« Er strich sich mit der
Handkante über die Kehle. »So ist das nun mal im Bordsteinschwalbengeschäft. Wenn
nicht Müller, dann hat dieses Spitzenweib Kardinal auf dem Gewissen. Bestimmt!«
Lipperich lachte gehässig. »Kardinal stirbt durch Nuttenhand. Na ja, zumindest im
übertragenen Sinne.«
    »Möglich ist alles.« Böhnke hatte
genug. Ihm brummte der Schädel. Das waren zu viele Informationen, die zu viele Interpretationen
zuließen. »Viele könnten ein Motiv haben, aber bis jetzt hat die Staatsanwaltschaft
nur Sie im Visier.« Er erhob sich schwerfällig und streckte sich gähnend. »Sie können
von mir aus noch ein wenig mit dem Ding da spielen«, sagte er freundlich und zeigte
auf den Laptop. »Ich mache mich bettfertig.«
    Als Böhnke aus dem Badezimmer zurückkehrte,
winkte ihm Lipperich heftig zu. »Zwei Dinge müssen Sie sich noch angucken. Dann
können Sie von mir aus in die Heia.«
    »Und was?«
    Lipperich fuhr flink durch die Seiten.
»Hier, am Tag vor seinem Tod hat Kardinal einen Karton mit Präservativen nach Aachen
gebracht. War bestimmt für eine Tour nach Holland vorgesehen.«
    Böhnke wollte
über diese Ansicht nicht nachdenken. »Und das zweite?«
    »Sekunde.«
Wieder ließ Lipperich den Cursor kreisen und klickte auf eine Datei, auf der ein
Terminkalender dargestellt war. »Da, sehen Sie. Lesen Sie, was unter dem Datum vom
25. steht. Bitte!« Die Aufforderung klang eher wie ein zu befolgender Befehl als
eine höfliche Empfehlung.
    Böhnke konzentrierte
sich. Seine müden Augen brauchten geraume Zeit, bis er ein klares Bild vor sich
hatte. Endlich konnte er die kleine Schrift lesen: ›Achtung! J. L. aus dem Knast!!!‹
    Entgeistert starrte der Pensionär
seinen aus dem Polizeigewahrsam geflüchteten Gast an. »Das sind doch Sie! Kardinal
hatte Angst vor Ihnen.«

27.
     
    In der kleinen Runde, deren Zusammenkunft er als unaufschiebbar bezeichnet
hatte, kam man schnell zu einer einstimmigen Ansicht. Die Luxusreisen-Angelegenheit,
die ja eigentlich gar keine Affäre gewesen war, wie Neider und andere vermeintliche
›Gut-Menschen‹ immer behauptet hatten, war nicht der Rede wert. Die Angelegenheit
war juristisch geklärt. Die nächste Reise, diesmal nach Istanbul, wo der europäisch-asiatische
Stromhandel begutachtet worden war, hatte bereits stattgefunden, vorab legalisiert
durch eine Mitteilung des Justizministeriums, das an einer entsprechenden Regelung
arbeitete. Danach sollten derartige Informationsreisen verrechnet werden mit den
jeweiligen Aufwandsentschädigungen der Reiseteilnehmer, die wiederum vorab um die
möglichen Kosten inklusiver steuerlicher Belastungen aufgestockt werden sollten.
    »Da hat der Kardinal im Prinzip,
ohne dass er es wusste, wie er sein Wissen verwenden konnte, unsere Reisen sogar
noch gefördert«, feixte ein Mitglied der kleinen Runde.
    Der Oberbürgermeister hatte der
Gruppe einen Auszug aus den Informationen vorgelegt, die er von Grundler erhalten
hatte. Die Politiker brauchten nicht alles zu wissen, so Müllers Standpunkt. So
hatte sie sein eigenes Koks-Geschäft mit Kardinal nicht zu interessieren. Das hatte
nur ihn und Kardinal betroffen. Eine neue Bezugsquelle zu finden, würde schwierig
werden. Vielleicht sollte er es doch mit einer Entziehungskur versuchen; war auf
Dauer wahrscheinlich die billigere und auch gesündere Alternative zum Drogenkonsum.
    »Also«, fuhr der Oberbürgermeister
fort, »kommen wir nun zu den delikaten Einzelheiten. Ich fange bei mir an, gehe
quasi mit gutem Beispiel voran.«

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