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Kardinalspoker

Kardinalspoker

Titel: Kardinalspoker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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er mit seinem ungewöhnlichen
Gast und seinen ungeordneten Gedanken allein. Er würde die Offensive antreten, nahm
er sich vor. Möglicherweise könnte ihm Lipperich helfen und es gelang ihnen gemeinsam,
andere Tatverdächtige zu finden. Immerhin hatte er die Informationen von Kardinal,
die er gemeinsam mit Lipperich durchforsten würde. Schlimmstenfalls würde er dabei
erkennen müssen, dass sein Überraschungsgast doch an der Sache beteiligt war.
    Mit welchen Konsequenzen für ihn
selbst?
    Darüber wollte Böhnke nicht nachdenken.
Insofern hoffte er auf Grundler, den er dringend um Rückruf gebeten hatte.
     
    Lipperich brachte den Computer schnell zum Laufen und öffnete die Dateien.
»Hatte ja im Knast viel Zeit, mich mit der neuesten Computertechnologie zu beschäftigen«,
meinte der Mann leicht grinsend. Sie hatten sich nebeneinander an den Küchentisch
gesetzt und schauten gemeinsam auf den kleinen Bildschirm.
    »Was wollen Sie denn als Erstes?
Sie haben die freie Auswahl zwischen diversen Unterdateien.«
    Böhnke schaute auf die vielen Symbole
mit unterschiedlichen Bezeichnungen, die allesamt auf den ersten Blick wenig Sinn
ergaben, die aber alle für einen bestimmten Bereich stehen mussten. Wie etwa WA
für Wohnung Aachen. Dieser Titel stand über einer neuen Datei, die sich nach dem
Anklicken des WA-Symbols geöffnet hatte.
    »Puh«, stöhnte Böhnke in Anbetracht
der diversen Buchstabenkombinationen.
    »Dahinter scheint sich viel Zeug
zu verstecken. Wollen wir sie alle durchchecken?« Fragend sah Lipperich seinen Tischnachbarn
an, der unsicher und unentschlossen auf den Bildschirm stierte.
    »Wenn wir schon einmal dabei sind«,
brummte Böhnke. »Ich dachte, ich soll Ihnen helfen, und vielleicht finden wir in
diesem Laptop den Schlüssel zur Hilfe.«
    »Sie sind der Boss«, entgegnete
Lipperich. »Ich bin nur die Tippse.«
    Der Titel
›Wohnung Aachen‹ enthielt mehr Brisanz, als er zunächst ausdrückte. Dahinter versteckte
sich die komplette Beziehung zwischen Kardinal und Sybilla Großknecht einschließlich
der pdf-Dateien der Hochzeitsurkunde, des Aufhebungsvertrags ihrer Ehe und der Unterlagen
über die unentgeltliche und unbefristete Überlassung der Wohnung.
    Lipperich staunte
nur mit offenem Mund. »Der hat die Tussi ausgenommen wie eine Weihnachtsgans. Wenn
der Scheißkerl nicht gerade Kardinal wäre, könnte man fast Respekt vor seiner Leistung
haben. Hat er gut hingekriegt.«
    Im Nachhinein
ärgerte sich Böhnke über seine Aktion, Lipperich um Mitarbeit am Laptop zu bitten.
Was war, wenn der mit seinem Wissen hausieren ging? Aber jetzt war es auch egal,
konnte und wollte er nicht mehr zurück. Er würde ihm begreiflich machen müssen,
dass er das, was er hier gelesen hatte, nie zu Gesicht bekommen hatte. Nicht nur
er, auch Grundler käme sonst womöglich in Teufels Küche.
    »Das war ja ein richtiger Bürokrat«,
hörte er Lipperich verblüfft sagen. »Der hat ja jeden Tag aufgeschrieben, den er
in der Wohnung verbracht hat. Wenn der in anderen Dingen auch so sorgfältig Buch
geführt hat, dann aber gute Nacht, Marie.«
     
    Hinter ›RA‹ verbarg sich, wie Böhnke richtig vermutete, die Ratsarbeit,
aber auch deren Vorgeschichte. Es hatte den Anschein, als hätte Kardinal seine kommunalpolitische
Arbeit von langer Hand geplant. Dem Dokument der Vereinsgründung der KGB entnahm
er, dass die erforderlichen sieben Vereinsgründer allesamt aus dem familiären Umfeld
von Kardinal stammten. Entweder trugen sie seinen Familiennamen oder den Geburtsnamen
seiner Frau. Seit der Gründung hatte es keinerlei Wechsel im KGB-Vorstand gegeben.
So einfach konnte man in die Kommunalpolitik kommen, staunte Böhnke. Das galt umso
mehr, nachdem Kardinal mit seinem Zeitungsblättchen öffentliche Aufmerksamkeit gewann.
Randnotizen erklärten Böhnke, dass Kardinal mit dieser Strategie zu Werke gegangen
war.
    Des Weiteren enthielt die Unterrubrik
sämtliche Protokolle, Anträge und sonstigen Unterlagen, die mit der Arbeit in der
KGB-Fraktion zusammenhingen. Auch hatte Kardinal Dossiers über seine Fraktionskollegen
angefertigt. Er erdreistete sich sogar, einen seiner Ratsherrn als ›schwul, schwach
und harmlos‹ zu beurteilen.
    »Der hat ja
alles notiert. Ist der bekloppt?«, staunte Lipperich. »Da bin ich ja richtig gespannt,
was wir in den anderen Ordnern finden. Was glauben Sie?«
    Böhnke wollte
nichts glauben. Ihn interessierten viel mehr die Ziffern, die in den Texten an verschiedenen
Stellen in Klammern

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